Kapitel 11

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Mit einem mulmigen Gefühl im Magen ging ich durch die Gänge der Akademie. Wie bereits vermutet hatte ich in der Nacht nicht gerade viel Schlaf abbekommen. Auch wenn ich davor einen ziemlich entspannten Abend mit Kayla und meinem Bruder verbracht hatte. Im Bett begannen sich erneut meine Gedanken zu drehen und ließen mich nicht mehr in Ruhe. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich nun Damien gegenüber verhalten sollte. War seine Umarmung nur eine einmalige Sache gewesen? Hatte er das nur getan, damit ich mich nicht mehr so schlecht fühlte? Ich wusste es nicht. Und noch weniger wusste ich, wie ich ihn nun begrüßen sollte. Oder überhaupt, wie ich ihn ansehen konnte, ohne daran zu denken.
Mir die Schläfen massierend, ging ich auf meinen Klassenraum zu, blieb jedoch abrupt stehen, als ich durch die Glasscheibe der Tür blickte. Ohne es richtig zu steuern, wich ich schnell von der Tür und drückte mich an die Wand, nur um dann vorsichtig durch die Scheibe zu spähen.
In dem Moment fühlte ich mich, wie eine verrückte Stalkerin. Mein Herz pochte unkontrolliert in meiner Brust und mein Magen zog sich zusammen.
Damien saß an dem Flügel, während die dunkelhaarige Frau sich an diesen lehnte. Nadja. Die beiden unterhielten sich und lachten gemeinsam. Ihren Kopf hatte sie an der Handfläche abgestützt, während sie mit der anderen Hand leicht über den Flügel fuhr. Dieser Anblick warf mich ein wenig aus der Bahn. Es war eindeutig, dass Nadja mit ihm flirtete. Wer würde es nicht tun? Und es ließ sich nicht leugnen, dass es mich ein wenig störte.
Wie die beiden dort saßen - beziehungsweise wie Damien dort saß und sie dort stand. So ausgelassen, als würden sie sich schon Ewigkeiten kennen. Wie sie irgendetwas zu ihm sagte und beide anfingen zu lachen. Ich mochte diesen Anblick nicht. Die Musiklehrerin war eine schöne und ziemlich begabte Frau und je länger ich den beiden zusah, umso mehr krampfte sich meine Brust zusammen.
Mir auf die Unterlippe beißend, wandte ich den Blick von den beiden los und schüttelte den Kopf. Ich durfte mich von sowas nicht niederringen lassen. Dazu hatte ich kein Recht.

Tief durchatmend versuchte ich mich zusammenzureißen und stieß mich von der Wand ab, nur um dann durch die Tür zu schreiten.
>>Morgen<<, brachte ich lächelnd heraus und sofort wandten sich beide in meine Richtung. Meine Augen hafteten sich sogleich an Damien, der mich mit einem sanften Ausdruck musterte. Gleichzeitig sah er ein wenig nachdenklich aus, aber das ignorierte ich und blickte zu Nadja, die breit grinsend auf mich zukam.
>>Da bist du ja endlich. Ich habe schon befürchtet, dass du gar nicht mehr auftauchst.<< Ich breitete meine Arme demonstrativ aus.
>>Hier bin ich. Also, was ist los?<<, fragte ich lachend. Doch sogar für mich hörte sich das Lachen irgendwie falsch an.
Die Musiklehrerin schien es jedoch nicht zu bemerken und reichte mir einen Zettel, den sie in der Hand hielt. >>Hier. Die Liste von den Sachen, die du für die Bühne brauchst.<<
Ich nahm den Zettel entgegen und überflog ihn gleich. Es blieb nicht mehr viel Zeit für die Aufführung des Letzt Semesters, weshalb das Bühnenbild und die Kostüme endlich vorbereitet werden sollten. Schon vor einiger Zeit hatte ich alles aufgeschrieben, was ich für den Auftritt meiner Ältesten brauchen würde. Nun schien es der Rektor endlich abgesegnet zu haben.
>>Wunderbar. Ich danke dir<<, meinte ich nur und ging auf die Wand zu, um meine Tasche dort abzulegen.
>>Ich kann es kaum erwarten den Auftritt zu sehen. Damien hat mir gerade erzählt, dass er die Musikbegleitung sein wird. Ah, ich freue mich ja so. Es wird bestimmt ein voller Erfolg<<, träumte sie euphorisch vor sich hin. Ich aber versuchte das leichte Stechen in meiner Brust zu ignorieren, als sie von Damien sprach.
Leicht lächelnd sah ich sie an. Alles an mir wirkte in diesen Moment gezwungen. Mein Lächeln, meine verkrampfte Haltung. Einfach alles. Und ich mochte es nicht. So wie ich in diesen Moment war, war ich noch nie gewesen. Was war dieses mal also anders? Was war es, dass es dazu führte, mich so bescheuert zu verhalten?
Unwillkürlich wanderte mein Blick an den am Flügel sitzenden Mann, der mich noch immer nachdenklich musterte.
>>Also gut. Ich muss dann wieder. Viel Spaß<<, meinte Nadja plötzlich und ich riss mich von den himmelblauen Augen los, nur um zu beobachten, wie die Musiklehrerin den Raum verließ. Jedoch nicht ohne einen letzten Blick auf Damien zu werfen. Und erneut durchfuhr mich dieses Stechen, als ich das sah und automatisch ballte ich die Fäuste.
Kaum hatte sich die Tür geschlossen, rutschte der Sitz vom Klavier weg und ich hörte die schweren Schritte auf mich zukommen.
>>Du siehst erschöpft aus.<< Seine Hand legte sich unter mein Kinn, während er mein Gesicht genau beäugte. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, weshalb ich ihn einfach nur anschaute.
>>Es geht mir gut<<, erwiderte ich schließlich leise. Damien hob nur die Augenbraue hoch und ließ mich los.
>>Bestreite es nicht, Sel<<, erwiderte er und entfernte sich von mir. Schlagartig fehlte mir seine Wärme und ich wollte ihn zurückholen, doch er hob den Zeigefinger hoch und deutete mir zu warten, während er wieder zum Piano ging, um sich dort zu bücken.
>>Das schreit ja, nach einer doppelten Portion.<< Er richtete sich wieder auf und hielt plötzlich einen Kaffeebecher in der Hand. Diese Tatsache brachte mein Herz erneut zum rasen. Es war eigentlich ziemlich belanglos und doch bedeutete es mir seltsamerweise eine Menge.
Grinsend kehrte er zu mir zurück und reichte mir den Pappbecher rüber, den ich sogleich ergriff. Meine Laune war mit einem mal um einiges Besser und als ich dieses mal lächelte, wirkte es echt.
>>Mein Held<<, sagte ich verträumt und nahm einen großen Schluck. Der Kaffee war nicht mehr mehr so heiß. Was bedeutete, dass Damien hier bereits länger war als ich.
Genüsslich stöhnte ich auf und legte meinen Kopf in den Nacken. Doch als ich das raue Lachen vor mir hörte, bemerkte ich, was ich getan hatte und mein Kopf fing mit einem mal an zu glühen. Gott, wie peinlich!
>>So gefällst du mir besser<<, lachte er und das führte nur dazu bei, dass mein Gesicht nun zu brennen begann. >>Und jetzt los, du musst noch eine Klasse unterrichten.<<
Und wie aufs Stichwort, wurde die Tür geöffnet und die ersten meiner Schüler kamen rein. Ich begrüßte sie alle und stellte den Becher wieder ab. Die ganze Zeit über konnte ich mein Grinsen nicht mehr verstecken. Es war schon beinahe zum fürchten, was dieser Mensch mit mir so alles anstellte.

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