~Hogwarts, die Schule für Hexerei und Zauberei~*

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Einige Stunden später kamen Fred und Roxanne wieder in das Abteil gestolpert. Roxanne musterte mit hochgezogenen Augenbrauen und kritischem Blick das Chaos, das im Abteil herrschte, Fred konnte nicht anders als laut zu lachen. 
   Lauter Bonbonpapiere und anderer Süssigkeiten-Müll bedeckte den Boden. Die drei Erstklässler trugen zwar ihre Uniformen, aber auch die Umhänge und Spitzhüte lagen im ganzen Abteil verteilt. Lias Koffer lag aufgeschlagen auf den Sitzen, weil sie ein Spiel gesucht hatte. Dieses und die Karten von Rose lagen auf dem Tisch unter dem Fenster und ein paar waren auf den Boden gefallen. 
   Lias Nase steckte bis vorhin noch in einem Buch und Rose und Albus teilten sich noch die letzten Schokofrösche.
   «Euer Ernst?», lachte Fred und deutete auf das Chaos. «Wir sind jetzt dann gleich da!» Schnell sprang Lia auf. «Echt?», rief sie strahlend. «Cool!» Dann stopfte sie ihr Buch in den Koffer und suchte sich ihre Karten zusammen. Rose half ihr rasch und Albus hob seinen Umhang vom Boden auf, um hinein zu schlüpfen.
   Roxanne hob nur mit einem Seufzer ihren Zauberstab, schwenkte ihn in der Luft und sagte: «Ratzeputz!» Dann flogen Schokofroschkarten durch die Luft und Lias Spielkarten versorgten sich von selbst in ihrem Koffer, der sich dann auch selbst schloss.
   «Danke Roxanne!», freute sich Rose, die auch bereits in ihren Umhang schlüpfte. Da fuhren sie auch bereits auf dem Bahnhof von Hogsmeade ein. «Keine Ursache», winkte diese ab.
   Roxanne und Fred halfen den Dreien ihre Koffern auf den Bahnsteig zu bugsieren. «Die Erstklässler müssen da lang. Seht ihr, da ist Hagrid», erklärte Roxanne. Wie auf Kommando waren auch schon Hagrids Rufe zu hören: «Erstklässler zu mir! Hierher!»
   «Danke!», rief Albus und sie winkten den Geschwistern noch kurz zu, dann rannten sie zu der grossen, bärtigen Gestalt, die alle um mehrere Köpfe überragte. Er war locker doppelt so gross wie Lia, wenn nicht noch mehr. Die Beschreibung aus dem Buch, dass Hagrids Hände so gross wie Mülltonnendeckel waren, fand sie auch ganz passend.
   Um Hagrid hatte sich bereits eine kleine Traube Elfjähriger gesammelt. Dieser war gerade am durchzählen und als der Bahnsteig sich bereits etwas geleert hatte, waren sie endlich vollzählig.
   Wie brave Lämmchen trotteten sie nun Hagrid hinterher, der sie, genau wie in den Büchern beschreiben, zu einem grossen See führte.
   Spiegelglatt lag er vor ihnen, eingeschlossen in Hügel und dunkel im spärlichen Licht des Mondes. Er war ruhig, nur gelegentich zog der Wind feine Wellen auf der Oberfläche. Er war wunderschön, aber das wirklich spannende, das war Hogwarts. 
   Majestätisch ragte es über dem See auf, zeichnete sich gegen den dunklen Sternenhimmel ab. Seine Türme ragten stolz in die Höhe und obwohl es dunkel war, konnte man das ganze Schloss gut erkennen. Das Gestein sah alt aus, aber keinesfalls zerfallen oder in Mitleidenschaft gezogen, sondern nur edel. Die Fenster waren alle hell erleuchtet und verliehen dem ganzen Schloss einen märchenhaften Schein. Sein Spiegelbild glitzerte im See und man konnte es nicht beschreiben, ohne das Wort 'magisch' zu benutzen. 
   Lia hatte sich noch lange nicht satt gesehen und konnte es immer noch nicht fassen, aber alle Anderen steuerten bereits auf die kleinen Boote zu, die allesamt am Ufer im Wasser dümpelten. 
   Rasch eilte Lia Albus und Rose hinterher und kletterte zu ihnen in das Boot. Zuerst sah es so aus, wie als würden sie nur zu dritt bleiben, aber Hagrid trat mit einem unscheinbaren, kleinen Jungen an ihr Schiff. «Alec kann sicher noch bei euch ins Boot sitzn'» Alec lächelte schüchtern, seine braunen Haaren hingen ihm tief in die Stirn.
   Hagrid wartete die Antwort gar nicht erst ab, sondern setzte Alec mit viel Schwung in das Boot. Dieser wäre dabei fast wieder heraus und ins Wasser gefallen. «Hi», begrüsste Lia ihn und Rose lächelte ihn an. Albus schenkte ihm einen kurzen Blick, starrte dann aber ins tiefe Wasser und reagierte nicht mehr.
   Der See war schnell überquert und die Erstklässler kletterten voller Vorfreude aus ihren Booten. Aufgeregt liefen sie Hagrid hinterher, der sie aus der Grotte zu einer Tür führte.
   Dort wartete ein Lehrer. Sein Umhang sah leicht mitgenommen aus, auf seiner Wange hatte er eine Schramme und sein dunkelbraunes Haar war leicht zerstaust, wie als hätte er Verspätung gehabt, und sich beeilen müssen. Auch seine Hände, die aus den ausgefransten Ärmeln heraus schauten, waren zerkratzt und von mehreren kleinen Pflastern versehen. Unter dem Umhang trug er einen einfachen, gemütlich aussehenden Wollpullover.
   Seine Augen waren Schokoladenbraun und sein rundliches Gesicht hatte einen freundlichen Ausdruck. Er nickte Hagrid dankbar zu, dieser nickte zurück und ging den Gang weiter, nachdem er sich von den Erstklässlern fürs Erste verabschiedet hatte. 
   «Ich bin Professor Longbottom.», begrüsste er sie. Lia riss die Augen weit auf und zog die Luft ein. Das war Neville? Der Neville Longbottom aus den Büchern. Das war ja fast so cool, wie Harry Potter gegenüber zu stehen. Aber jetzt wo er es gesagt hatte, war es klar. Die Kratzer waren sicher alle von irgendwelchen Pflanzen.
   «Folgt mir doch bitte zur grossen Halle.», meinte er und lief eine Treppe hoch. Aufgeregt wuselten die Erstklässler ihm hinterher. 
   Lia platzte beinahe vor Spannung. Sie freute sich furchtbar auf das, was ihr jetzt bevorstand, gleichzeitig hatte sie wiederum Angst, aus einem Traum zu erwachen und festzustellen, dass nichts wahr gewesen war.
   Sie biss sich auf die Unterlippe, als sie schliesslich vor einer grossen Eichentür zum stehen kamen.
   «Hinter dieser Tür befindet sich die grosse Halle. Ihr werdet jetzt dann hinein gehen und in eure Häuser eingeteilt.» Ein aufgeregtes Murmeln ging durch die Erstklässler. Lia und Rose wechselten aufgeregte Blicke.
   «Wenn wir drinn sind, seid ihr aber ruhig.» Neville lächelte streng. Sofort verstummten sie und beobachteten mit grossen Augen, wie er die Tür aufstiess und die grosse Halle betrat.
   Lias Blick schweifte nur kurz duch den Raum, dann wanderte er sofort zur Decke. Man konnte mitten durch die Streben hindurch sehen, die die Decke durchzogen. Und dahinter glänzte der Nachthimmel mit seinen tausend Sternen. Es war tolles Wetter, eine wunderbar klare Nacht. 
   Direkt unter dem Nachthimmel schwebten hunderte Kerzen, wie weitere Sterne. Lia bekam immer mehr das Gefühl, als ob sie träume. Daraufhin schüttelte sie energisch den Kopf und schaute zum Lehrerpult.
   Am einen Ende sass Hagrid, am anderen Ende konnte sie Teddy sehen. Die anderen Lehrer kannte sie nicht. Vor dem Lehrerpult stand ein kleiner, dreibeiniger Stuhl. Und auf diesem Stuhl lag ein alter, zerschlissener Lederhut. Der sprechende Hut. Eine grosse Falte, nur wenig über der Krempe, riss auf, und der Hut begann zu singen:

7 Jahre Magie - AbgebrochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt