Mein Kopf schmerzte. Ich öffnete meine Augen und kniff sie sofort wieder zusammen. Es war hell. "Nelda?" Thorin klang ziemlich besorgt. "Mir geht es gut. Denke ich..." Ich versuchte nochmal meine Augen zu öffnen, und diesmal gelang es mir. Ich erkannte Bilbos fürsorgliches Gesicht über mir. Er reichte mir eine Hand und zog mich auf die Beine. Schwankend blieb ich stehen. "Danke." Ich blickte mich um. Alle Zwerge standen um uns herum und auch Gandalf war wieder zu uns gestoßen. "Wo sind die Trolle?" Der Zauberer deutete hinter mich. Ich drehte mich und erkannte drei hässliche Steinstatuen. "Sonnenlicht!" "Sehr richtig", Gandalf nickte. "Wir haben die Höhle gefunden!" Dwalin kam zu uns gerannt, gefolgt von Gloin. Wir folgten den Beiden und betraten die dunkle Höhle. Es stank fürchterlich. "Nelda?" Eine Hand legte sich auf meine Schulter. Ich blickte mich um, und sah direkt in Thorins eisblaue Augen. "Seid ihr sicher, dass ihr schon wieder laufen solltet. Schließlich wart ihr bewusstlos." "Ihr könnt mich ja tragen, falls ich zusammenbreche." Thorin hob eine Augenbraue. Ich ließ ihn stehen und sah mich etwas um. Alles war alt und dreckig. Gandalf fand Elbenklingen, die ich mir näher ansah. "Sie haben schon viele Schlachten gesehen, soviel steht fest. Ihr werdet kaum bessere Schwerter finden." Gerade wollten wir die Höhle wieder verlassen, als mich Thorin am Arm festhielt. "Ich habe das hier gefunden, und gedacht, dass es euch vielleicht gefällt." Er hielt mir seine geöffnete Hand hin. In ihr lag ein Band aus Leder. "Was soll ich damit anfangen?" "Mir ist aufgefallen, dass ihr eure Haare immer genervt nach hinten streicht. Hiermit könnt ihr sie zurückbinden." Er hatte mich beobachtet? Bei dem Gedanken wurde ich etwas rot. "Vielen Dank." Ich nahm ihm das Band ab und fasste meine Haare zusammen. Tatsächlich gelang es mir, einen Zopf zu binden. "So ist es wirklich besser." Thorin starrte mich an. "Es steht dir." "Danke." Ich lächelte unsicher. Thorin schaute mir tief in die Augen. "Nelda..." Er wurde von Dwalin unterbrochen: "Thorin? Beeile dich!" Ich drehte mich um und lief nach draußen, gefolgt von Thorin. Alle Anderen, bis auf Bilbo, der ein Schwert in der Hand hielt, waren schon im Wald verschwunden. Zusammen mit dem Hobbit rannten wir den Anderen hinterher. Gerade als wir sie eingeholt hatten, blieben sie stehen und ich rannte in Bofur. Glücklicherweise hielt er mich am Arm fest, bevor ich fiel. Es raschelte im Gebüsch. Rasch griff ich nach meinem Schwert. Dann brach einen Art Schlitten aus dem Wald, gezogen von... Kaninchen? Gandalf begrüßte den Mann, der dieses Gefährt lenkte. Klar, dass die Beiden sich kannten. Zauberer sind doch alle gleich. Obwohl die Vorstellung von Gandalf auf so einem Schlitten schon lustig wäre. Ich grinste und Bilbo sah mich fragend an. Ich schüttelte den Kopf und folgte wieder dem Gespräch der beiden Zauberer. "Das ist Radagast der Braune", stellte Gandalf ihn gerade vor. "Der Grünwald ist krank, Gandalf. Ich habe riesige Spinnen gesehen und sie kommen alle aus Dol Guldur", rief Radagast auch sofort aufgeregt. "Die alte Festung? Die ist doch seit Ewigkeiten verlassen." Radagast schüttelte heftig den Kopf. "Nein, etwas Böses lebt in dieser Festung. Jemand, der die Toten heraufbeschwören kann. Die Menschen sprechen von einem Nekromanten." Gandalf sah ich ihn ungläubig an. Der braune Zauberer zog einen länglichen Gegenstand aus seiner Tasche. Es war in ein Tuch gehüllt. Vorsichtig löste Gandalf das Tuch. Fast ließ er es fallen und ich konnte ein Blick auf den Gegenstand erhaschen. Es war ein Schwert. Uralt. "Das stammt nicht von den Lebenden", flüsterte Radagast. Plötzlich durchzog ein Heulen die Stille und wir zuckten zusammen. "Warge!" Thorin hatte sofort nach seinem Schwert gegriffen. "Sie sind hinter euch her", schlussfolgerte Radagast, "ich werde sie weglocken." "Das sind Gundabad-Warge. Sie werden dich einholen", bemerkte Gandalf aufgebracht. "Und das sind Rhosgobel-Kaninchen. Die sollen es ruhig mal versuchen." Radagast grinste.
Gesagt, getan. Wir rannten los, während die Orks von Radagast abgelenkt wurden. Wir rannten und rannten. Als Elbe hatte ich einen Vorteil gegenüber den Zwergen und lief an der Spitze. Immer wieder mussten wir in Deckung gehen, damit unsere Verfolger uns nicht sahen. Einmal wären wir fast entdeckt worden, hätte Thorin mich nicht im letzten Moment zur Seite gezogen. Schwer atmend lehnten wir an einem großen Felsen, als ich etwas hörte. "Da ist ein Warg", wisperte ich. Jetzt hatten ihn auch die Zwerge bemerkt. Thorin gab Kili ein Zeichen. Leise spannte er seinen Bogen und in einer fließender Bewegung erschoss den Ork. Er gab ein hässliches Geräusch von sich und ich war sicher, dass es auch die anderen Orks gehört hatten. Der Warg hingegen sprang auf Ori zu. Er hatte keine Zeit zu reagieren. Ich zog meine Schwerter und mit zwei Bewegung erschlug ich das Tier. Leider hatte ich Recht mit meiner Vermutung. Die übrigen Orks kamen immer näher. "Wo ist Gandalf?" schrie Bilbo. Ich sah mich um. Der Zauberer war verschwunden. "Er hat uns verlassen", rief Thorin wütend. "Nein, er ist dort drüben", schrie ich. "Hierher, ihr Narren", hörten wir ihn jetzt auch laut rufen. Ich warf Thorin einen Blick zu und er nickte. Die Zwerge rannten los, während ich die herankommenden Orks aufhielt. Neben mir schoss Kili Pfeil nach Pfeil auf die Kreaturen. Gerade war der letzte Zwerg in die Felsspalte gesprungen. Nur noch Thorin, Kili und ich standen hier und kämpften. Jetzt lief der junge Zwerg los und verschwand ebenfalls. "Komm schon, Nelda!" Ich lief zu dem Zwerg, nicht ohne einen weiteren Warg zu töten. "Nelda!", schrie Thorin wütend. Ich musste noch ein ziemliches Stück zurücklegen und es kamen immer mehr Orks. Thorin stand jetzt neben mir und half mir die Biester zurückzuschlagen. "Denkst du nicht, ich könnte mich alleine verteidigen?" fragte ich. In diesem Moment sprang ein Warg auf mich zu und Thorin konnte mich im letzten Moment nach unten ziehen. "Offensichtlich nicht." Er lag über mir und grinste. "Ausnahme." Er rappelte sich auf und zog mich an der Hand nach oben. Wir rannten das letzte Stück Hand in Hand. "Los, spring schon!" "Ich lass dich hier sicher nicht alleine." "Ich komme gleich nach." Typisch Zwerg. Wieso müssen sie immer so dickköpfig sein? Ohne zu Zögern griff ich nach Thorins Arm und zog ihn mit mir. Er fluchte. Zusammen rutschen wir die Wand nach unten und landeten bei den Anderen. "Na endlich, wir dachten schon es wäre etwas passiert", sagt Balin. "Anscheinend schon", Fili stieß seinen Bruder an und Beide kicherten. Ich verdrehte die Augen und Thorin warf den Beiden böse Blicke zu. Plötzlich ertönte ein Horn. Ich hörte Hufgetrappel und dann zischten Pfeile. Ein Ork, getroffen von einem langen Pfeil, fiel in die Spalte direkt vor unsere Füße. "Tot", kam es von Oin. "He, der Weg geht weiter!" Ich hörte Dwalin von weiter entfernt rufen. "Folgen wir dem Pfad?" "Natürlich folgen wir ihm." Kili lief an mir vorbei. Nach und nach betraten alle Zwerge den schmalen Weg. Hinter mir liefen nur noch Gandalf und Bilbo. "Etwas ist anders hier", bemerkte der Hobbit. "Kannst du es spüren?" fragte der Zauberer. "Ja." "Es ist Magie, oder?" Ich drehte mich im Laufen um. Gandalf nickte. "Ein sehr mächtiger Zauber." Ich blickte nach oben. Um uns war harter Fels und weit über uns der blaue Himmel. "Dort vorne ist etwas!" Dwalins Stimme drang bis zu uns und wir beschleunigten unsere Schritte. Vor uns wurde der Weg breiter und endete plötzlich auf einem erhöhten Fels. Vor uns lag ein wunderschönes Haus. Wasserfälle flossen und unter unseren Füßen plätscherte ein kleiner Bach. Es war so wunderschön und friedlich. "Du hattest es von Anfang an geplant." Thorin war wirklich wütend. "Du hast uns zu unseren Feinden geführten." "Feinde gibt es hier nicht, Thorin Eichenschild. Der einzige Groll, den man in diesem Tal findet, ist der, den man selbst hegt." Bilbo sah sich mit großen Augen um. "Imladris", erklärte ihm Gandalf, "das letzte westliche Haus der Elben vor dem Meer. Doch viele kennen es unter einem anderen Namen." "Bruchtal", murmelte ich. Gandalf nickte. Thorin grummelte immer noch wütend, als wir uns dem Eingang näherten und von einem hübschen Elben begrüßt wurden. Er erklärte Gandalf und mir, dass Lord Elrond ausgeritten sei. Genau in diesem Moment hörten wir Hufgetrappel und ein Dutzend Elben ritten in den Vorhof. Sofort griffen die Zwerge zu den Waffen und stellten sich Rücken an Rücken. Die Elben ritten einen engen Kreis um die Zwerge und Bilbo. Gandalf, Lindir der Elb und ich konnten uns ein Grinsen nicht verkneifen. Die Zwerge verstanden natürlich nicht, das die Elben sie nicht angreifen wollten. Einer der Elben stieg von seinem Pferd und kam auf uns zu. Als er seinen Helm abnahm, wusste ich auch, wer er war. Lord Elrond, der Herr von Bruchtal. Er begrüßte Gandalf freundlich, dann huschte sein Blick zu mir. Für eine Sekunde stand ihm Verwunderung ins Gesicht geschrieben. Aber sofort hatte er sich wieder im Griff und neigte leicht den Kopf. "Es freut euch in Bruchtal begrüßen zu dürfen, Milady." "Die Freude ist ganz meinerseits." "Dürfte ich wohl euren Namen und euer Begehr erfahren." "Das mit dem Namen dürfte sich als schwierig gestalten und unser Begehr wird euch Gandalf sicher erläutern." Elrond sah etwas verwirrt aus, deshalb fügte ich hinzu: "Ich werde Nelda genannt, doch meinen echten Namen kenne ich nicht." Verständnisvoll nickte Elrond und sagte: "Ihr seid herzlich zum Essen eingeladen." Sofort begannen die Zwerge zu rufen: "Ist das eine Drohung? Was will er damit sagen?" Ich wunderte mich. Normalerweise brauchte man nur Essen sagen, und die Zwerge hatten alles Andere vergessen. Thorin sah mich fragend an, da fiel mir ein, dass sie kein Elbisch konnten. "Lord Elrond hat uns zum Essen eingeladen", klärte ich sie auf. Murmelnd berieten sich die Zwerge. Könnten Blicke töten, wäre Elrond gerade tausend Tode gestorben. Endlich grummelte Dwalin: "Wenn das so ist, geht voran."
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Das Mädchen ohne Vergangenheit
FanfictionThorin Eichenschild, der König unter dem Berge, plant ein Abenteuer. Er will, zusammen mit dreizehn Zwergen, einem Hobbit und einem Zauberer, seine Heimat, den Erebor, zurück erobern. Als er ins Auenland reist, findet er im Wald eine junge Frau. Si...