Kapitel 23: Krankheit

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Es war 9:47 am Morgen als meine Mutter in mein Zimmer kam. „Rose? Was machst du denn noch hier? Müsstest du nicht längst in der Schule sein?" Ich schaute sie an und antwortete nicht. Ich wollte mit niemandem sprechen, weder mit ihr noch mit meinem Vater. „Hörst du nicht, Rose? Ich habe dich etwas gefragt." Ich schaute sie kurz an und steckte dann, meinen Kopf unter die Decke. „Das ist doch unmöglich!" hörte ich sie murmeln und dann ging sie aus meinem Zimmer hinaus.
Als sie weg war, stand ich auf, griff nach meinem Block und fing an zu zeichnen. Ich zeichnete Arizonas Gesicht. Ich hatte ihre wundervollen Augen, ihre unheimlich weichen Lippen und ihre unbeschreiblich süße Zahnlücke gemalt. Für einen kurzen Augenblick fühlte ich mich wohl und geborgen, weil ich wusste, dass ich Arizona hatte. In meinen Gedanken schwärmte ich von ihr, jedoch wurde ich schnell aus diesen gerissen, als mein Vater völlig wutentbrannt in mein Zimmer reinplatzte.
Er begann seine bekannte Predigt zu halten. „Lesbisch. Mein Kind. Das darf nicht sein. Du weißt doch, dass du mal Kinder kriegen musst? Dass du uns einen Enkel schenken musst? Das ist deine Pflicht als Frau! Hast du denn all die Jahre nichts von mir gelernt? Du hättest froh sein können, so viele Freiheiten von mir bekommen zu haben. Und was hast du stattdessen gemacht? Du bist mit einem Mädchen zusammengekommen. Mit dieser Hure! Ich hätte dich von Anfang an einsperren sollen und dich irgendwann mit 20 verheiraten sollen. So wie es sich eigentlich gehört."
Mir fiel es schwer, doch ich schwieg. Ich wollte einfach kein Wort mit ihm wechseln. Und überhaupt, hätte das auch gar nichts gebracht. Mein Vater war unglaublich zurückgeblieben und stur gewesen. Er war gestraft mit seiner eingeschränkten Sichtweise. Ich mein, wie konnte man es nur hassen, dass zwei Menschen sich liebten? Was war überhaupt, so falsch mit der Gesellschaft, dass man die Liebe zwischen zwei Menschen, so sehr verachtete? Ob Hetero- oder Homosexuell. Im Endeffekt kommt es doch auf die Liebe an. Darauf, dass diese zwei Menschen miteinander glücklich sind. Wie konnten das, mein Vater und so viele andere Menschen, nicht erkennen?
Ich ignorierte ihn also und zeichnete weiter, ohne ein Wort zu sagen, in meinem Block. „Gib mir dieses beschissene Ding!" sagte er und riss mir den Block aus der Hand. „Hast du da etwa deine Hure gezeichnet? Erst bist du lesbisch und danach auch noch so unverschämt. Das wird Konsequenzen haben, vertrau mir. Noch diese Woche werden wir nach einem Camp für dich suchen. Einem Camp, das dich wieder auf die richtige Spur bringt und deine Krankheit heilt."

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