VIERZEHN

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Bei den Zelten angekommen, packen wir alles zu zusammen. Zelt, Schlafsack, Gewand und so ein Zeugs. Einige sind schon fertig, während andere noch immer mit dem Gerüst ihres Zeltes kämpfen und krampfhaft versuchen, die vielen Stangen irgendwie ineinanderzustecken oder wenigstens irgendwie von den Planen rauszubekommen.

Nachdem dann alle fertig geworden sind und alles fix fertig im Bus verstaut ist, wird nun durchgezählt. Alle sind da. Na, dann kann es ja losgehen.

„Endlich", murrt Robin, als der Bus losfährt.

Ich lächle sie an. „Freust du dich denn auf zuhause?"

„Nein, ich meine, endlich kann ich meine Bergschuhe ausziehen", meint sie und öffnet die Knoten ihrer Schuhe. Ein entspannter Ausdruck macht sich auf ihrem Gesicht breit.

Ich rolle meine Augen. „Die Hälfte des Weges hättest du doch Barfuß gehen können."

Sie zeigt mir den Vogel. „Ja, klar, und meine Füße ruinieren. Außerdem liegen überall am Boden Fladen und in die will ich nicht unbedingt reinsteigen."

Jaaa.

„Jedenfalls werde ich meine Zehen lüften, falls es dich nicht stört."

Plötzlich schlägt mir eine Schweißwelle entgegen, als Robs ihre Socken in die Sitztasche vor ihr hineinknödelt. Es brennt in meiner Nase, als hätte mir jemand Salz in eine Wunde gestreut und eine Ziege drüber lecken lassen. Ich versuche nicht zu viel zu atmen und wenn, dann benütze ich meinen Mund. Aus sozialen Gründen möchte ich meiner besten Freundin nicht sagen, dass ihre Füße unausstehlich stinken, dass ich Not habe richtig zu atmen. Sie legt ihre Füße auf die Rückenlehne vor ihr. Der Gestank nimmt zum Glück etwas ab und ich drückte meinen Rücken ein wenig mehr in meinen Sitz, um etwas zu schlafen.

Der Typ, auf dessen Rückenlehne Robins Füße ruhen und der sich als Miguel rausstellt, dreht sich zu ihr zurück und sieht durch den Schlitz zwischen seinem Sitz und den seines Nachbarn.

„Robin, muss das sein", murrt er und versucht ihre Beine zur Seite zu schieben. „Du verpestest mir die Luft."

Robs zuckt bloß ihre Schultern und scheint nicht beindruckt. „Ach was. Du bist einfach zu empfindlich."

„Entweder du nimmst deine Füße da weg, oder ich tu's", droht er ihr, aber sie lacht nur humorlos.

Er schmunzelt leicht, nickt mich zur Begrüßung kurz zu, bevor sein Kopf verschwindet. Es ist Miguel. Er ist etwas älter als ich. Ich habe nicht oft mit ihm geredet. Nur ein paar mal über Hausaufgaben und so. Er ist ganz okay, was ich so von ihm gesehen und gehört habe. Dennoch würde ich nicht freiwillig mit ihm abhängen.

Seine schwarzen Haare sind unordentlich und verwuschelt und seine Tattoos lassen ihn viel älter aussehen. Lederjacke, weißes Tanktop mit einem Brustsäckchen auf dem Fuck You! oben steht und eine helle Riss-Jean. Er ist aber kein Player, oder so. Um sein Handgelenk klirrt eine kleine Uhr aus Fakegold. Zumindest denke ich, dass es kein echtes Gold ist.

Er hat anstatt der zehnten Klasse ein Lehrjahr in einer Firma gemacht, dann aber gemerkt, dass ihm sein Chef auf den Arsch geht und die Arbeit auf den Geist. Danach hat er sich entschieden die zehnte Klasse zu absolvieren und jetzt will er den Highschool-Abschluss. Wow, ich weiß sogar mehr, als ich dachte.

Im nächsten Moment erspähe ich seine Hände, die wild an Robins Fußsohlen herumfummeln. Auf einmal schreit sie auf, fängt an zu kichern und zieht ihre Beine zügig ein.

Beleidigt verschränkt sie ihre Arme und ein V bildet sich zwischen ihren Brauen. „Egoist", zischt sie und kuschelt sich ans Fenster.

Ich sehe aus dem Fenster. Die Landschaft zieht vorbei, die Farben verwischen. Obwohl die paar Tage so ihre Tiefen hatten, würde ich das gerne noch einmal wiederholen. Natürlich ohne das Drama mit James. Einfach nur ein Ausflug unter Freunden. An einem Strand vielleicht, oder in einer kleinen Selbstversorger-Hütte.

Als wir durch einen Tunnel fahren, die Landschaft draußen plötzlich verwindet und es dunkel wird, entdecke ich ein Augenpaar, das mich im Fenster ansieht. Zuerst bin ich mir nicht sicher, ob es der ist, den ich vermute, oder sein Sitznachbar, der den Kopf auf seiner Schulter gebettet hat. Doch, als braune Augen auf einmal hervorblitzen, betätigen sie meine Vermutung. Miguel sieht mich an. Er lächelt ein wenig.

Ich merke, wie meine Wangen immer heißer werden, doch ich schaue nicht auf meine Hände, die nervös an meinem T-Shirt herumzupfen. Ich kann mich nicht von ihm losreißen. Es ist fast so, als würden mich seine Augen in einem Bann halten.

Erst, als Robin neben mir plötzlich laut aufschnarcht, sehe ich weg. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was das eben gerade sollte. Also, ich meine, wieso der mich so angestarrt hat und wieso, in Gottes Namen, ich zurückgestarrt habe. Ja, gut, er hat traumhaftschöne Augen, aber nichts, was James nicht auch hätte.

Nach circa einer Stunde kündigt Mrs Podalsky an, dass wir demnächst irgendwo an einer Raststätte halten werden, weil so viele Schüler pinkeln müssen.

Robs pennt noch immer, ich möchte sie jetzt nicht aufwecken. Ich stehe auf, strecke mich ein bisschen, schnappe mir das abgestandene Mineralwasser und trete schließlich aus dem Bus. Frische Luft schießt mir entgegen und ich fange leicht an zu frösteln. Ich reibe mir automatisch meine Arme und setze mich auf ein Bänkchen. Vielleicht sollte ich das nicht tun, aber ich nehme einen Schluck des Wassers. Angewidert spucke ich es auf den kühlen Asphalt.

Dann merke ich, dass James gerade auf mich zukommt. Ich lächle ihn an und rutsche etwas zur Seite. Er nimmt neben mir Platz und zwingt sich ein Lächeln auf. Oje, ich bin erledigt. 

FORBIDDEN LOVEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt