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Jace Zimmer ist groß, mit einem Fenster zum Garten und einem Boxsack, der von der Decke baumelt. Darunter liegt eine blaue Turnmatte.
„Ich hatte noch nie die Zeit dieses Zimmer umzugestalten", gesteht er, als wir eintreten und ihm bewusstwird, dass er mir hier mit einen Einblick in seine Jugend gewährt.
Auch hier wird seine Liebe zur Fotographie deutlich. An den Wänden hängen zahlreiche Fotos und im Regal liegen zwei ältere Kameramodelle.
Neugierig sehe ich mich um, während Jace unsere Tasche auf dem breiten Bett abstellt.
Auf seinem Schreibtisch liegt ein paar Boxhandschuhe und daneben steht ein Foto auf dem ein Mann seinen Arm um Jace Schultern gelegt hat. Es ist das einzige Foto im Raum auf dem Jace selbst mit drauf ist.
„Ist das dein Vater?", frage ich, weil die Ähnlichkeit nicht zu übersehen ist.
Jace tritt hinter mich und umarmt mich von hinten „Mmh. Das war nach einem meiner Baseballspiele", murmelt er und küsst meinen Nacken.
Ich lächle, als sein warmer Atem und seine sanfte Berührung mir eine Gänsehaut beschert.

Am nächsten Morgen werde ich vor Jace wach und betrachte ihn beim Schlafen.
Seine dichten Wimpern werfe Schatten auf seine Wangenknochen, seine Lippen sind leicht geöffnet, seine Brust hebt und senkt sich regelmäßig und seine Arme sind fest um meinen Körper geschlungen.
Ich versuche mich aus seiner Umklammerung zu lösen, weil ich wirklich dringend mal für kleine Mädchen muss.
Aber seine Arme sind unnachgiebig.
Stöhnend lasse ich mich wieder zurück in die Kissen plumpsen.
„Jace", sage ich leise, „Jace. Lass mich los."
Er grummelt etwas im Schlaf und zieht mich noch dichter.
„Uff", ächze ich.
Seine Mundwinkel biegen sich nach oben und jetzt weiß ich, dass er wach ist.
„Jace. Ich weiß ganz genau, dass du wach bist. Lass mich los. Ich muss mal aufs Klo", jammere ich und zwicke ihm in die Wange.
Verschlafen öffnet er die Augen und sieht mich schmollend an. „Aua!"
Ich lache und er lässt mich zum Glück los.

Nach meinem kurzen Ausflug ins Bad schmeiße ich mich wieder zu Jace aufs Bett.
„Gute Morgen", sage ich gut gelaunt und gebe ihm einen Kuss.
Eigentlich hatte ich es vor bei diesem einen Kuss zu lassen, aber Jace nimmt mich wieder in den Schwitzkasten und küsst mich weiter.
Ich muss grinsen.
„Du hast aber heute gute Laune", stellt Jace amüsiert fest.
„Ist das ein Problem?", frage ich neckend und stütze mich ein bisschen hoch.
Er schüttelt den Kopf. „Nee, überhaupt nicht. Aber das bringt mich auf eine Idee."
Er pikst mich in die Seite und ich kreische auf, als er anfängt mich zu kitzeln.
„Jace", lache ich, nach Atem ringend, „hör auf."
Er lacht nur und macht weiter.

Ein Klopfen an der Tür ist meine Rettung und kurz darauf ertönt Vickys Stimme.
„Darf ich reinkommen oder sehe ich dann etwas was ich nicht sehen will?", fragt sie und ich höre heraus wie lustig sie das findet.
Ich zupfe Jace T-Shirt, dass mir als Nachthemd dient zu Recht.
Jace, der noch immer über mir hockt, sieht mich fragend an und als ich nicke, ruft er: „Kannst reinkommen."
Vicky öffnet die Tür und sieht uns mit einem amüsierten Funkeln in den Augen an.
„Ich störe euch wirklich ungern, aber das Frühstück ist fertig und wir könnten eure Hilfe bei der Partyvorbereitung wirklich gebrauchen", sagt sie.
„Wenn Jace mich jetzt endlich aufstehen lässt, kommen wir gleich", antworte ich und will Jace in den Bauch piksen, aber der hat mit meiner Attacke gerechnet und hält meine Hand grinsend fest.

Wir frühstücken alle zusammen im Esszimmer. Annabelle und Jace schweigen sich an, was irgendwie komisch ist, weil die beiden sonst über alles reden können und ich hoffe wirklich, dass sie die Differenzen bald beseitigen können.
Danach teilen wir uns auf. Wir Frauen werden in die Küche „verbannt". Da das Essen aber von einem Cateringservice gebracht wird, haben wir kaum etwas zu tun.
Wir stellen Teller, Besteck und Gläser bereit, die wir teilweise auch noch aus dem Keller holen müssen.
„Glaubst du, es war eine schlechte Idee, Jeremy mitzubringen?", fragt Annabelle mich, als wir die Kellertreppe wieder hoch gehen.
Ich schüttle den Kopf. „Wenn du gerne möchtest, dass er hier ist, dann ist es dein gutes Recht ihn einzuladen. Allerdings kenne ich auch nicht die gesamte Geschichte, Anna. Viel kann ich dazu also nicht sagen!"
Sie seufzt. „Ich mag ihn wirklich, das habe ich schon immer und er ist ganz anders als früher. Ich möchte ihm noch einmal eine Chance geben."
„Vor mir brauchst du dich nicht zu rechtfertigen", beruhige ich sie und schenke ihr ein aufmunternes Lächeln.
Als wir das Wohnzimmer durchqueren werde ich von Jace aufgehalten, der eigentlich mit Noah die Musikanlage aufbauen sollte.
Er küsst mich kurz. „Bist du gleich fertig?", fragt er hoffnungsvoll, während Anna an uns vorbeigeht.
„Ich weiß nicht genau was noch alles gemacht werden muss, aber ich denke schon, warum?"
„Ich möchte dir gerne das Haus und das Grundstück zeigen", erklärt er.

Das Haus ist riesig. Die meisten Schlafzimmer befinden sich im ersten und zweiten Stock. Allerdings gibt es im zweiten Stock auch noch eine kleine Bibliothek mit zwei Schreibtischen zum Arbeiten.
Im Erdgeschoss gibt es neben den typischen Zimmer (Wohn-, Esszimmer und Küche) auch noch ein Hobbyzimmer mit zwei großen Fernsehern vor denen mehrere Spielkonsolen liegen, einem Kicker, einem Billardtisch, einer Tischtennisplatte, die allerdings zur Zeit zusammengeklappt ist, weil es sonst nicht genug Platz gäbe und eine Dartscheibe.
Im Keller kommt dann das Beste. Über eine seperate Treppe, nicht die, die Anna und ich eben benutzt haben, geht es runter zu einem kleinen Schwimmbad.
Im Vorraum, der durch einen bogenfömigen Durchgang von eigentlichen Bad getrennt ist, gibt es zwei Bänke, auf denen man seine Sachen ablegen kann.
Wir ziehen unsere Schuhe aus und laufen barfuß zum Becken.
Staunend sehe ich mich um.
Im hinteren Teil führt eine Tür zu zwei Duschen und einer kleinen Sauna, aber ich bleibe am Beckenrand stehen und als Jace neben mich tritt kann ich nicht wiederstehen und schubse ihn ins Wasser.
Er versucht noch nach mir zu greifen, aber ich springe zurück und weiche im nächsten Moment lachend den Spritzern aus.
Prustend taucht Jace wieder auf und schüttelt sich das Wasser aus den Haaren.
Ich stehe am Rand und kann mich gar nicht mehr halten vor Lachen. Vor meinem inneren Auge sehe ich immer und immer wieder Jaces erschrockenen Gesichtsausdruck.
„Du kleine Hexe", schimpft er ohne wirklich wütend zu sein. Auffordernd hält er mir seine Hand hin. „Dann zieh mich wenigstens raus!"
Ich schüttle den Kopf. So blöd bin ich nicht. „Als ob! Du willst mich doch nur reinziehen", lache ich.
Sein Grinsen wird breiter und seine Augen funkeln unverschämt. Er drückt sich am Beckenrand hoch. Sein Hemd klebt an seinem Körper und ich genieße den Anblick.
„Damit hast du tatsächlich Recht", sagt er. Etwas in seiner Stimme lässt mich aufhorchen, aber es ist bereits zu spät. Mit zwei schnellen Schritte hat er mich erreicht und umschlingt mich mit seinem nassen Körper.
„Jace", kreische ich und höre sein raues Lachen an meinem Ohr.
„Rache ist süß, Baby", haucht er, wirbelt uns beide herum und schmeißt sich mit mir zusammen zurück ins Becken. Mein Schrei wird von dem Wasser gedämpft, dass mir direkt in Mund und Nase dringt.
Nach Luft schnappend tauche ich wieder auf, Jace dicht neben mir.
„Das war nicht nett", tu ich beleidigt.
Er lacht. „Du hast es dir nicht anders verdient."
Das Becken ist nicht tief und Jace kann ihr gerade so stehen, während ich strampeln muss.
„Komm her, du Zwerg", erbarmt er sich und zieht mich an sich.
Meine nassen Haare hängen in Strähne platt herunter und das Wasser läuft uns über die Gesichter.
Ich verfolge einen Tropfen, der von Jaces Unterlippe perlt.
Er beugt sich vor und küsst mich. Es fühlt sich intensiver an als sonst. Vielleicht liegt das an dem Wasser.
Ich schlinge meine Arme um seinen Nacken und dränge mich näher an ihn ran.
„Wenn nicht meine Geschwister oben auf uns warten würden, würde ich dich jetzt hier und jetzt im Wasser nehme", knurrt er an mein Ohr, nachdem er sich von mir gelöst hat. Als Beweis beißt er mir in den Hals und verpasst mir mal wieder einen Knutschfleck.
Na ganz toll, Jace. Muss du wieder dein Revier makieren, denke ich, kann aber einen Stöhnen nicht unterdrücken.

Notdürftig trocknen wir uns ab und laufen dann, unsere Schuhe in der Hand, nass nach oben.
Im Wohnzimmer begegnen wir ausgerechnet Matthew und Jolena. Mir schießt die Röte ins Gesicht.
„Was habt ihr denn gemacht?", fragt Matthew mit väterlicher Stränge.
„Es ist Jaces Schuld", sage ich im gleichen Moment, als Jace sagt: „Sophia ist schuld."
Jolena lacht und auch Matthews Mundwinkel biegen sich schmunzelnd nach oben.
„Zieht euch um. Wir wollen Mittagessen."

SophiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt