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Der Herr mit der kleinen Narbe am Kinn ist auf Ärger aus. Sobald er sich ein paar Schritte entfernt hat, nehme ich seine Verfolgung auf. Ich gehöre zu den Frauen, die sich nicht leicht abschütteln lassen. Ich will diesen Schmuckkasten! Er entspricht haargenau Serenas Geschmack und ich werde ihn mir nicht vor der Nase wegschnappen lassen, nachdem ich zwei Monate lang Blut und Wasser geschwitzt habe, um ihn mir leisten zu können.

„Warten Sie!"

Der Unbekannte nähert sich bereits der Kasse, die auf einem gläsernen Verkaufstisch steht, übersät mit alten, sündhaft teuren Schmuckstücken. Frau Miller kommt in selben Moment aus dem Hinterzimmer. Das sie halb taub ist, wurde sie wohl erst auf uns aufmerksam, als ich laut wurde. Ich tippe dem Mann auf die Schulter. Er wendet sich mir erneut zu. Seine sinnlichen Lippen sind äußerst genervt aufeinandergepresst. Aber das ist noch nicht alles. Er schaut gleichermaßen...argwöhnisch drein. Als würde er mir misstrauen.

„Ich war der Meinung, das Problem sei beigelegt."

„Hören Sie", wende ich mich mit meinem schönsten Lächeln an ihn. „Ich würde dieses Stück wirklich gerne kaufen. Es ist mir sehr wichtig."

„Mir auch."

Ich versuche, ihn mit einem Klimpern meiner langen schwarzen Wimpern umzustimmen. Allerdings scheinen meine großen, grünen Augen ihn völlig kalt zu lassen. Jetzt fühle ich mich beleidigt. Wirklich. Dieser Trick hat noch nie richtig funktioniert...mit verschlossenen Gesichtsausdruck sieht er mich an, als warte er darauf, dass noch etwas kommt.
Offensichtlich kapiert er nicht, worauf ich hinaus will.

Okay. Den Männervamp raushängen lassen, das kann ich mir abschminken.

„Ich habe lange gespart, um ihn kaufen zu können...", versuche ich, ihn weich zu klopfen, indem ich wie ein bettelnder Cockerspaniel den Kopf schief lege. „Sie können ihn das doch bestätigen, Frau Miller!"

Die alte Dame schrickt bei meiner Aufforderung zusammen und nickt. Ich weiß, dass sie mich sehr gern hat. Außerdem weiß sie, wie sehr ich an diesem schönen Stück hänge. Jede Woche bin ich gekommen, um nachzusehen, ob es noch zum Verkauf steht. Leider konnte Frau Miller, deren Geschäfte in dieser winterlichen Zeit weniger gut laufen, ihn mir nicht zurücklegen, ohne dass ich eine Anzahlung geleistet hätte. Sie beißt sich verlegen auf die Lippe..bis der Unbekannte ihr ein Lächeln schenkt.

Weihnachten, Ruggero Pasquarelli und ichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt