Arizona

Kapitel 24: Abhauen

Ich war immer noch fassungslos darüber, dass mein Vater Homosexualität als Krankheit sah. Es wollte mir einfach nicht einleuchten, wie intolerant und zurückgeblieben ein Mensch sein konnte, die Liebe zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Menschen als Krankheit anzusehen. Seitdem ich denken kann, machte er immer wieder mal abwertende Bemerkungen zu Homosexuelle. Jedoch war mir nie bewusst, wie hoch das Ausmaß seiner Homophobie war.
Bewusst blieb ich, wie am Tag zuvor, den ganzen Tag in meinem Zimmer. Auch zum Essen ging ich nicht runter, obwohl ich mittlerweile großen Hunger hatte. Aber das war mir egal, denn lieber knurrte mir der Magen, als das ich mich mit meinem Vater an einen Tisch setzte. Also aß ich ein paar Kaubonbons, die ich noch in meiner Jackentasche hatte, und verbrachte die Stunden mit lernen und malen.
Irgendwann merkte ich, dass es in meiner Blase drückte und daraufhin versuchte ich mich, so leise wie möglich, aufs Klo zu schleichen. Doch ehe ich die Tür aufmachte, stand vor mir mein Vater. Als hätte er mir aufgelauert und nur drauf gewartet, dass ich das Zimmer endlich verließ. „Du tauchst also auch mal aus deiner Höhle auf?" fragte er. „Geh mir aus dem Weg Dad, ich muss auf Klo." forderte ich ihn auf und versuchte mich an ihm vorbei zu schlängeln. Jedoch ohne Erfolg. „Du gehst erst mal nirgendwo hin. Wir haben noch ein Hühnchen zu rupfen." „Ich werd dazu nichts mehr sagen, Dad." „Musst du auch nicht." sagte er. „Ich wollte dir nämlich nur mitteilen, dass du die ganze Woche beurlaubt bist." „Was, wieso? Die ganze Woche? Spinnst du? Ich hab bald meine Abschlussprüfungen. Eine Woche zu fehlen kann ich mir da nicht erlauben!" „Keine Sorge, ab nächster Woche kannst du ja dann wieder zur Schule. Aber auf eine neue Schule. Deine Mom und ich haben dich schon angemeldet. Ab nächster Woche, werden wir dich auch jeden Tag zur Schule fahren und abholen. Aber bis dahin bleibst du schön daheim, damit du auch ja nicht mit dieser Arizona in Kontakt kommst." Ich war starr vor Schock. Neue Schule? Jeden Tag Abholen? Das ging nicht. Er konnte mich doch nicht komplett kontrollieren und isolieren! „Was stehst du denn noch so da?" fragte er. „Mach schon, geh aufs Klo! Bevor deine Blase noch platzt." Dann ging er.
Ich lag nun seit 2 Stunden im Bett und dachte nur darüber nach, was ich machen sollte. Ich durfte mir das nicht gefallen lassen. Aber hier in diesem Haus, konnte ich nicht gegen ihn ankämpfen. Also überlegte ich mir etwas anderes. Ich musste abhauen.