Laut hallten meine Schritte durch den Flur, begleitet von meinem keuchenden Atem. Fast hatte ich es erreicht, fast war ich am Ende des Weges. Nur noch wenige Meter trennten mich von dem sicheren Büro des Direktors. Doch hinter mir hörte ich schon den Aufprall vom Anfang der Falle, immer mehr viel raschelnd und rauschend zu Boden und landete schließlich klirren auf dem dunklen Parkett. Und dann war ich an der Reihe. Das schwere Gewicht des Metalls riss mich von den Füßen. Dumpf prallte mein Körper auf dem Holz auf und ein stechender Schmerz durchzuckte meinen Arm. Immer noch schwer atmend blieb ich liegen, als ich plötzlich das Gefühl hatte, in Flammen zu stehen. Meine Glieder brannten und die Ketten bohrten sich zischend in mein Fleisch. Rauch stieg aus den Wunden empor und ich konnte ein Schreien nicht mehr länger unterdrücken. Schrill und laut verließ er meine Kehle und weitere folgten. Schreiend und schluchzend wand ich mich auf dem Boden, immer tiefer gruben sich die Glieder des Netzes in meine Haut und in mein Fleisch, sie schlangen sich um meine Arme und Beine und zerstörten auch hier alles, was sie berührten. Lange würde ich es nicht mehr aushalten. Schon jetzt tanzten immer wieder schwarze Flecken vor meinen Augen und auch meine Schreie wurden immer leiser und schwächer. Doch ein Geräusch ließ den letzten Funken Hoffnung in mir nicht erlöschen: Schritte. Irgendwo in einem der Gänge in der Nähe war jemand. Dumpf und leise pulsierte das Geräusch an meinem Ohr lenkte mich von den unheimlichen Schmerzen ab, die mir sogar die Kraft zum Schreien raubten. Das letzte was ich hörte, bevor mich mal wieder die Schwärze der Bewusstlosigkeit umhüllte, waren die Schritte, die anfingen zu rennen. Mühsam versuchte ich meine Augen zu öffnen und die Schmerzen und die Übelkeit weg zu blinzeln. "Schätzchen! Du bist ja aufgewacht. Was machst du nur immer für Sachen?", hörte ich die besorgte Stimme von Miss Rose. "Wer hat mich hierher gebracht?", fragte ich sie neugierig und ohne auf ihre Frage einzugehen. Dann bemerkte ich, dass ich keine Schmerzen verspürte, obwohl es Kupfer gewesen ist, dass mich so übel zugerichtet hatte. "Und was ist mit meinen Wunden?" "Immer mit der Ruhe, Fräulein. Wer dich hierher gebracht hat darf ich dir nicht sagen und deine Wunden konnte ich fast vollständig heilen. Aber eben nur fast, da das Netz aus Kupfer bestand. Aber außer ein wenig Schorf auf allen Brandverletzungen ist nichts mehr zu sehen", verkündete sie mir stolz. Ein Netz aus Kupfer, so groß, dass man es einen ganzen Gang lang aufhängen konnte. Wo bekam man sowas her? Und wer hatte gewusst, dass Werwölfe kein Kupfer vertragen? Die Feen mit ihrer Allergie zu Eisen waren ja auf der ganzen Welt bekannt, aber die anderen Arten eher weniger. Engel vertrugen keinen Zinn, Hexen keine Bronze und Vampire kein Weißgold, nur normales. Aber auch das wusste so gut wie keiner, außer eben Ranghöhere in der Regierung und dem Rat der Ältesten. "Welche Stunden habe ich eigentlich wieder verpasst?", wollte ich nach einer Weile wissen. "Die letzten Beiden. Also Mathe und Bio. Das Mittagessen fängt gleich an und da ich dich so gut heilen konnte, würde ich dich entlassen. Aber nur, wenn du mir versprichst, nie wieder aus der Station auszubrechen, verstanden? Das letzte Mal habe ich noch mal ein Auge zugedrückt, nachdem du niedergeschlagen wurdest", sagte sie und schaute mich streng an. "Ich verspreche es ihnen und jetzt habe ich Hunger", meinte ich ernst, hüpfte aus dem Bett und machte mich auf den Weg in den Speisesaal. Ich wusste, dass ich immer noch ziemlich grauenvoll aussah, da Miss Rose nur die Wunden heilen, aber nicht verschwinden lassen konnte. Dass die Anderen das auch so sahen, wusste ich spätestens jetzt, da mich der gesamte Speisesaal anstarrte. Vor allem der Blick von Chloe war so durchdringend, dass ich wegsehen musste. Auch Kelly starrte mich ziemlich eigenartig an, während meine Freundinnen eine sehr besorgte Miene aufgesetzt hatten. Ich lächelte ihnen zu und begab mich dann zur Essensausgabe. Wenigstens heute gab es was anständiges, wenn man mal Brot und Marmelade absah. Dankend nahm ich den vollen Teller entgegen und steuerte auf unseren Stammtisch in der Ecke zu. "Was hast du denn schon wieder angestellt? Langsam habe ich das Gefühl, du willst nur so viele Stunden wie möglich verpassen", fragte mich Zoe neugierig und blickte mich aus ihren sturmgrauen Augen erwartungsvoll an. Ihre dunkelblonden, fast hellbraunen Haare hatte sie heute mal zu einem Zopf gebunden. Generell fiel mir jetzt erst auf, wie hübsch sie eigentlich alle waren. "Es gab schon wieder einen Vorfall. Insgesamt habe ich irgendwie das Gefühl, dass es jemand auf mich abgesehen hat", beantwortete ich ihre Frage. "Was ist denn passiert? Du siehst nämlich echt übel aus. So schlimm, dass sogar Chloe lieber dich anstarrt, als sich auf ihr Essen zu konzentrieren", meinte Daria, charmant wie immer. "Nichts Besonderes eigentlich. Habe nur ein wenig mit einem Kupfernetz herum gespielt und ein bisschen gute, frische Luft in der Krankenstation geschnappt. Und ihr?", sagte ich so beiläufig wie möglich und stocherte mit meiner Gabel im Kartoffelbrei herum. "Bitte? Du hast mit Kupfer herum gespielt? Ich habe dich echt für schlauer gehalten." Alle am Tisch hörten auf zu essen und starrten Lora an, die mit einem ziemlich arroganten Blick in die Runde schaute und schließlich aufstand. Hoch erhobenen Hauptes stolzierte sie zur Essensrückgabe und dann aus der Tür. Verwirrt blickten wir ihr hinterher und immer noch herrschte Stille, bis Rosetta sich räusperte. "Was war das denn gerade?", wollte sie wissen. "Wenn ich eine Ahnung hätte, hätte ich sie euch mitgeteilt. War sie in der Pause auch schon so seltsam?", fragte ich die Anderen. "Irgendwie schon. Vielleicht, weil wir alle schon unsere Gaben haben und sie noch nicht", mutmaßte Daria. Ich nickte und wandte mich wieder meinem Essen zu. Nach und nach fing auch der Rest des Tisches wieder an, sich den Bauch vollzuschlagen. Erst als ich schon fast fertig war, fiel mir etwas an Darias Worten auf. "Alle? Aber Zoe hat sie doch auch noch nicht", stellte ich leicht verwirrt fest. "Ich habe meine in Bio entdeckt", sagte der Engel stolz und sah mich mit leuchtenden Augen an. Ich lächelte ebenfalls. "Das ist ja toll. Welche besitzt du denn?" "Die Gabe der Geschichte. Immer wenn ich Leute lange genug berühre, erfahre ich alles über sie und ihre Vergangenheit. Jedes kleinste Geheimnis und Vergehen. Einfach alles.", berichtete sie aufgeregt und mein Lächeln bekam einen kleinen Dämpfer. Wenn ich nicht wollte, dass meine Kindheit und Vergangenheit ans Licht kamen, durfte mich Zoe nie wieder lange berühren wie Umarmen oder so. "Oh, wow. Das ist ja eine richtig tolle Gabe", presste ich heraus und konzentrierte mich schnell wieder auf die Erbsen vor mir. Diese kleinen, runden, grünen und leckeren Biester wollten sich einfach nicht aufpieksen lassen von der Gabel. Frustriert seufzte ich auf und nahm schließlich das Messer zur Hilfe, um sie auf die langweilige Variante zu essen. Nach einiger Zeit waren wir alle fertig und standen auf, um das schmutzige Geschirr zurück zu bringen. Vor der Tür musste ich mich schon wieder von meinen Freundinnen trennen. Jeden Mittwoch musste ich auch nach dem Sanguis-Dolch sehen. Mit der Ausrede, nochmal auf die Krankenstation zu müssen, machte ich mich auf den Weg, um meinen speziellen Weg zu nehmen. Der bestand eigentlich hauptsächlich daraus, irgendwelche Decken und Wände zu durchqueren, damit mir niemand folgen konnte. Der Raum, in dem der Dolch lagerte, hatte zwar eine Tür, die ich aber aus Sicherheitsgründen auch nicht benutzen durfte. Nachdem ich alles überprüft, und wenn nötig ausgebessert hatte, machte ich mich wieder auf den Rückweg. Unten in der Eingangshalle dämonenverschont angekommen, drückte ich gerade die schwere Glastür auf, um nach draußen zu gehen, als ein Schatten auf mich fiel. "Wo warst du und was hast du gemacht?", flüsterte mir eine Stimme ins Ohr. Meine Nackenhaare stellten sich auf und eine Gänsehaut zierte den Bereich zwischen meinen Schultern. "Ich wüsste nicht, was dich das angeht" , zischte ich, dann drehte ich mich um.
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Academy of immortal Beings /ABGEBROCHEN!/
FantasyAbgebrochen!!! Vertraue niemandem, wenn du dir nicht sicher bist, ob er Feind oder Freund ist. Denn der Schein kann trügen... Vor vielen hundert Jahren versuchte Lucifer, die Menschen- und die Unterwelt zu vereinen. In ein riesiges Reich, dass nur...