SOPHIA ➜ 19. Februar 2016 London, England
Zu meinem Glück beendete Mr. Lawrence pünktlich den Unterricht. In Rekordzeit war ich in meinen Mantel geschlüpft, hatte den Block und meine Stifte in die Tasche gestopft und war aus dem Raum gestürmt. Noch im Gehen schickte ich eine Nachricht an Dana, welche heute aus dem Krankenhaus entlassen werden sollte, in welcher ich sie wissen ließ, dass ich ihr eine andere Mitfahrgelegenheit organisieren würde. Einigermaßen geschickt wich ich meinen Kommilitonen aus und versuchte währenddessen eine weitere Nachricht an Andy zu tippen. Dieser kam mir jedoch zuvor. Noch bevor ich auf Senden hatte klicken können, legte sich von jeder Seite jeweils ein Arm über meine Schultern. Mit rasendem Herzen und schwerem Atem schaute ich in die grinsenden Gesichter von Marius und Andy. „Rate, wer früher Schluss hat heute und noch nicht mal in die Bücherei muss?" Marius strahlte über beide Ohren. Sein grinsen wurde nur noch größer, als er draußen vor dem Tor seine Freundin stehen sah. „Man sieht sich", verabschiedete er sich und grüßte Alicia mit einem Kuss.
„Andy, bitte sag mir, du hast dein Auto hier und kannst es mir leihen."
Mein Atem ging noch immer schnell, doch Andys Arm beruhigte mich. Jedenfalls soweit, dass ich ihm in aller Ruhe erklären konnte, warum ich seine Hilfe benötigte.
„...Ach du scheiße", entfuhr es ihm und er starrte mit großen Augen auf mein Handy, welches ich ihm gereicht hatte. „Ich schaffe es zeitlich nicht, erst zur U-Bahnstation zu laufen, nach Hause zu fahren, Dana abzuholen und Koffer zu packen. Ich muss jetzt los." Leicht verzweifelt versuchte ich meine Situation verständlich zu schildern und betonte besonders das ‚Jetzt'. Meine Eltern mochten nicht gerade einfach sein, zumindest mein Vater, doch ich musste jetzt sofort erfahren, was das Problem war. Bereits vor vier Jahren hatte meine Mutter einen leichten Herzinfarkt erlitten. Seit diesem Tage zuckten meine große Schwester Zoé und ich bei jedem Anruf, jeder Nachricht unseres Vaters zusammen.
„Ich hab eine Idee." Fix griff Andy nach meiner Hand, verschränkte unsere Finger und zog mich mit sich. Erst, als Marius in unserer Sicht auftauchte, fröhlich und eng umschlungen mit Alicia, dämmerte es mir und ich betete zu Gott, dass er mir helfen würde.
„Kumpel? Hey, Marius!" Andy hechte mit einem großen Sprung hinter ihm her und ich hatte Mühe mit meinen Stiefeln nicht der Länge nach auf die Nase zu fallen. Doch wir erreichten die zwei. „Marius, brauchst du deine Karre übers Wochenende?"
Zwar schaute er zunächst fragend in die Runde, schüttelte dann aber seinen Kopf. „Brauchst du sie oder was?"
„Nein. Ich. Es ist wirklich dringend", antwortete ich bettelnd und versuchte meine Situation zu erklären, während Andy mein Handy aus meiner Manteltasche zog und es Alicia und Marius unter die Nase hielt. Erstere ließ ihren Freund gar nicht lange überlegen. Sie schulterte ihre Tasche erneut, griff in die Hosentasche ihres Freundes und reichte mir den Schlüssel zu einem VW. „Jetzt nimm schon und fahr'", drängte Alicia. Ich schaute allerdings bittend zu Marius, welcher ebenfalls nickte. „Gott, du bist ein Schatz! Du hast noch was gut bei mir!" Dankbar fiel ich ihm um den Hals und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Das sehen wir dann! Je nach dem, was du gezaubert hast, komm ich drauf zurück." „Kannst du!" Rief ich noch, war aber schon auf dem Weg zum Parkplatz zu rennen. Aus der Ferne hörte ich noch etwas, was klang, als würde er sagen „Pass mir gut auf mein Käferchen auf!"
Da ich ihn nicht zu Hundertprozent verstanden hatte, nahm ich an, es handelte sich um einen Kosenamen. Mit großen Augen stellte ich allerdings wenig später fest, dass ich falsch lag. Der Schlüssel, den Alicia mir gegeben hatte, passte nur in einen metalliggrünen, alten VW-Käfer mit leuchten roten Ledersitzen. „Das muss ein Scherz sein", flüsterte ich. Unter anderen Umständen, wäre mir das Herz aufgegangen. Schon früh hatte ich mit Oldtimer zu tun gehabt. Das erste Auto, welches ich selbst (mehr oder weniger) gesteuert hatte, war der 32er Ford Coupé und der ganze Stolz meines Großvaters. Mein erstes eigenes Auto hatte meine Grandma mir vererbt: Ein 67er Dodge Dart – mein ganzer Stolz. Doch dieser ganze Stolz war seit Beginn 2016 im Besitz meines Vaters, „um mich zu motivieren" dieses Studium zu beenden. Aufgrund meiner Vorliebe für alte Modelle und ihre Motoren, hätte ich unter anderen Umständen Lufträder geschlagen. Nun betete ich zu Gott, während ich meine Tasche auf den Rücksitz warf und mich mit dem Fahrzeug vertraut machte, dass Marius ihn nicht originalgetreu fuhr, sondern zumindest am Motor etwas hatte machen lassen.
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B for Buddy ⚜️ LP
Fanfic║2016║ »Freundschaft ist eine Seele in zwei Körpern« ~ Aristoteles Prägende Ereignisse ändern Menschen. Doch wie definieren Menschen diese prägenden Ereignisse? Ist das alles eine Frage der Perspektive? Für Sophia steht fest: Liam übertreibt. Er...