Kapitel 1

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Der Wind umspielte meine Haare, schleuderte sie mir ins Gesicht. Unter mir der fließende Fluss, in dem sich die Sonne spiegelte und das Wasser somit in einer unglaublich schönen Farbe erstrahlen ließ. Hinter mir überquerten die Autos mit einer unglaublichen Geschwindigkeit die Brücke, auf der ich stand.
Ich hörte das rauschen meines Blutes in den Ohren und mein ganzer Körper bebte wie verrückt. Mir war ganz heiß und meine Hände begangen zu schwitzen. Das Herz hämmerte nur so gegen meine Brust und drohte heraus zu springen. Ich schloss die Augen und sog die frische Luft noch einmal tief ein, ergötzte mich an dem Sauerstoff, der meine Lungen wie eine riesige Welle durchflutete. Wie von selbst breitete ich die Arme aus. Nur ein kleiner Schritt trennte mich von dem Abgrund, der sich unter mir erstreckte.
Ein letztes mal atmete ich tief durch und tat diesen letzten Schritt. Ein Schritt und ich fiel, während ein lauter Schrei meine Kehle verließ.
Ich öffnete die Augen und sah das Wasser auf mich zukommen. Sah bereits vor mir, wie ich eintauchte und mich die Strömung mitreisen würde.
Doch dann spannte sich das Gummi und stoppte meinen Aufprall. Es zog an meinen Fußgelenken, an denen es befestigt war und zog mich wieder zurück, nur um mich dann wieder fallen und dennoch ohne mich abstürzen zu lassen. Ich schrie und lachte aus voller Kehle, versuchte nach dem Wasser zu greifen, es jedoch nicht schaffte, da das Seil nicht lang genug war.
Das Adrenalin rauschte nur so durch meine Adern und ließ mein Innerstes kribbeln.
Gott, wie ich dieses Gefühl liebe!
Irgendwo über mir hörte ich die Jubelschreie und Rufe, die mich noch mehr lachen ließen.
Nun baumelte ich kopfüber unter der Brücke und merkte, wie mir das Blut zu Kopf stieg. Aber das machte mir nichts aus, denn um dieses berauschende Gefühl in mir zu spüren, würde ich es immer wieder tun. Es war der Rausch, der Kick nach dem ich mich so sehr sehnte.
Ob ich verrückt war? Definitiv. Lebensmüde? Vielleicht ein bisschen. Viele hielten mein Hobby für lebensmüde. Auch meine Eltern. Sie hassten es. Sie sagten ich wäre wahnsinnig und dass ich mich nur in den Tod stürzen würde. Vielleicht mochte es stimmen, doch ich war nicht blöd. Ich machte das ganze bereits mein halbes Leben lang und kannte die Risiken ganz gut. Ich war geübt darin und konnte die Gefahren bestens abschätzen, denn ich würde nie etwas tun, was nicht sicher war.
Naja, was sollte ich sagen? Extremsport war nun mal mein Leben und ich liebte es. Mit diesen Gedanken war ich nicht alleine und ich liebte die Leute, die diese Leidenschaft mit mir teilten. Sie waren die besten Freunde, die ich je hatte.
Cliff-Diving, Sky Surfing, Fallschirmspringen, ja sogar Eisschwimmen gehörten zu unseren Alltag. Und das waren gerade nur vier der Dinge, die wir bereits getan hatten. Letztes Jahr waren wir zum Beispiel Skifahren. Natürlich nur in den gefährlichen Gebieten. Es war der Hammer.
Zu fünft nutzten wir jeden Urlaub, um irgendetwas verrücktes zu tun. Hauptsache es brachte unser Blut zur Wallung. Wir waren bereits eine kleine Familie. Eine ziemlich verrückte Familie.

Lachend kehrte ich zurück auf die Brücke und wurde gleich in eine feste Umarmung gerissen.
>>Das war wieder mal unglaublich!<<, quiekte mir Kayla ins Ohr.
>>Sag mir, dass du das drauf hast.<<
Kayla ließ mich los und starrte mich verdutzt an. >>Machst du Witze? Natürlich habe ich es drauf.<<
>>Also eigentlich halte ich ja die Kamera fest.<< Ich richtete meinen Blick auf den Schwarzhaarigen hinter Kayla, der mich breit angrinste und die Kamera in die Höhe hielt.
Nick war einer meiner engsten Freunde. Ein Adrenalinjunkie, wie wir. Außerdem war er meistens auch unser Kameramann.
Er kam zu Kayla und mir und zeigte mir das Aufgenommene. Allein beim zugucken musste ich breit grinsen und sofort spürte ich wieder dieses Kribbeln in meinem Bauch.
>>Du bist der Wahnsinn, Selene<<, lachte Mika, der mit seiner Zwillingsschwester Mia zu uns kam. Die beiden waren zweieiige Zwillinge und doch hätten sie nicht unterschiedlicher sein können. Streit gehörte zu ihren Alltag. Nie waren sie sich bei etwas einig gewesen. Das einzige wobei sie einer Meinung waren, war der Extremsport.
Kayla kannte ich bereits seit der dritten Klasse. Wir beide teilten unsere Leidenschaft. Als wir gerade mal einen Satz miteinander gesprochen hatten, waren wir bereits auf der gleichen Wellenlänge gewesen. In ihr hatte ich meine zweite Hälfte gefunden. Bereits seit diesen Tag waren wir unzertrennlich gewesen.
Nick hatten wir kennengelernt, als wir beide das erste mal beim Bungee Jumping waren. Da waren wir gerade mal sechzehn gewesen. Er war zwei Jahre älter als wir und damals war er dabei gewesen, den Sprung zu wagen. Es war Kayla's und mein erstes mal. Wir beide waren total aufgeregt gewesen, aber Nick hatte uns die Anspannung mit seiner lockeren und witzigen Art sofort genommen.
Mit Nick kamen dann auch Mia und Mika. Die drei kannten sich nämlich bereits, als Kayla und ich quasi dazu stießen. Je mehr Zeit wir fünf miteinander verbracht hatten, umso mehr wuchs unsere verrückte Freundschaft. Und nun, nach zehn Jahren waren wir beinahe unzertrennlich. In den zehn Jahren, in denen sich unsere Gruppe kannte, hatten wir verdammt viel erlebt. So viel, dass ich das alles gar nicht mehr aufzählen konnte.
>>Der perfekte Start in den Monat<<, grinste ich meine Freunde an, die mir zustimmend nickten und wir alle einklatschten.
Also die Sache war die. Zu Beginn jeden Monats, trafen wir uns auf dieser Brücke und sprangen in die tiefe. Vor zehn Jahren, am ersten Juli, hatten wir vier uns das erste mal auf dieser Brücke getroffen. Fragt mich nicht warum, aber irgendwie war das bereits zu einer Tradition geworden, nur das wir den Sprung mittlerweile jeden Monat durchzogen. Es war eine Art Zeichen. Ein Zeichen, das für unsere starke und unzertrennliche Freundschaft stand.
>>Das schreit nach einem Drink!<<, rief Mia laut aus und Nick stimmte gleich mit ein.

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