Bereue niemals, der Tod wird kommen

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Der Tod.
Ich spüre ihn.
Tief gebeugt steht er über meinem Bett. Sie sehen ihn nicht, noch nicht. Denn er wartet noch. Wartet noch ein klein wenig.

Doch worauf?

Ich habe Angst.
Angst vor dem Unbekannten. Was erwartet mich? Sollte es doch einen Himmel, eine Hölle geben? Habe ich dem falschen Glauben mein Leben anvertraut? Ich werde es erst erfahren, wenn es zu spät ist. Wenn es zu spät sein könnte. Verbessere ich mich hastig. Zu hastig. Zu wenig überzeugt von meinen eigenen Gedanken.

Ich bereue.

Zitternd strecke ich die Hand nach ihnen aus.
Ihnen.
Den Menschen die mir etwas bedeutet haben. Sie sind verschwommen, ihre Tränen fallen wie merkwürdige Sternschnuppen auf das Laken. Sie weinen um mich, warum? Ich will ihnen sagen, dass ich sie geliebt habe, auch wenn ich es nie zeigte. Doch ich kann nicht. Meine Lippen gehorchen meinem Willen nicht mehr. Nie werden sie erfahren, was ich ihnen später hatte sagen wollen.
Später.
Nun ist es zu spät.

Ich erkenne.

Ich habe viel zu oft das Wichtige beiseite geschoben. Zu viel gewartet. Worauf? Frage ich mich nun. Darauf das etwas geschieht? Doch wie soll etwas geschehen, wenn ich mein Leben nicht selbst in die Hand nehme?
Dinge die mich damals aufhielten scheinen jetzt Lachhaft.
Ich habe mir selbst den Weg zum Glück verstellt. Immer und immer wieder.

Dinge die ich hätte tun wollen, hätte tun sollen. Die unerwartete Möglichkeit mir meinen großen Traum zu erfüllen und auszuwandern. Ich hatte gezögert, mir selbst erklärt, warum ich nicht gehen konnte. Die Gelegenheit war verstrichen. Immer und immer wieder hatte ich mich selbst gebunden. Gebunden an den Ort, an dem mich nichts hielt.

Ich suche.
Suche nach etwas, was ich in meinem Leben zufriedenstellend gemacht hatte. Ich versuchte mich an den Erfolg bei der Bank zu klammern, doch das alles kam mir entsetzlich unwichtig vor.
Ich habe mein Leben vergeudet. Vergeudet mit Dingen, die mich nie zufrieden gestellt hatten.

Mein letzter Wille? Ich muss sie warnen. Davor warnen, es nicht so zu machen, wie ich es getan hatte.
Ich versuchte Worte zu formen. Unverständliche Laute drangen aus meinem Mund.
Wut.
Wut und ein letztes Aufbäumen gegen das Unvermeidliche.
Endlich schaffe ich es, meine verbleibenden Kräfte zusammen zu raffen und die Worte auszustoßen.
"Lebt euer Le... euer Leben! Lebt es so, dass ihr nichts bereuen werdet....Versprecht es!"
Ich sacke zurück auf mein Kissen, mehr kann ich nicht tun.

Jetzt nicht mehr.

Das Lied der welken KirschblüteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt