Schöne neue Welten

Sicherheit

Protected Area 17, New Haven, Pacifica, Allied Commonwealth, 27. Mai 2678

Sherin Park nahm dankbar drei Nahrungsriegel und eine Flasche Wasser von einem der Helfer in der Schutzzone an und setzte sich auf eine der zahlreichen Bänke, von denen die meisten bereits besetzt waren.

Die zivile Schutzzone bestand aus einem großen unterirdischen Bunker, der in kleinere Abschnitte aufgeteilt war. Als Sherin ihn erreicht hatte, wurde der gepanzerte Eingang, der sich neben einem Einkaufszentrum befand, bereits von sechs Soldaten der planetaren Miliz gesichert, während sich im Inneren zivile Helfer um die die ankommenden Personen kümmerten, von denen immer mehr kamen.

Rechts neben Sherin saß ein junges Paar, das sich fest an den Händen hielt, während links ein bereits älterer Herr saß, der verzweifelt bemüht war, sein Holotablet zu aktivieren.

"Ich bekomme einfach keine Verbindung zum planetaren Netzwerk." Er schaute Sherin an. "Wie sieht es bei Ihnen aus? Sie haben doch sicher einen Neurolink."

Sherin schüttelte den Kopf. "Mein Neurolink kann auch keinen Uplink herstellen. Vermutlich blockiert jemand das planetare Netzwerk." Das wäre zumindest die bessere Alternative, dachte Sherin. Denn ansonsten würde das bedeuten, dass das Netzwerk gegrillt worden ist.

Sie erschauderte leicht bei dem Gedanken. Die Neuronetzwerke eines Planeten waren seine virtuellen Lebensadern. Jegliche Kommunikation, alle Datenabfragen und die meisten alltäglichen Aktivitäten liefen darüber ab. Es gab noch andere Datennetzwerke, aber keines war so hoch entwickelt, so leistungsfähig und so allgegenwärtig, zumal fast die Hälfte der Bevölkerung auf den Welten des Commonwealth inzwischen per Neurolink permanent direkt mit dem Neuronetzwerk verbunden war.

Der ältere Mann schüttelte den Kopf und steckte das Holotablet wieder ein. "Was für ein Albtraum. Ich wollte heute meine Tochter in Nueva Santiago besuchen, als dieser Wahnsinn begann. Ich kann nur hoffen, dass es ihr gut geht." 

Sherin lächelte ihn an. "Ich bin sicher, sie hat sich ebenfalls in eine Schutzzone begeben."

Der Boden bebte plötzlich und mehrere Personen im Bunker schrien auf oder blickten noch besorgter als zuvor. Sherin versuchte sich zu beruhigen, doch auch sie fragte sich, was wohl gerade geschehen war. Einige Minuten später wurde der Bunker wieder erschüttert, doch nun trat ein Offizier der Miliz ein und versuchte sich Aufmerksamkeit zu verschaffen.

"Bitte bewahren sie alle Ruhe. Ich muss ihnen mitteilen, dass es an der Oberfläche zu Kampfhandlungen kommt, weshalb wir den Bunker versiegelt haben. Sie befinden sich hier in Sicherheit. Bitte folgen sie den Anweisungen des Personals, dann wird..." Weiter kam er nicht, als es im vorderen Teil des Bunkers zu einer Explosion kam; kurz darauf wurde die Sicherheitstür, die diesen Teil des Bunkers vom Rest abtrennte, mit Plasmafackeln aufgeschnitten. Die Menschen im Bunker ergriff offene Panik.

Dann erschienen erst zwei, dann vier Männer in gepanzerten grau-schwarzen Kampfanzügen in diesem Teil des Bunkers. Der Milizoffizier schoss mit seiner Laserpistole auf die Eindringlinge, doch der Strahl verdampfte harmlos an der Panzerung des vorderen Angreifers. Dieser hob den linken Arm, der in einer Projektilwaffe endete - und zerfetzte den Milizoffizier mit Hochgeschwindigkeitsgeschossen, die wie Nadeln wirkten. Einige Personen schrien auf, andere versuchten verzweifelt, irgendwie Deckung zu finden.

Sherin blickte erstarrt auf die  vier fremden Soldaten, deren Gesichter durch die verspiegelten Visiere der Kampfanzüge nicht zu sehen waren. Auf der linken Brustplatte der Kampfanzüge war jedoch ein Wappen erkennbar: Eine goldene Sonne mit einem antiken Breitschwert. Das Symbol war Sherin völlig unbekannt, doch keinesfalls konnte es sich um Piraten handeln.

Einer der Männer im Kampfanzug begann nun zu den Personen im Bunker in Föderationsstandard zu sprechen, was auch im Commonwealth Amtssprache geblieben war.

"Ladies and Gentlemen, ich bedaure, dass sie dies sehen mussten. Seien sie versichert: Solange sie unsere Anordnungen befolgen und keine derart dumme Aktion unternehmen, wird ihnen nichts geschehen. Wir werden den Bunker nun räumen, aber bleiben sie bitte ruhig. Die Kämpfe in diesem Teil der Stadt sind beendet, die Lage wird sich bald normalisieren." Der Sprecher deaktivierte die Sichtfilter seines Visiers und nun konnte Sherin einen jungen Mann erkennen, der jedoch einen harten Eindruck vermittelte. Der Soldat zeigte ein leichtes Lächeln, als er die rund 200 Personen im Bunker musterte.

"Ich kann ihnen versichern, dass man sich um sie alle und um alle anderen Bewohner kümmern wird. Sie stehen ab jetzt unter dem Schutz der Terranischen Hegemonie. Sie sind nun in Sicherheit."