Einbildung

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Ich glaube ich habe verlernt, wie man Gitarre spielt. Ich kann mich an nichts mehr erinnern. Außer daran, dass mich Gitarre spielen immer beruhigt hat. Genau deshalb ist es noch deprimierender. Das du weißt, dass es helfen wir und du es trotzdem nicht kannst.

Es klingelte. Ich zuckte zusammen. Ich stehe langsam auf. Ich schiebe die Jalousie ein Stück beiseite. Nach dem ich mich an das helle Sonnenlicht gewöhnt hatte, erkannte ich wer vor der Tür stand. Es war Jared. Ich gehe langsam runter und lehne mich mit dem Rücken gegen die kalte Tür. Soll ich sie öffnen? Soll ich ihn in das alles mit reinziehen? Oder ist es längst schon zu spät?

"May, ich weiß das du da bist. Ich sehe deinen Schatten, also mach auf!"

Ich öffne die Tür nur einen kleinen Spalt.

"Bist du dir sicher?", fragte ich,"Wenn Dad kommt sind wir beide tot"

"Ich wäre nicht hier, wenn ich mir nicht absolut sicher wäre!",er lächelte mich an.

Ich stand einfach nur still hinter der Tür und musterte ihn durch den kleinen Spalt.

"Du hast Angst vor mir, oder?", er schaute mich fragend an.

"Ich habe vor jedem Angst. Nimm das nicht zu persönlich!"

Lässt du mich trotzdem rein?"

Ich öffnete die Tür. Er kam rein.

"May?"

"Ja, Jared!"

" Warum versteckst du dich hier? Es wird doch nur noch schlimmer, wenn du immer alleine bist. Wenn du wenigstens raus gehen würdest. Vielleicht würdest du dann schneller lernen wieder glücklich zu sein!", das war eine ziemlich schwere Frage.

"Es ist nicht einfach glücklich zu sein, auch wenn es das einfachste der Welt sein sollte. Es ist auch nicht einfach die ganzen Mauern einzureißen, hinter den ich mich verstecke. Nichts ist einfach! Wieso sollte ich dann raus gehen? Ich habe Angst vor jedem Menschen und jedem Geräusch. Und diese Angst wird nicht weggehen. Sie wird immer bleiben. Diese Angst ist alles was ich habe. Mehr nicht. Sie ist das einzige wo dran ich mich festhalten kann!"

Er blieb still.

Du musst nicht bleiben. Du kannst auch gehen, wenn du willst!", sagte ich leise.

"Das erste womit du klar kommen musst, ist das ich bleiben werde!", sagte er bestimmt.

"Weißt du, ich habe mich durch das alles ziemlich verändert. Früher war ich immer das glückliche fröhliche Mädchen. Ashley war meine beste Freundin(Ashley ist das Mädchen was sie in der Schule immer runter macht). Ich habe eigentlich nur gelacht. Nachdem meine Mum gestorben ist, hat Ashley sich von mir abgewandt. Sie wollte mir wirklich helfen, glaube ich. Sie wusste nur nicht wie und hat sich dann abgewandt, weil sie nicht zusehen konnte, wie ich weine und wie hilflos ich bin. Sie konnte nicht zusehen, wie ich jeden Tag ein Stückchen mehr daran kaputt gegangen bin. Damit sie nicht zusehen muss, hat sie sich halt abgewandt. Sie ist gegangen, damit sie sich nicht die Schuld daran gibt. Ich meine, was hättest du getan? Ignoranz ist halt das einfachste. Ich verstehe sie."

Er guckte mich leicht verwirrt an. Wahrscheinlich wusste er nicht, wieso ich auf einmal mit diesem Thema angefangen habe.

"Ich verstehe dann aber nicht wieso sie dich so runter macht und dich so bloßstellt.",sagte er.

"Ich glaube sie macht das um nicht zu mir zurück zu kommen. Wenn du dir etwas einredest, glaubst du es irgendwann!", antwortete ich.

"Was redest du dir ein?", fragte er mich.

"Was ist, wenn ich mir überhaupt nichts einrede?"

"Beantworte doch einfach meine Frage"

"Ich rede mir ein, dass es viel einfacher wäre, jetzt alles zu beenden. Es wäre leicht einfach zu gehen. Es würde nicht mehr so weh tun, wenn ich tot wäre.Ich hätte keine Probleme mehr."

"Und glaubst du das auch wirklich, weil du es dir einredest?", er schaute mich mit seinen dunklen Augen an. Wie ähnlich sie meinen Augen sahen. Ich hatte genau die selben dunklen Augen. Vielleicht ein bisschen heller als seine. Ich weiß es nicht genau. Wann habe ich mich das letzte mal im Spiegel angeschaut?

"Ja, es würde wirklich nicht mehr weh tun. Nicht die Schläge von Dad und auch nicht dieser ganze andere Dreck!", flüsterte ich.

"Du solltest aufhören dir das einzureden, es stimmt nicht. Wenn du sterben würdest, würden dafür andere Menschen schmerzen haben!", er hörte sich wütend an und traurig.

"Und wer? Wer würde mich vermissen? ich habe doch niemanden!", schrie ich zurück.

"Ich würde dich vermissen!", murmelte er.

"Du kennst mich doch noch nicht mal richtig!"

"Ashley würde dich vermissen!", er schaute mich fragend an.

"Du hast doch selbst gesagt, dass sie mich hasst!", gab ich zurück.

"Ich wette, sie würde zu dir zurück kommen, wenn sie weiß das es dir dann besser gehen würde!", sagte er.

"Sie ist glücklich mit ihren neuen Freunden, sie hat mich doch längst schon vergessen!"

"So jemanden wie dich vergisst man nicht so einfach!"

"Aber sie ist doch glücklich ohne mich?!"

"Glaubst du das wirklich?"

"Ja, sieht auf jeden Fall so aus!", ich fuhr mit dem Finger die Blumen auf meiner Wand nach. Die hat Mum gemalt.

"Ich glaube sie wäre glücklicher mit dir!"

Ich schaute ihn skeptisch an.

"Ich werde sie zurück hohlen okay?", fragte er mich.

"Aber sie ist doch glücklich ohne mich!", sagte ich und legte meine Betonung auf das "ohne mich".

"Aber du nicht ohne sie. Also hör auf dir das auszureden! Ich rede sowie so mit ihr und du kannst mich nicht davon abhalten."

Ich würde jetzt gerne lachen und ihn umarmen. Aber ich hatte keine Kraft dafür. Ich fühlte mich auf einmal so schwach. Meine Knie sackten zusammen, ich konnte meinen Atem hören und mein rasendes Herz spüren. Alles tat weh. Ja, ich rede mir ein, dass der Tod mir alle schmerzen nehmen würde. Vielleicht ist es ja jetzt so weit und ich kann endlich los lassen!

Auf einmal wurde alles schwarz.


Und niemand sagt was danach passiertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt