Bücherregal Gespräche

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Ich fragte die Jungs aus und gab dabei vollgas. Ob sie überhaupt alle meine Fragen beantworten wollten oder eine Frage zu unangenehm war, das interessierte mich recht wenig.

Am meisten interessierte mich aber der Fakt, dass die beiden freiberufliche Musiker waren und sogar ihre eigenen Texte schrieben. So viel Kreativität hätte ich zumindest Yoongi nicht zugetraut aber ihn scherrte es scheinbar auch nicht, was ich über ihn dachte, denn über meine fragenden Kommentare schnaubte er nur genervt und sagte häufig, dass ich es wohl so hinnehmen musste.

Zudem erfuhr ich viel über Familie und Freunde der Jungs. Sie machten häufig zusammen mit ihren Freunden Musik, traten oft in kleinen Pubs auf und machten auch zusammen Straßenmusik.

Außerdem fiel mir auf, wie Namjoon überhaupt redete. In jedem zweiten Satz kam ein Fremdwort vor oder er benutzte englische Worte, um sich auszudrücken. Er klang manchmal, als wäre er der schlauste Mensch auf der Welt. Außerdem führte er seine Antworten sehr weit aus. Er fügte Details hinzu, Erklärungen und kam dann auf die Kernantwort zurück. Es klang, als gab er eine Analyse von sich selbst ab.

Yoongi war da ganz anders. Er antwortete knapp. Sehr knapp. Manchmal bestand seine Antwort nur aus einem einzigen gegrummelten Wort. Er ließ überflüssiges weg oder schien Sachen, die mich nichts angingen einfach wegzulassen.

Ich war mit beidem Zufrieden und ließ die Jungs ihre Fragen stellen.
"Zuerst, was kannst du noch alles sehen? Mir kommt es komisch vor sich als Blind einzustufen, obwohl man etwas sieht."
Mit seinen Fragen war Yoongi schon etwas konkreter. Da hing Namjoon etwas zurück, musste ich sagen.
"Ich sehe Farben, verschwommene Formen. Du bestehst eigentlich aus einem riesigen Schatten. Ich erkenne ganz wage, wo dein Kopf ist, der Rest ist schwarz. Ich kann schon Dinge unterscheiden, doch ich sehe sie sehr unscharf und häufig verblasst. Helle Farbtöne kann ich häufig nicht von weiß unterscheiden, dunkle oft nicht von schwarz."
"Deswegen diese Klamotten?", fragte Yoongi erneut und klang etwas vorwurfsvoll. Als hätte ich etwas seltsames getan, das sich keiner erklären konnte.
"So erkenne ich ungefähr im Spiegel, wo mein Oberkörper anfängt und wo es mit den Beinen weiter geht ... verstehst du?", rechtfertigte ich mich für die Farbkombination.
Ich trug einen Rock in kräftigem Blau und eine gelbe Bluse. Meine Sneaker waren weiß.

"Was ist mit deiner Familie? Als ich dich letztens angetroffen hatte, mit diesem kleinen Mädchen, da hast du von einer Horde von Kindern gesprochen. Wie viele Geschwister hast du denn?", fragte Namjoon.
Ich hörte, wie Yoongi sich bewegte, er wurde wohl hellhörig.
"Insgesamt sind wir zu fünft. Meine drei Schwestern und mein Bruder sind allerdings alle nur Halbgeschwister."

Eine lange, unangenehme Stille breitete sich aus.

"Ist schon gut, Jungs. Kein Grund geschockt zu sein oder so. Gerade rennt noch der letzte Sündenbock bei uns herum. Ein Franzose, der Vater unseres Kleinsten, Hugo. Die anderen waren mehr oder weniger schnell wieder weg. Zum einen, wegen Mom, zum anderen wegen uns. Wir sind sehr ... laut", klärte ich auf und ich vernahm nur leises Räuspern und Husten der beiden. "Wehe einer von euch denkt jetzt an Mitleid oder so. Das könnt ihr euch sonst wo hinschieben. Eigentlich hatte ich gehofft ihr findet das amüsant", keifte ich.

"Nun", begann Namjoon, "es ist etwas ungewöhnlich. Und ihr habt alle einen anderen Vater?"
"Ja", antwortete ich sofort. Es war lustig ihn so verunsichert zu hören.
"Und dein Vater, hast du Kontakt zu ihm?", hakte er noch weiter nach und ich nickte.
"Ziemlich guten sogar. Er wohnt in Gangnam, manchmal fahre ich mit Claire zu ihm hin. Für sie ist er ebenfalls wie ein Vater, ihren leiblichen hat sie nie kennengelernt."
Ich zuckte mit den Schultern und würde die Fragerunde gerne in eine andere Richtung leiten. Vielleicht hatte ich es ja geschafft, indem ich Claire erwähnte.

Bookshelf Conversations || kim namjoon / min yoongiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt