Kapitel 27 ~ Auf Konfrontationskurs

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Ihr blieb nichts anderes übrig als Harry, Ginny und Ron Bescheid zu geben. Auch wenn sie im Moment nicht gut miteinander klar kamen, so hatten sie doch schließlich gemeinsam diese Mission begonnen und würden sie deshalb auch zusammen zu Ende bringen. Also legte sie nochmal einen kurzen Zwischenstop ein, holte sich ihren Schal und zog einen dickeren Umhang über, und spazierte dann aus dem Schloss Richtung Hogsmeade.
Der Himmel war grau, genau wie Dracos Augen. Hermine hielt kurz inne - hatte sie gerade an Draco gedacht, als sie den Himmel sah? Sie schüttelte empört den Kopf und lief weiter. Sie hatte Hogsmeade erreicht und wusste sofort, wo sie ihre "Freunde" zu finden hatte - nirgendwo anders als im Drei Besen.
Als sie die morsche, alte Holztür öffnete kam ihr sofort der übliche, süßliche Duft gemischt mit Butterbier entgegen. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen als sie schließlich Madam Rosmerta erblickte, die ihr wie immer fröhlich zuwinkte. Keine fünf Meter von Madam Rosmerta entfernt entdeckte sie dann auch Ron, der seine Augen mal wieder nicht von der hübschen Wirtin lassen konnte, für die er schon seid seinem dritten Jahr eine Schwäche hatte. Normalerweise durchfuhr sie bei diesem Anblick immer ein heftiges Stechen, doch dieses Mal war etwas anders - es fühlte sich gut an Ron so zu sehen. Sie hatte keine Ahnung, was das mal wieder zu bedeuten hatte, aber es herauszufinden wollte sie auf später verschieben. Hermine atmete nochmals tief durch, schritt auf Harry, Ginny und Ron zu und ließ sich wortlos auf dem freien Stuhl nieder.

Genau wie sie erwartet hatte, wurde sie von drei Augenpaaren völlig verdattert angestarrt. "Ich bin nicht hier um mich für irgendetwas zu entschuldigen - so viel schon mal vorab. Aber ich muss mit euch über McGonagalls Geheimnis reden und die Aktion mit dem Vielsafttrank. Das betrifft vor allem dich, Ronald.", sagte sie streng und sah wie Ron beim Klang seines Namens zusammenzuckte. "Also, erst mal vielen Dank, dass du uns nicht gesagt hast, dass Draco Malfoy derjenige ist, der in Gefahr ist, sondern dich nur um unsere Beziehungsprobleme gekümmert hast.", wandte sie sich schnippisch an ihn und blickte nach ihrer Aussage zu Ginny und Harry, die überrascht die Augen aufrissen. "Zweitens, möchte ich wissen, was genau in McGonagalls Büro erzählt wurde und wie das Gespräch etwas mit mir zu tun haben konnte, damit du dermaßen ausrastest.", sie verschränkte die Arme, lehnte sich zurück und blickte Ron mit hochgezogener Augenbraue an. Dieser traute sich nicht einmal irgendjemanden aus der Runde anzuschauen, sondern schaute betreten in sein Butterbier. "Tut mir Leid... ich hab' zum Schluss einfach nicht mehr an die Mission gedacht, aber wie Draco von dir geredet hat... das hat mich völlig wahnsinnig gemacht. Er hat gesagt, dass er sich nach langer Zeit endlich wieder lebendig fühlt, weil er nun eine Freundin gefunden habe. Und dass er sich sicher und geborgen fühle... bei dir, Hermine. Und ich dachte, dass zwischen euch etwas mehr als das wäre, ich denke es immer noch...", er schluckte und sah Hermine nun direkt an. Auch Ginny beäugte sie misstrauisch und Harry blickte sie überrascht an.

Hermine war heiß und kalt zugleich. Auf der einen Seite war sie unendlich gerührt von dem, was Draco über sie gesagt hatte, zum anderen fühlte sie sich schuldig wegen Ron. "Aber Ron da ist nichts zwischen Malfoy und mir!", sie nannte ihn mit Absicht 'Malfoy' um es überzeugender klingen zu lassen. "Und warum hast du mir nicht mal erzählt, dass ihr jetzt Freunde seid?", fragte Ron sichtlich verletzt.
"Ganz einfach, weil ich wusste, dass du das unter keinen Umständen akzeptieren würdest und es völlig falsch verstanden hättest. Wir.Sind.Nur.Freunde. Und eure Familien hassen sich schon seid Ewigkeiten, du kannst also nicht anders. Fakt ist aber, dass Draco anders ist als sein Vater - er bereut. Und Harry kann beweisen, dass seine Mutter Narzissa auch nicht von Grund auf böse ist, denn sie hat ihm vor Voldemort das Leben gerettet! Sie hat Lord Voldemort angelogen um Harry zu beschützen! Siehst du Harry wegen dieser Freundschaft so wütend oder Ginny? Nein. Und nur weil du deswegen so ausgeflippt bist, hab ich euch alle drei verloren.", sie atmete laut aus und genehmigte sich einen Schluck von Harrys Butterbier ohne mit der Wimper zu zucken. Sie war selbst von sich überrascht, wie leicht es ihr gefallen war das auszusprechen. Irgendetwas war mit ihr geschehen. Sie war anders. Nur wie? Und warum? Hermine schon den Gedanken vorrübergehend beiseite und richtete ihren Blick wieder in die Runde. Ron schwieg betreten, Harry schien mit seinen Gedanken woanders zu sein, doch Ginny funkelte sie aus ihren meerblauen Augen an.

"Hör auf meinem Bruder die Schuld an allem zu geben.", zischte sie. "Du hast mich nicht verloren, weil mein Bruder ausgeflippt ist, sondern wegen dem, was du mir an den Kopf geworfen hast.", wisperte sie und kämpfte unüberhörbar gegen die Tränen. An dieser Stelle wurden auch Harry und Ron wieder hellhörig. "Du hast gesagt, dass es reines Glück gewesen sei, dass sich Harry letztendlich doch noch in mich verliebt hat! Das ist mit Abstand das Schlimmste, das du jemals hättest sagen können! Und es ist mir egal, ob du es letztendlich so gemeint hast oder nicht. Beste Freunde sagen so etwas nicht. Das bist nicht du!", Ginny schluckte und fuhr schließlich fort "Ich weiß nicht, von wem oder was du besessen bist oder was mit dir geschehen ist. Fakt ist aber, dass das nicht Hermine Granger ist und ich sie gerne wieder zurück haben würde." Nachdem sie geendet hatte, packte sie ihr Butterbier und leerte es in einem Zug. Harry und Ron tauschten einen vielsagenden Blick aus, dann wandte sich der Schwarzhaarige an Hermine. "Hermine... sei mir nicht böse, aber schau mich mal genau an.", Harry rückte mit seinem Stuhl an sie heran, nahm ihr Gesicht in beide Hände und blickte ihr mit seinen smaragdgrünen Augen tief in die Ihren.
Die Gryffindor fühlte sich etwas überrumpelt, dennoch ließ sie es über sich geschehen und hielt dem Blick ihres besten Freundes stand.

Nach einer langen Pause, ließ Harry endlich von ihr ab und wandte sich mit einem Kopfschütteln wieder an die anderen beiden: "Es ist nichts. Sie steht nicht unter einem Fluch. Zumindest unter keinem einfachen, das hätte ich gemerkt. Den Imperius-Fluch würde ich allerdings nicht ganz ausschließen, aber im Grunde genommen hätte ich auch ihn entdeckt.", er seufzte "Es geht ihr gut."
Plötzlich ergriff Hermine eine große Wut, denn ihr wurde schlagartig klar, was das eben Geschehene gewesen war. "Nein!", flüsterte sie atemlos. "Das kann ja wohl nicht euer Ernst sein! Draco hat mich nicht verhext, das würde er nie tun! Er ist in Gefahr! Oder habt ihr mich nicht gehört? Was würde das für einen Sinn ergeben!"
Ihr Herz hämmerte wild in ihrer Brust und pumpte ihr heißes Blut in die Wangen. "Was ist bloß aus euch geworden? Mir geht es gut, ich bin noch die Alte!", rief sie, doch sie war sich ihrer Lüge bewusst. Ganz tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie in gewisser Weise log. "Ich weiß, was mit ihr ist.", sagte Ginny plötzlich mechanisch und holte tief Luft. "Ich wollte eigentlich vermeiden es auszusprechen, aber... schau dich an, Hermine. Du bist in Malfoy verliebt."
Hermine blieb die Luft weg. Mit einem Mal hörte sie auf zu atmen, doch ihr Herz pochte nun noch wilder als zuvor. Auch Ron hob den Kopf und warf seiner Schwester einen fragenden Blick zu.
"Sie hat sich gestern Abend rausgeschlichen und hat sich mit ihm getroffen. Sie trug sogar extra ein grünes Oberteil."
Hermine konnte nicht anders als Ginny mit aufgerissenen Augen anzusehen. Sie fühlte sich schuldig... Für einen Moment gab sie sich ihren Gefühlen hin und musste erkennen, dass Ginny offensichtlich Recht hatte. Es war wie ein Schalter, der umgelegt wurde. Wie ein Schleier, der ihr von den Augen genommen wurde.

Ron kullerte eine einzelne Tränen aus dem Augenwinkel, wischte sie aber sofort energisch weg. Dass Hermine nichts sagte, machte die Situation wahrscheinlich auch nicht besser, aber auch ihr kullerte eine Träne die Wange herunter und sie war einfach nicht mehr fähig auch nur ein weiteres Wort zu sprechen.
Wie konnte Ginny ihr das nur antun? Hermine hatte Angst. Angst vor der Wahrheit. Also schnappte sie sich ihren Umhang, zog ihn sich in einer fließenden Bewegung über und verließ ohne ein weiteres Wort das Drei Besen.

Dramione ~ Im Wind der Veränderung Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt