"Wie war die Schule Lu?"Gelangweil stochere ich in meinem Mittagessen herum als der Fernseher verstummt. Das macht Mom immer wenn sie mit mir reden möchte oder wie ich es nenne ausfragen. Da ich keine Lust habe mich mit ihr zu unterhalten, starre ich auf den tonlosen Fernseher.
Nach einer Weile konnte ich mich doch noch zu einem "Wie immer." durchringen.
"Es muss doch etwas neues geben. Hast du Freunde gefunden? Ein Mädchen kennengelernt?" Heute war sie regelrecht verbissen auf dieses Thema obwohl ich ihr meine Standardantwort "wie immer" gegeben habe. Normalerweise lässt sie mich dann in ruhe, aber heute scheint sie einen Hintergedanken zu haben.
" Einige Schüler sind neu, einige sind noch da und einer davon ist sogar ein Evans."
"Ein Evans?"
"Ja die mit dem Immobilienholding." , entgegne ich während ich mir eine Gabel Nudeln in den Mund schiebe.
"Ich habe schon gehört, dass sie umgezogen sind. Dass sie aber ausgerechnet hier her kommen..."
"Auch Superreiche brauchen mal Privatsphäre. Ihr Leben ist wohl trotz der Menge Geld nicht einfach."
Nun starrt mich meine Mom ungläubig an. Was hat sie denn nun schon wieder?
"Du hast mit ihm gesprochen?" , fragte sie hoffnungsvoll.
Am liebsten wäre ich in schallendes Gelächter ausgebrochen, wie sie mich gerade ansah. Aber ich hielt meine kalte Fassade aufrecht.
"Die Klasse war vollkommen leise, also war ich dazu gezwungen mir seine leidvolle Geschichte anzuhören." , seufze ich.
"Und was ist mit Cori?"
Aha. Daher weht der Wind. War ja klar.
Sie will über den Toaster mit dem IQ im Minusbereich sprechen.
"Was soll sein?"
"Ist sie noch in deiner Klasse?"
"Ja."
Das war alles, was sie wissen musste. Innerhalb von 24h hat sie von der Party im Turnsaal erfahren und mich ins nächste Einkaufszentrum geschliffen um mich für die Party auszustatten. Um weiteren Fragen zu entgehen, erhöhe ich die Lautstärke des Fernsehers.
"Denkst du an deinen Termin heute?"
"Ja, ich werde daran denken."Um vier Uhr verlasse ich das Haus und schlendere in Richtung Innenstadt. Es ist immer noch heiß, weshalb ich meinen Hoodie durch ein T-Shirt von Bring Me The Horizon ausgetauscht habe. Die Luft steht still und ich fahre mir erschöpft durch mein schwarzes, strubbeliges Haar. Die Stadt ist ziemlich belebt. Viele Fußgänger sind unterwegs. Jedoch beachte ich sie nicht weiter und gehe direkt zu meinem Ziel.
"Hey! Ja du! Sind wir nicht in der selben Klasse?"
Verwirrt blicke ich mich um und sehe auf der anderen Seite der Straße einen Jungen mit flachsfarbenem Haar, welcher mir fröhlich zuwinkt. Er suchte eine Verkehrslücke um zu mir herüber zu kommen. Er grinst mich verschmitzt an. Ich versuche seine Geste zu erwidern, lasse es aber dann doch.
"Ich wusste, dass ich dich in der Klasse gesehen habe." , meint der Junge schließlich.
"Und woher weißt du das?" , frage ich gelangweilt. Überraschung! Es ist der Neuling Evans. Wer sollte auch sonst mit mir sprechen?"Ich kann mir Gesichter gut merken." , meint er daraufhin.
"Aha." , antworte ich knapp und wende mich zum gehen um, als er mich plötzlich am Handgelenk festhält.
"Warte mal! Ich bin Daven Evans und wie heißt du?"Als ich mich zu ihm drehe lächelt er mir freundlich entgegen und ich meine ernsthaftes Interesse erkennen zu können. Was passiert hier? Er kennt mich nicht mal. Wieso interessiert er sich für mich? Warum ignoriert er mich nicht so wie alle anderen auch?
"Lucien. Mein Name ist Lucien Carr. Wenn ich jetzt gehen dürfte, ich habe noch einen Termin."
"Was? Hier im Ärztehaus?", fragend sieht er in Richtung des Altbaus mit den Kastenfenstern. Das Gebäude fügt sich perfekt in die Umgebung der alten Innenstadt ein.
"Ja und ich möchte nicht zu spät kommen."Sanft entziehe ich mich seinem Griff und mache mich daran, das Gebäude zu betreten. Er ruft mir noch ein "Wir sehen uns morgen Lucien." zu ehe ich im Gebäude verschwand.
Der heutige Tag ist alles andere als normal."Lucien, wie war dein erster Tag in der Schule?" Wieso fragen mich alle danach? Schön langsam bin ich mehr als genervt. Ich muss ein Augenrollen meinerseits unterdrücken als ich antworte "Wenn es Sie so brennend interessiert gebe ich Ihnen die selbe Antwort wie meiner Mom. Wie immer."
Ich lasse meinen Blick durch den Raum schweifen. Ein großer Mahagoni Schreibtisch auf dem sich Unterlagen und Bücher stapeln steht vor mir. Dahinter sitzt mein Psychologe. Vincent Noél. Ein großgewachsener Mann jenseits der vierzig mit ergrautem Haar, welches für sein Alter noch ziemlich voll ist. Um uns herum reiht sich ein Regal an das nächste und alle sind vollgestopft mit Büchern zu verschiedenen Themen. Sozialpsychologie, Persönlichkeitsstörungen, und vieles mehr. Im Großen und Ganzen ein fader und öder Raum.
"Das war aber nicht alles, was sie gefragt hat nehme ich an?"
"Sie wollte wissen ob ich noch mit Cori in einer Klasse bin und ob ich schon einen Freund gefunden habe." , beichte ich. Es wäre vergebens ihm etwas zu verschweigen. Er weiß immer wenn ich etwas zu verbergen habe. Dass meine Mom auch nach einem Mädchen gefragt hat verschweige ich trotzdem, da ihn meine sexuelle Neigung nichts angeht.
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Vitae Teadet
Teen FictionMein Name ist Lucien Carr, bin 17 Jahre alt und besuche ein Gymnasium. Ich lebe ein mehr oder weniger normales und einsames Leben mit meinen Eltern. Ich habe keine Freunde und hatte auch nie welche. Wieso? Weil sie für mich so etwas wie Zeitverschwe...