Besuch in Hamburg

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Nachdem ich mit dem letzten Kapitel so unendlich lange gebraucht habe und trotzdem so unzufrieden war gibt es jetzt wieder schneller eins :p Ich hoffe es gefällt euch
Und nachher schön Schalke!
xoxo

Müde lag Marie auf der Couch und löffelte ihre Kürbissuppe, die wohl letzte für dieses Jahr, schließlich war es bereits Anfang Dezember. In Hamburg war es saukalt und hatte geschneit. Sie war völlig durchgefroren vom Laufen gekommen und hatte sich dann ein Bad gegönnt - wohlverdient. Nun ließ sie den Abend gemütlich ausklingen, denn draußen hatte es wieder begonnen zu schneien. Dicke Flocken rieselten langsam im Schein der Laternen hinunter und Marie sah ihnen dabei zu.
An solchen Abenden wünschte sie sich manchmal nicht so allein zu sein, klar könnte sie ihre Freundinnen anrufen. Oder einen der Kerle. Aber das gab ihr nicht das Gefühl von innerer Wärme, von Wohlfühlen und Geborgenheit.
Was wollte sie denn eigentlich? Sie hatte sich für Hamburg entschieden, zuhause hätte sie ihre Familie gehabt - also Oma und Opa - und ihren Onkel, ihre Cousins, die mit Sicherheit bald wieder die Kanäle unsicher machen würden. Ohne Marie. Wie seit über zwei Jahren. An das Leben ohne ihre Eltern hatte sie sich damals schnell gewöhnt, aber nicht daran die wichtigsten Menschen nicht mehr zu sehen. Oma und Opa, solange sie noch da waren. Lisa und die Mädels, die ihr Leben weiterlebten. Nur sie schien privat stehen geblieben zu sein. Das war sicher nur so eine Phase, in der sie so dachte.
Weihnachtssingen mit den Jungs von der Gruppe, Schlittschuhlaufen mit den Mädels, Winterspaziergänge und Läufe mit ihrem Onkel. Die ganzen schönen Abende mit Tobi, mit Dennis, mit Julian und wie sie alle hießen. Immer war jemand für sie da gewesen, Menschen, die ihr das Gefühl gaben angekommen zu sein. Zuhause zu sein, egal wo. Diese innere Wärme, nach der sich jeder sehnte, die einen bei der Kraft hielt, am Leben.

Leise liefen Tränen ihre Wange hinunter, wenn sie nächstes Jahr hier fertig war würde sie zurück gehen. Definitiv. Ruhrpott war Heimat für sie. Und vor allem die Menschen mit ihrer liebevollen Art dort.
Ihre Gedanken wurden mit dem Ertönen der Klingel unterbrochen. Wer um alles in der Welt stand dienstags abends um halb 12 vor ihrer Tür? Bei diesem Dreckswetter auch noch?! Sie raffte sich also auf um zum Summer zu laufen, der war eh kaputt, also müsste sie sich gedulden, bis der Besuch vor ihr stand. Währenddessen strich sie mit Blick in den Spiegel ihre Tränen aus dem Gesicht und rettete was an ihrem Aussehen noch zu retten war...

Leon hingegen hatte zuhause gesessen, in seiner gewohnten Umgebung und es war alles zu viel geworden, dieses trostlose Wetter, das Gefühl, dass sich seit Wochen nichts tat in seinem Leben.
Gut zugegeben, seit Marie weg war. Er musste sie aus seinem Kopf bekommen, hatte doch eh keinen Sinn. Aber so sehr er sich auch verbat an sie zu denken, umso mehr wuchs sein Verlangen nach ihrer Nähe. Ihren zarten Händen, dem aufmunternden Lächeln aus ihren klaren blauen Augen. Diesem Geruch nach Zuhause und Weiblichkeit, nach Duschgel und Parfum. Ihren langen blonden Haaren, die so wippten, wenn sie nickte oder ihren Kopf bewegte. Ihrer sanften und vorsichtigen Lache, oder ihrem hemmungslosen Gekicher.
Dem Geschmack ihrer Lippen auf seinen, ihrer Hände in seinem Nacken, auf seinen Armen, ihrem heißem Atem auf seiner Wange.
Er würde alles geben um sie in seinen Armen zu haben und nur zu halten, und so träumte er mit seinen offenen Augen vor sich her.
Er musste raus, raus aus der Wohnung. Aber wohin? Er schmiss sich ins Auto, einfach losfahren, mal sehen, wo es ihn hintrieb.

Er konnte sich nicht wirklich konzentrieren, aber als er auf der A1 war und das erste Mal Hamburg auf den Schildern las, da wusste er es: er musste zu ihr. Sie nur kurz sehen. Kurz in den Arm nehmen, egal wie sie ihm gegenübertreten würde. Er raste regelrecht. Rief schnell Peter an, schließlich hatte er keine Adresse.
Der war zwar verwirrt rückte aber dennoch mit der Adresse raus.
Als er den Motor abstellte und auf den Haus Eingang zuging hielt er inne und blieb stehen. Was wollte er eigentlich hier? Was erhoffte er sich? Dass sie endlich dieses Loch in seiner Seele stopfte? Dieses Loch, was da seit über vier Wochen war. Was so sehr nach ihr verlangte. Ob sie ihn sehen wollte, daran verschwand er keinen einzigen Gedanken, dabei war er sich zu 95% sicher, dass sie noch einmal bei ihm geschlafen hatte, nach dieser Party. Aber als er am Haus von ihren Großeltern vorbeigefahren war, da war ihr Wagen bereits weg.
Er klingelte, wie lange hatte er wohl schon hier gestanden?! Ein kurzer Blick auf die sündhaft teure Armbanduhr verriet ihm, dass es bereits fast halb zwölf war, hoffentlich hatte er sie nicht geweckt.
Es dauerte kurz, aber dann summte es und die Tür sprang auf. Er lief die Treppe hinauf, sein Herz schlug wie verrückt gegen seine Brust. Es pochte schon so sehr, dass es wehtat. Ganz oben war eine Tür auf. Er kam die letzten Treppenstufen hoch und da stand sie. Ihre Haare noch feucht, ungeschminkt, in Jogginghose und lockerem Shirt. Und trotzdem war es genau das, was er brauchte.
"Leon" flüsterte sie, sofort richteten sich sämtliche Härchen an seinem Körper auf. Wie sie seinen Namen aussprach, ihre Stimme, das bescherte ihm eine Gänsehaut.

Und auch Marie stand dort in der Tür und als sie realisierte wer da die Treppen hinauf kam, glaubte sie ihren Augen nicht. Das konnte doch nicht wahr sein. Ihr Herz schlug viel zu schnell.  Wie war das nochmal mit dem Vergessen?
Er sah gut aus, dunkle Jeans, dunkle Sneaker, kariertes Hemd mit Lederjacke und Schal. Die Haare waren offensichtlich vom Nachdenken etwas außer Form und vereinzelt meinte Marie noch Schneeflocken erkennen zu können. Seine Nase und die Wangen waren gerötet von der Kälte, aber mit dem Moment, in dem er sie erblickt hatte und ihren Blick gefangen hatte begannen seine Augen zu strahlen.

"Komm rein, es ist kalt" brachte sie mit viel Mühe hervor und trat einen Schritt zur Seite. Als er in die Wohnung ging, roch sie diesen unverkennbaren Duft.
"Was machst du hier?" Brannte es ihr unter den Nägeln. Und Leon sah auf, sie deutete auf die Couch die hier im Wohnzimmer stand.
Abwartend erwartungsvoll blickte sie ihn an.
"Weiß ich auch nicht so recht, mir ist zuhause die Decke auf den Kopf gefallen." Begann er langsam. Oh man Leon, klarkommen! Was war das für eine peinliche Aktion? Mal eben 450km gefahren um ihr zu sagen, er wusste nicht, was er hier wollte?
"Hast du geweint?" Fragte er, als er ihre nassen Wangen entdeckte und streckte sofort seinen Finger aus um ihr die Tränen wegzuwischen. Sie zuckte kurz zusammen, seine Hände waren eiskalt.
"Du bist ja eiskalt. Willst du eine Decke? Oder einen Tee?" Lenkte sie ab und sah ihm nicht in die Augen.
"Warum hast du geweint?" Fragte er nochmal, stoisch.
"Ich hab zuhause vermisst." Antwortete Marie ganz leise und versuchte schnell wieder von sich abzulenken "und was willst du hier?" Fragte sie behutsam. Ihr Kopf kam gerade gar nicht klar, wenn sie mit einer Person nicht gerechnet hatte, dann war er es. Aber gleichzeitig schien es, als wäre es genau er, nachdem ihr Herz so sehr verlangt hatte.
"Deine Nähe, dich" brachte Leon stark heraus und streckte seine Hand zu ihrem Gesicht, berührte vorsichtig ihre weiche Wange.
Sie sah auf, in seine Augen, die sie so liebevoll ansahen, dass es ihr den Bauch zusammenzog. Es kribbelte. Und dann waren da seine Lippen auf ihren. Dieses wohlige Gefühl von Wärme breitete sich schnell in ihrem ganzen Körper aus. Das hatte sie gebraucht, genau das. Seine warmen, vollen Lippen. Seine Nähe, seine Wärme, seine Berührungen, dieser Blick kurz bevor sie beim Kuss die Augen schlossen.
Sie ließ sich fallen. Ebenso wie er.

Fools {Leon Goretzka}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt