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Das Küchentuch vor mein Gesicht drückend scheuche ich meine Schwester an ihre Hausaufgaben zurück und durchqueren die Küche mit großen Schritten. Ich muss meinen Ritter zur Hilfe rufen. SOS Chris. Ich öffne die Haustür und rufe nach meinem Nachbarn und besten Freund. Er wohnt im gegenüber gelegenen Chalet, so dass nur ein schmaler Weg uns trennt, der sich anschließend in den Bergketten verliert. Unsere beiden Häuser sind die letzten am Stadtrand. Chris kann mich von seinem Wohnzimmerfenster aus sehen, und kommt sofort heraus.

„Hast du ein Problem?", fragt er mich besorgt.

Chris. Der wunderbare Chris Donovan. Ein großer Blonder mit blauen Augen und von der Höhenluft gegerbter Haut, auf den alle Frauen fliegen...außer mir. Chris ist der Bruder, den ich nie gehabt habe. Er ist ein wenig älter als ich und beschützt mich seit Kindertagen, denn wir waren schon zu Schulzeiten unzertrennlich. Alle Kupplerinnen der Stadt sahen uns bereits verheiratet und mit vier Kindern. Da hatten sie nicht mit uns gerechnet! Wir verspüren keinerlei Anziehung füreinander. Allerdings verbindet uns eine Kameradschaft, die alles andere zu übertreffen scheint. Ich kann ihm alles sagen. Ebenso, wie er mit mit über alles reden kann. Über seine Liebesdesaster! Mein schwieriges Studium und seine Probleme als Fremdenführer. Und Brittany betrachtet ihn ebenfalls als großen Bruder.

„Ich hoffe, ich störe dich nicht?", frage ich vorsichtig.
„Das tust du nie! Aber..."

Er hält einen Moment inne, um die kalte Luft einzuatmen, wie ein Hund, der eine Spur wittert.

„Was ist das für ein Geruch?"
„Dreimal darfst du raten!"

Wir brechen gleichzeitig in Lachen aus. Es bedarf keiner Erklärung. Denn Chris ist nicht nur unser Nachbar, Freund und Bruder, sondern für gewöhnlich auch unser Klempner. Und zuweilen auch unser Automechaniker.

So vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser.

Ohne ein Wort verschwindet er in seiner Küche. Ich ware auf dem Treppenabsatz auf ihn, wobei ich trotz meiner dicken, schwarzen Wolljacke die Arme um mich schlinge. Das Thermometer zeigt minus fünf Grad Celsius an. Das heißt, dass ich dabei bin, mir den Hintern abzufrieren. Eine Minute später ist Chris, mit einer Saugglocke bewaffnet, zurück.

„Damit bringe ich sie zum Ausspucken!", sagt er.

Entschlossen schlägt er den Weg zu meiner Küche ein. Gute fünf Minuten ang kämpft er einen erbitterten Kampf gegen unsere widerspenstige Spüle. Sonderbare Geräusche ertönen.

Weihnachten, Ruggero Pasquarelli und ichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt