||Weihnachtsspecial||

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Kurzgeschichte:

Name: Anne Collins

Wer bist du: Du bist eine 1,65m große Malerin mit roten welligen Haaren und blauen Augen, die an das Meer erinnern, das du so gerne zeichnest.

Deine Geschichte: Du hastest gerade über den verschneiten Marktplatz, als er dir ins Auge fällt. Du bist zu Besuch bei deiner Tante und kennst hier in Bukarest niemanden, doch an ihm bleibt dein Blick hängen, als wäre er ein altbekanntes Gesicht. Seine schulterlangen, braunen Haare hat er sich auf einer Seite hinters Ohr gestrichen, seine Augen mustern gerade die Pflaumen, die der Verkäufer ihm andrehen will. Sofort bleibst du stehen. Irgendwoher kennst du ihn. Doch als es dir absolut nicht einfallen will, stellst du dich neben ihn an den Stand und untersuchst ebenfalls die Pflaumen. Möglichst unauffällig schielst du zur Seite, als der Braunhaarige den Kopf hebt und den Verkäufer etwas auf Rumänisch fragt. Er sieht nicht gerade vertrauenswürdig aus, doch natürlich ist er viel zu interessant für dich, um ihn wieder seiner Wege ziehen zu lassen. "Entschuldigen Sie", sprichst du ihn in deiner Muttersprache Englisch an, "wissen Sie, wo es zur Apotheke geht?"
Eigentlich hattest du dir vorgenommen, den Weg alleine zu finden. Ich meine, es konnte doch nicht so schwer sein, nach drei Tagen, an denen du jedesmal zur Apotheke musstest, dir den Straßennamen zu merken. "Aber klar doch", antwortet der Fremde mit tiefer, wohlklingender Stimme und lässt von den Pflaumen ab. "Soll ich Sie hinbringen?" Wenn er dich anlächelt, erscheint er trotz seines verwegenen Haars gleich um Welten korrekter. Und du lässt es dir nicht zweimal sagen: "Gerne, vielen Dank". Vielleicht konntest du ihn ja überreden, für dich Modell zu stehen. Seine blauen Augen würden sich bestimmt wunderbar auf einem Porträt machen. Glücklich gesellst du dich neben ihn und lässt dich über den Marktplatz führen. "Was wollen Sie denn in der Apotheke, wenn ich das fragen darf. Sie sehen so gesund aus", meint er schmunzelnd und zwinkert dich an. Er ist höflich, sehr höflich sogar. "Meine Tante ist krank", erwiderst du. "Deshalb bin ich auch hier in Rumänien"
Mitfühlend sieht er dich an. "Das tut mir leid."
"Naja", meinst du abwinkend, "Sie ist ja nicht tot. Dafür ist sie irgendwie auch viel zu stur."
"Wofür?", fragt er lachend über deinen trockenen Tonfall. "Um so jung zu sterben! Sie ist ja erst 54. Niemals würde sie sich von irgendetwas unterkriegen lassen. Ich glaube, selbst wenn ein Auto sie anfahren würde, würde sie noch den Fahrer anmeckern, statt zusammenzubrechen" Jetzt musst auch du über deine Tante lachen. "Es ist schon ein kleines Wunder, dass sie mich ihr helfen lässt." Du machst eine kleine Pause und lächelst über sein herzliches Lachen, bevor du wieder anfängst zu reden. "Genug von meiner grauenvollen Tante...mit wem habe ich denn die Ehre?"
Sein Lächeln erstirbt mit einem Schlag. "Todor Dumitru", antwortet er tonlos mit einem sehr rumänischen Namen. Er lügt. Definitiv lügt er. Doch warum lügt jemand bei seinem Namen? Dem musst du nachgehen. Also muss dringend eine Verabredung her, ihr seid nämlich schon fast bei der Apotheke angekommen. "Elly James", erfindest du hastig auch einen Namen und bleibst vor der Tür stehen. "Wie wäre es mit einer Tasse Kaffee morgen Nachmittag? Irgendwo...naja wo auch auch immer, ich habe keine Ahnung, was es hier Gutes gibt" Du versuchst, so viel Charme wie möglich in deine Stimme zu legen, damit er einwilligt, doch du bist miserabel darin. 'Todor' schien zu überlegen. Dass er dir einen falschen Namen auftischen musste, macht die Sache offenbar ziemlich heikel für ihn, doch schließlich nickt er. "Gerne doch", antwortet er in seiner typischen unbeschwerten Art, doch dieses Mal klingt es gestellt.

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Zum dritten Mal triffst du dich heute mit dem Braunhaarigen im "Tucano Coffee". In deinen Gedanken ist er für dich immer noch der Fremde, im Gespräch vermeidest du es so gut es geht, seinen Namen auszusprechen. Du hast sein Vertrauen gewonnen und wäre da nicht diese winzige Sache mit dem gefälschten Namen, hätte er auch deines. Er ist charmant, witzig und unheimlich freundlich. Er erzählt nichts über sich. Also hast du aufgehört, ihn zu fragen und damit auch aufgehört, seinem Geheimnis nachzugehen. Doch alles, was du ihm über dich erzählst, saugt er auf, als wäre es sein Lieblingsbuch. Er hört dir zu. Er lacht, wenn du etwas lustiges sagst. Er wird ernst, wenn du etwas trauriges erzählst. Er reagiert nicht nur –  er fühlt mit. Jedes Mal, wenn du von deinem Kaffee aufsiehst und ihn anblickst, siehst du einen Menschen, der sich in dein Leben geschlichen hat, ohne dass du es wolltest. Das heißt...doch, du wolltest es. Als du ihn auf dem Marktplatz gesehen hattest, wolltest du mit aller Macht, dass er in dein Leben tritt. Aber nicht weit, nur ein bisschen, nur zwei Schritte hinein. Weil er faszinierend war, mit seinen blauen Augen und dem geheimnisvollen Blick. Doch niemals hattest du gewollt, dass er dir wichtig wird. Schon garnicht, nachdem er begonnen hatte, dich nach Strich und Faden zu belügen. Und doch hat er dein Vertrauen fast gewonnen, ohne etwas dafür zu tun.
Du hast gerade den zweiten Kaffee bestellt, als du ihn nach Ewigkeiten wieder etwas über ihn fragst.
"Wovor hast du Angst?" Die Frage kommt aus einem Impuls heraus, nach einigen Minuten des Schweigens. Diese Minuten sind die Schönsten, denn sie verbinden euch. Ihr hängt euren Gedanken nach und rührt in eurem Kaffee oder seht euch ab und zu an. Dann bricht immer irgendjemand das Schweigen. Vorsichtig sieht er auf und hebt die Tasse an die Lippen, bevor er endlich zu einer Antwort ansetzt. "Kontrolle. Davor habe ich Angst. Wenn jemand die Kontrolle über mein Handeln an sich nimmt, meine Gedanken lenkt." Erstaunt reißt du die Augen auf. Ist das sein Ernst? Fürchtet er sich wirklich vor der gleichen Sache wie du? Bisher hast du keine Gemeinsamkeit entdeckt, sodass dir dies wie ein wahrer Triumph vorkommt. "Nicht mehr frei zu sein...", hauchst du voller Verständnis so leise, dass er es kaum hören kann. Der Blick, den er dir zuwirft, als du kurz an deinem Kaffee nippst, ist es, was dich daran erinnert, dass du noch etwas mit ihm vorhattest. Schnell stellst du die Tasse ab. "Darf ich dich zeichnen?", fragst du ihn und schaust ziemlich erwartend. Ein Schmunzeln stiehlt sich auf sein Gesicht. "Wenn du das Bild behältst...", willigt er ein. Natürlich. Niemand sollte es sehen. Weil ja anscheinend auch niemand seinen Namen wissen sollte. Trotzdem begeistert greifst du nach deiner Tasche und ziehst den Zeichenblock und die Bleistifte heraus, die du immer bei dir trägst. Deine Colorstifte sind dir zu wertvoll, doch irgendetwas brauchst du einfach bei dir, um jeder Zeit zeichnen zu können. "Erzähl mir etwas",  forderst du ihn kurz auf, wie du immer deine Modells aufforderst. Sofort merkst du, was du angerichtet hast. Jeder Funke erlischt in dem Blau seiner Augen, die Fröhlichkeit weicht von seiner Miene. Entschuldigend lässt du den Block sinken und siehst ihn an. Gerade möchtest du dich entschuldigen, da erhebt er die Stimme. "Das kann ich nicht, Elly." Noch nie hatte er es so gerade heraus gesagt. Verzweifelt starrst du das leere Blatt an. "Ich weiß.", flüsterst du mit brüchiger Stimme. Tränen steigen dir in die Augen, doch du lässt nicht zu, dass sie ausbrechen. Du hast alles kaputt gemacht. Leere breitet sich in dir aus. Hast du ihn verloren? Hast du sein Vertrauen verloren? Die Bindung zerstört? Du weißt es nicht. "Ich sollte gehen." Damit stehst du auf, stopfst dein Zeug in die Tasche und legst etwas Geld auf den Tisch. Er unterbricht dich nicht. Wie eingefroren sitzt er nur da und kann dich nicht ansehen. Noch einmal schluckst du die Tränen herunter, dann gehst du. Du hastest die kleine Treppe herunter und biegst in eine Seitenstraße ein. Was kannst du jetzt tun? Streng zwingst du dich, nicht an ihn zu denken und rufst dir deine Pflichten ins Gedächtnis. Einkaufen gehen, Essen für Tante Elizabeth kochen und dann verdammt nochmal etwas finden, was du zeichnen kannst. Irgendwie muss ja Geld reinkommen. "Elly!", hörst du plötzlich seine Stimme deinen falschen Namen rufen. Du willst nicht für ihn stehen bleiben, doch du tust es augenblicklich. Du drehst dich um und siehst, wie er auf dich zugelaufen kommt. "Elly", sagt er, bleibt vor dir stehen und streckt eine Hand aus, wie um nach dir zu greifen. Plötzlich schlägt deine Trauer in Wut um, fast schon angewidert stößt du die Hand weg. "Ich bin nicht Elly!", schreist du ihn an. Du weißt nicht auf wen du wütend bist. Auf dich selbst, weil du so unbedacht gehandelt hast oder auf ihn, weil er dir nicht sagt, wer er ist. "Ich bin nicht Elly und du bist nicht Todor, das weiß ich von Anfang an", spuckst du ihm die Worte entgegen. "Ich bin Anne Collins, nicht Elly und du wirst mir jetzt sofort sagen, wer du bist. Das bist du mir schuldig! Hör einfach auf zu lügen und sag mir wer du bist!" Verzweifelt packt er dich an den Schultern und zerrt dich weiter in die menschenleere Gasse hinein. "Ich würde alles nur noch schlimmer machen, wenn ich dir jetzt meinen Namen sage", meint er und sieht verzweifelt auf dich hinunter. Zornestränen kullern über deine Wange. "Schlimmer geht es nicht mehr", entgegnest du aufgelöst. "Ich will dich nicht verlieren", haucht er verzweifelt.
"Das hast du schon"
Das hat er nicht, noch hat er dich absolut nicht verloren, doch das braucht er nicht wissen. Du bist viel zu wütend, um ihm zu gestehen, dass er dir etwas bedeutet.
Niedergeschlagen seufzt er und macht ein paar Schritte von dir weg. "Mein Name...", beginnt er schwer, "ist James Buchanan Barnes"
Es dauert ein paar Sekunden, bis die Nachricht zu dir durchdringt. Dann prasseln tausend Gedanken gleichzeitig auf dich ein. Massenmörder. Gesucht. Attentäter. Schwerverbrecher. Staatsfeind. Skrupellos. Entkräftet und unter einer plötzlichen Tränenflut brichst du zusammen. Daher kennst du ihn! Du hast im Fernsehen die Gesucht-Meldungen gesehen, doch dir sein Gesicht nicht gemerkt. Zwei Mal lief die Sendung im Hintergrund, doch beide Male hast du, zerstreut und hektisch wie du bist, nebenbei etwas zu tun gehabt und nur den Namen aufgeschnappt. "Anne", sagt er, kniet sich neben dich und schlingt die Arme und deinen Körper. Du hast nicht einmal die Kraft, dich zu wehren. "Anne, bitte hör auf zu weinen. Das habe ich gemeint, deshalb wollte ich dir nichts sagen." Seine Stimme klingt gleichzeitig sanft und unheilbar gebrochen. "Der Anschlag in Wien...das war ich nicht. Es wird mir untergeschoben von irgendjemandem. Alle Morde, die ich je begangen habe, sind nicht meine Schuld. Ich habe sie begangen und das ist nicht zu entschuldigen, doch ich habe sie nicht aus freiem Willen begangen. Ich war unter Kontrolle, verstehst du? Ich habe nicht selbst gehandelt, ich wurde gelenkt. Ich war nicht mehr ich, verstehst du, Anne? Ich konnte nichts dagegen tun." Langsam versiegen deine Tränen. Er merkt es nicht, er redet einfach weiter und weiter. "Ich brauche dich Anne. Bitte. Ich habe mich nicht getraut, dir zu sagen, wer ich bin, weil ich wusste, dass ich dich verliere. Bei dir habe ich das Gefühl, endlich wieder ich selbst zu sein. Wieder frei zu sein. Weil du so normal bist. So fröhlich, so quirlig, so chaotisch und so gütig. So liebenswert. Mit jedem Wort, dass du an mich richtest ist es, als würdest du dir einen deiner Stifte nehmen und mein schwarz-weißes Leben in bunten Farben anmalen. Du siehst mich an und ich habe das Gefühl, dass die Sonne zum ersten Mal wieder aufgeht." Bittend sieht er dich an und streicht dir mit dem Daumen eine Träne von der Wange. "Ich liebe dich, Anne."
Seine Worte rotieren in deinem Kopf, sie lösen ein unbekanntes Gefühl in dir aus. So genau weißt du nicht warum, als du plötzlich eine Hand in seinen Nacken legst und ihn an dich ziehst. Seine Lippen landen auf deinen, überrascht keucht er in den Kuss. Du spürst die Wärme, die er ausstrahlt, auf den Lippen, seinen Herzschlag unter deinen Fingern, die auf seiner Brust liegen. James Buchanan Barnes ist kein schlechter Mensch. Und es ist auch mehr als in Ordnung für dich, dass er hier neben dir auf dem kalten Asphalt sitzt, die Hand in den roten Locken an deinem Hinterkopf vergraben.

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Eines Tages kommst du in Buckys Wohnung und er ist nicht mehr da. Seit einigen Monaten seid ihr zusammen und plötzlich ist er einfach verschwunden. Du bist entsetzt, als du im Fernsehen von seiner Festnahme erfährst. Monate später bist du in Wakanda und musst mit ansehen, wie er sich wieder in Kryostase versetzen lässt. Normalerweise hättest du geweint und kaum noch aufgehört. Stattdessen legst du deine Hand an das gefrorene Glas und lächelst. Du weißt, er wird zurückkommen. Und du wirst da sein.

To be continued...

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Wegen taurigem Mangel an Geschenken für dich, mein perfekter Lieblingsmensch: Für dich
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Zuerst einmal: Frohe Weihnachten an alle von euch!

Aber wir haben nicht nur Weihnachten zu feiern...

Zhelaniye hat die 1Tsd. Reads geknackt! Wohoooooo!!! Jaaaaayyy!
Vielen Dank an jeden einzelnen von euch, dass ihr Zhelaniye überhaupt angeklickt habt. Und einen doppelten Dank, falls ihr die Geschichte von River und Bucky auch mitverfolgt! Diese kleine Zahl 1000 bedeutet mir wirklich unendlich viel. Danke!

Und jetzt zu dem Weihnachtsspecial. Es ist mein Weihnachtsgeschenk für euch, die einzige Möglichkeit, euch etwas zu schenken. Aber ich habe ganz ganz viele Fragen dazu!
Zu erst einmal: Wie gefällt euch die Kurzgeschichte?
Wie findet ihr die Perspektive, also dass es in der 2. Person geschrieben ist?
Mir persönlich hat die Perspektive echt Spaß gemacht und ich habe das Gefühl, dass ich damit besser klarkomme, als mit der Ich-Perspektive.

So. Und jetzt ganz WICHTIG! Ihr seht alle die Lücke nach dem Doppelpunkt nach "Kurzgeschichte" am Anfang des Kapitels, oder?
Ich habe nämlich keinen Titel. Tagelang habe ich mir das Hirn zermartert, aber mir will einfach nichts passendes einfallen. Habt ihr irgendeine Idee?

Ich werde mich jetzt erst einmal zurücklehnen und mich auf alle eure weihnachtlichen Kommentare freuen!

Lots of Love und ein schönes Weihnachtsfest!

Eure Alanna

Zhelaniye~B. BarnesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt