09 - Panik

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Als meine Schwester Jessa gestern Abend nach Hause gekommen ist, habe ich mich auch vor ihr geoutet. Sie hat keinerlei Probleme damit und quietschte etwas in die Richtung „dann können wir ja jetzt zusammen shoppen gehen. Das machen Schwule doch." Manchmal ist sie echt naiv. Das haben wir vorher schon gemacht, und ja, das werden wir auch weiterhin tun.

Ich stehe aus meinem weichen, kuscheligen Bett auf und gehe duschen. Ich bin echt erleichtert, wie gut die Gespräche mit meiner Familie gelaufen sind.

Als ich das Esszimmer betrete, sitzt meine Mum schon am Frühstückstisch. „Morgen Mitch!". Ich wünsche ihr auch einen schönen Morgen und schenke mir Kaffee ein. Den habe ich ziemlich nötig, denn ich habe kaum geschlafen in Anbetracht dessen, was mir bevorsteht. Heute ist eine weitere Musicalprobe angesetzt und danach möchte ich mit Kirstie reden. Obwohl, möchten ist wohl zu viel gesagt. Ich muss wohl eher. Sie hat ein Recht darauf, es zu erfahren. Sie hat ein Recht darauf, nicht mehr mit mir zusammen zu sein. Ja, das hört sich komisch an. Aber wenn man es so betrachtet, dass ich ihr ihre Freiheit nehme, indem ich mit ihr zusammen bin.. Mit mir kann sie keine Zukunft haben. Früher oder später wird das mit uns in die Brüche gehen.

Ich kann ihr einfach nicht die Liebe schenken, die sie verdient hat. Ich kann ihr nicht die Zukunft bieten, die sie verdient hat. Sie wünscht sich ein Leben mit einem Hund, zwei Kindern und einem Haus hinter einem weißen Zaun in einer Kleinstadtsiedlung. Das perfekte kleine Leben. Und das kann ich ihr eben nicht bieten. Ich bin schwul, verdammt noch mal. Ich kann sie nicht so lieben, wie sie es verdient hat. Sie ist eine wunderbare Frau. Ich liebe sie. Für ihren Charakter und ihre quirlige Art. Ich liebe sie sehr. Aber ich weiß, dass es einen Mann geben wird, der sie mehr lieben wird, als ich es jemals begreifen kann. Der sie begehren wird, auch in körperlicher Weise, und der sie auf Händen tragen wird.

Ich esse mein Brot auf und verabschiede mich von Mum. Sie wünscht mir „viel Erfolg", den ich wirklich gebrauchen kann. Als ich oben im Bad ankomme und mir die Zähne putze, befällt mich Panik. Ich weiß, dass ich das richtige tue, wenn ich mich von Kirstie trenne, aber ich bin nicht bereit dazu, sie zu verlieren. Sie ist mein sicherer Hafen, ohne sie bin ich aufgeschmissen. Verloren, alleine. Ich fange an, zu hyperventilieren. Beruhig dich, Mitch. Beruhig dich! Ich kriege kaum noch Luft. Scheiße! Luft! Atmen! Atmen. Atmen. Die Luft wird immer weniger. Ich kann nicht anders, als mich auf den Boden zu setzen. Als mein Blickfeld schwarz wird, sehe ich, wie die Badezimmertür geöffnet wird.

Als ich wieder zu mir komme, sitzt Jenna neben mir und schreit nach meiner Mum. Als sie sieht, dass ich die Augen offen habe, kreischt sie: „Oh Gott, Mitch. Zum Glück bist du wieder da! Geht's dir gut?" Die Tür öffnet sich und Mum kommt ins Bad. „Mitch!", ruft sie, rennt zu mir und kniet sich neben Jenna auf den Boden. „Was ist passiert?", fragt sie. Jenna antwortet: „Als ich ins Bad gekommen bin, um zu duschen, habe ich gesehen, wie er umkippt. Ich konnte gerade noch so seinen Kopf halten." Mum streicht über meine Stirn. „Was war denn los, Kissyboy?" Ich antworte leise: „Ich habe Panik bekommen wegen dem Gespräch mit Kirstie, das noch ansteht. Und dann habe ich keine Luft mehr bekommen." Mum nickt: „Die klassische Panikattacke. Alles halb so wild. Du legst dich ins Bett und versuchst, noch eine Runde zu schlafen. Ich rufe deine Schule an, dass du für heute entschuldigt bist."

Aber Mum, ich muss mit Kirstie reden. Außerdem ist heute Musicalprobe. Ich habe eine Rolle. Ich kann nicht einfach fehlen." Mum guckt mich böse an. „Mitchell Coby Michael Grassi. Du bleibst heute zu Hause. Du hattest gerade eine Panikattacke. Keine Widerrede." Ich seufze. Wenn Nel mich mit vollem Namen anredet, habe ich keine Chance. Jenna guckt mich mitleidig an. „Mitch, ich weiß, das ist total wichtig für dich, aber Mum hat recht. Komm, ich helfe dir zum Bett." Sie stützt mich und mit ihrer Hilfe schaffe ich es, aufzustehen und zum Bett zu gehen. Ich lege mich hin. Eine gute Seite hat das Ganze: Ich kann den Schlaf aufholen, der mir heute Nacht verwehrt war.

Jenna sagt mir tschüss, denn sie muss zu Schule und dann gleite ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.


[Edit: #10.000 Wörter

Das 9. Kapitel und ich hab insgesamt jetzt schon über 10.000 Wörter geschrieben! Mega krass! Gebt mir einen Stern, wenn euch das Kapitel gefällt und hinterlasst mir einen Kommentar, wenn ihr Wünsche oder Anmerkungen habt!

Danke fürs Lesen!]

Ein Abschlussjahr ≠ 08/15 - Sup3rfruit FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt