VIERUNDZWANZIG

6 0 0
                                    

„Kochst du gerne?", frage ich und setze mich neben den Herd.

Er ist so in das Zubereiten vertieft, dass er erst ein paar Minuten später antwortet. „Ja, ich liebe es. Seit ich einmal sturmfreie Bude hatte und mich selbstversorgen musste, kann ich nicht einfach nur beim Kochen zuschauen. Ich will mitanpacken, aktiv dabei sein, verstehst du?" Ich nicke. „Das ist wie, als würde ein Kind ein anderes im Sandkasten sehen. Es kann nicht anders und muss einfach sofort dorthin. Weil das Spielen, Kreativsein etwas ist, was es liebt. Und das gleiche ist bei mir und dem Kochen." Er kostet von der Sauce und wiegt danach seinen Kopf. Dann führt er den Löffel zu meinem Mund und ich lecke ihn ab. Er sieht mich abwartend an. Zugleich sagen wir: „Salz."

Ich kichere und baumle mit meinen Beinen. Er gibt etwas Salz dazu. „Gerichte zuzubereiten, macht mich irgendwie... es bringt mich weg von Problemen. Beim Kochen muss man nämlich ganz bei der Sache bleiben, damit nichts anbrennt oder übergeht oder man nichts versalzt. Da bleibt einem wenig Zeit über irgendetwas nachzudenken, das einem beschäftigt. Bei mir ist das zumindest so."

Ich höre ihm gerne zu, wie er von sich erzählt, oder was er erlebt hat.

„Und du?", meint er interessiert.

„Ob ich koche?" Er nickt. „Nein, normalerweise nicht. Ich lasse lieber kochen."

Er lacht laut auf. „Ja nicht zu viel anstrengen, hm?"

Ich steige mit ein. „Was soll ich machen, meine Nägel", scherze ich.

Miguel schüttelt grinsend seinen Kopf. „Weiber."

Er geht zum Topf und sieht hinein. „Das sollte reichen, die sollten jetzt fertig sein." Dann sieht er zu mir hoch. „Machen wir den Test?"

Meine Mum hat das zwar noch nie gemacht, aber ich weiß, wovon er spricht. Der Nudel-Test besteht darin, dass man prüft, ob die Nudeln genug lang im Wasser waren oder eben zu lange. Man nimmt eine Nudel aus dem Topf und wirft sie an die Wand. Wenn sie kleben bleibt, sind die Spagetti zu weich, prallt sie jedoch wieder ab, sind sie al dente.

Wir beide greifen nach einer Nudel und blicken uns dann an. Wir zählen bis drei und werfen sie dann an die Decke. Zu unserem Pech sind sie zu weich geraten, weshalb wir sie jetzt von der Wand kratzen dürfen. So stehe ich also auf einem Stuhl und versuche die zwei Spagetti mit einem Pfannenwender zu erwischen und schließlich da runter holen zu können. Da das Gebäude aber schon etwas älter ist und deshalb höhere Räume hat, komme ich natürlich nicht ran. Also hüpfe ich auf und nieder, fuchtle mit der komischen Spachtel irgendwie herum, doch sie bleiben einfach oben kleben. Eine hängt schon halb herunter, weshalb ich gerade dran bin, an ihr zu ziehen. Aber alles bleibt, sowie es war.

Schlussendlich nimmt Miguel das Ruder in die Hand und gesellt sich zu mir. Er hat die Nudeln natürlich sofort gekriegt, dafür sind sie als Dank in seinen Haaren gelandet und ich kann sie da wieder rausfischen.

Ich entsorge gleich die Reste. Jetzt sind halt Flecken an der Decke.

Nun sitzen wir am Tisch und hauen kräftig rein. Es ist kurz nach halb zehn und eigentlich esse ich spätestens um fünf. Aber ja, das hier ist eine Ausnahme.

Das Essen hat geschmeckt, sehr sogar, und wir sind gerade dabei abzuspülen. Stolz auf mich und darauf, dass mein erster richtiger Kochversuch so gut gelungen ist, schrubbe ich pfeifend den Topf.

„Gibst du mir bitte ein Handtuch?", kommt es von Miguel, der gerade dabei ist die Teller zu waschen. Das Besteck liegt bereits auf einem Tuch neben der Spüle.

Ich sehe mich völlig überfordert um. In der Hoffnung irgendwo hängende Fetzen erkennen zu können, aber da ist nichts. Nicht einmal irgendetwas hängt hier in der Küche. Panisch durchsuche ich sämtliche Schränke, aber bleibe erfolglos.

„Bei deinen Füßen, die unterste Lade", beendet er meine Sucherei.

Toll. Da sind zwei Laden. Ehrlich gesagt sind da vier, wenn man die ganz kleinen unten mitzählt.

Planlos schaue ich runter. Ja, Ehne-mehne-muh spiele ich jetzt sicher nicht. Ich will mich schon bücken, als ich zwei Hände an meiner Taille spüre, die mich aufheben und auf die Arbeitsplatte setzen. Er zieht die Lade ober der kleinen heraus und zaubert ein Geschirrtuch hervor. Süß, mit lauter Dirndln drauf.

Bevor Miguel aber wieder zurück auf seinen Platz geht, verharrt er vor mir. Das Tuch hängt um seinen Nacken. Seine Hände ruhen auf meinen Oberschenkeln. Er bläst sich ein Haar aus der Stirn. Er riecht nach Rauch, das kann man deutlich merken. Aber das macht nichts, er ist sowieso ein Typ dafür, keinen wundert es. Miguels Blick ruht nun auf meinen Oberschenkeln.

Shit, ich habe mich vor zwei Tagen das letzte Mal rasiert. Ich sehe aus wie ein Pavian. Nur, dass seine Haare im Gegensatz zu meinen, weich und flauschig sind. Ich sehe beschämt zur Seite. Röte schießt mir in die Wangen. Miguel aber kümmert das wenig und begutachtet mich weiter. Seine warmen Blicke sind wie tausend Federn auf meiner Haut. Es fühlt sich wunderbar an.

FORBIDDEN LOVEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt