EINS

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Nur damit eines klar ist.

Ich. Hasse. Spinnen.

Ich hasse dieses abartige achtbeinige, glupschäugige Ungeziefer.

Ich beurteile sie nicht nur wegen ihres widerlichen Aussehens und wie sie sich fortbewegen – wie eine krabbelnde Krankheit –, sondern auch wie sie sich generell verhalten.

Aber um die Spinne direkt geht es hier ja nicht. Zurück zu meinem Leben, der knallharten Realität. Ich liege nämlich in meinem Zelt, war noch vor wenigen Sekunden ohnmächtig. Vor wenigen Sekunden haben sich noch ein paar Köpfe meiner Klassenkollegen über mich gebeugt, bis ich sie gefragt habe, ob sie sich nicht bitte freundlicherweise aus meinem Zelt verziehen könnten.

Seitdem sind Robin und ich alleine hier. Ich bin noch etwas benommen und halte eine Wasserflasche, die mir meine beste Freundin gereicht hat, in der zittrigen Hand. Mein Schädel brummt noch etwas, aber das geht schon.

„Es war doch bloß eine Spinne", versucht Robin mein unruhiges Gemüt zu beruhigen.

Ich schnaube. „Ich habe eine Phobie, Robin, ich verabscheue Spinnen. Und ich finde es im Übrigen überhaupt nicht lustig, ein solches Tier auf meinem Salamibrot zu finden, wenn ich vom Klo zurückkomme!"

Sie hebt unschuldig ihre Hände. „Marie ist auf die glorreiche Idee gekommen das Vieh auf dein Brot zu packen. Sie hat Stephan förmlich dazu gezwungen an deiner Salami Hand anzulegen."

Seufzend lasse ich meinen Kopf sinken. Immer dasselbe mit den beiden. Kaum zu glauben, dass die in weniger als zwei Jahren erwachsen sein werden. „Wo ist denn eigentlich Mr. Parker, wenn man ihn mal braucht?", frage ich und nehme einen Schluck vom Wasser. Bäh, abgestandenes Mineralwasser.

Robin setzt sich im Schneidersitz aufrecht hin. „Vor zehn Minuten hat's noch geheißen, er ist am See baden und irgendjemand holt ihn."

„Wie lange war ich weg? Zehn Minuten?" Ich richte mich kerzengerade auf.

Robin nickt.

„Und Mr Parker ist noch immer nicht hier? Wo bleiben die denn so lange?"

„Keine Ahnung, vielleicht sind die ja noch beim See?"

„Und was machen sie da fast zehn Minuten lang?"

Sie hebt ihre Schultern. „Baden?"

Just in dem Moment höre ich schnelle, laute Schritte unserem Zelt nähern. Aber es sind nur die einer Person.

Im nächsten Moment reißt jemand die Plane am Eingang zur Seite und stolpert in das Zeltinnere. Ein komplett außer Atem geratener Mr Parker lässt sich nun erschöpft auf seine Knie fallen.

Mr Parker ist... oberkörperfrei.

Seine Haare sind... nass.

Und er sieht... verdammt nochmal heiß aus.

Bei seinem Anblick wird mir plötzlich ganz warm. Auch mein Gesicht fängt an zu glühen. Mein Herz überschlägt sich ein paarmal, als ich meinen Blick über Parkers Körper streifen lasse. Oh mein Gott, ich danke euch, Marie und Stephan!

Mein Lehrer fährt sich aufgelöst durch sein braunes, tropfendes Haar und betrachtet mich eindringlich. Peinlich berührt wende ich meinen Blick von ihm und spüre die Röte in mein Gesicht schießen.

Er legt eine Hand auf mein Knie. „Alles okay bei dir? Ich bin so schnell gelaufen, wie ich konnte, als ich hörte, was passiert ist."

Zehn Minuten. Vom See bis ins Lager. Das soll wohl ein Scherz sein.

Als ich mich wieder gefangen habe und bereit bin ihm in die Augen zu sehen, meine ich: „Und wo haben Sie die Übeltäter gelassen? Erst schön Streiche spielen und dann vor Schiss nicht mehr auftauchen – das zeigt wahre Größe."

Mr. Parker schmunzelt ein wenig, aber kaum merklich. „Als Belohnung für ihre reife Tat, werden sie die nächste Stunde damit beschäftigt sein das Frühstücksgeschirr gründlich zu waschen."

Zwar nicht das, was sie eigentlich verdient hätten, aber es ist schon mal ein guter Anfang. Triumphierend lächle ich meinen Turnlehrer an. Auch er sieht mich an, mit seinen tiefblauen Augen, die mit grünen Sprenkeln verziert sind. Ich liebe seine Augen. So wie sie geformt sind, so wie er sie auf und zu schlängt, wenn er blinzelt. So wie er mich ansieht. Nicht viel anders als alle anderen. Manchmal jedoch denke ich, dass ich etwas in seinem Blick entdecke, wenn er mich beobachtet. Um ehrlich zu sein, spüre ich ab und zu seinen Blick auf mir. Ich habe mich immer schon gefragt, wie es sich anfühlt, wenn man denkt, man wird heimlich angesehen. Es ist ein kribbeliges Gefühl. Und das sage ich nicht nur, weil ich total auf Mr. Parker abfahre.

Ein leichtes Lächeln entsteht auf seinen Lippen. Gerade so, dass sich kleine Grübchen auf seinen Wangen bilden. Am liebsten würde ich dieses Gesicht so fotografieren, wie es jetzt ist. Ich würde mir es drucken lassen und damit jede Nacht einschlafen und jeden Morgen aufstehen. Verdammt, mich hat's echt erwischt.

Er kratzt sich im Nacken und löst seine Augen von mir. Küss mich doch, küss mich bis meine Lippen geschwollen sind!, schreie ich innerlich. Doch er tut es nicht.

Klar, wieso auch.

Stattdessen nimmt er seine Hand von meinem Bein und steht auf. Aber ich will noch nicht, dass er geht, also muss ich jetzt schnell handeln. „Halt!"

FORBIDDEN LOVEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt