Ich sah die Hölle und es war eine belagerte Stadt

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Landfall City, Pacifica, Allied Commonwealth, Hegemonie-Invasionszone, 19. Juni 2678

Daniel Coleman hastete hinter einem zerstörten Fahrzeug in Deckung, als Schnellfeuergeschosse vor ihm auf der Straße einschlugen. Daniel konnte nicht erkennen, wo der Schütze saß oder ob er allein war. Sicher war nur, dass die Hauptstraße im Herzen Landfalls für ihn kein guter Platz war.

Daniel trug einen Warrior-Kampfanzug, aber wenn die Terraner dort über Gaußgewehre oder diese neuen Partikelfeuerwaffen verfügten, würde ihm das wenig nützen. Diese Lehre hatten die Commonwealthverteidiger auf dem Raumhafen von Landfall gezogen, als sie fast 50 Stunden lang den angreifenden Terranern standhalten konnten, bevor diese ebenfalls Verstärkung schickten. Am schlimmsten war der Beschuss aus dem Orbit gewesen - gezieltes Railgunfeuer war nicht besonders schlagkräftig, da die Schiffe durch die Atmosphäre feuern mussten, aber es war trotzdem verheerend, wenn es Infanteristen im offenen Gelände erwischte.

Daniel hatte am Raumhafen das Kommando über einen Zug Marines übernommen und sie hatten den Rückzug des 133. Regiments der planetaren Miliz gedeckt, bevor sie sich auch zurückziehen mussten. Di Laurentis hatte die Kämpfe nur knapp überlebt; schwer verwundet hatte er das Flottenpersonal evakuiert und war mit einem der letzten Shuttles hinaus geflogen worden. Daniel glaubte nicht, dass er den Lt. Commander noch einmal wiedersehen würde - die Verluste waren jedenfalls katastrophal gewesen. Der Kommandeur des 133. Regiments hatte die gemischten Kampfverbände nach Landfall City geführt. Und Daniel bezweifelte, dass das eine gute Idee war. So waren zwar die Terraner gezwungen gewesen, auf sie Jagd zu machen, aber die Kämpfe waren so auch in die Stadt getragen worden, die inzwischen vollständig vom Feind eingeschlossen war.

Daniel aktivierte die Sensoren seines Kampfanzugs. Es war gewagt, da er so seine genaue Position quasi allen Feinden in der Umgebung verriet, andererseits würde er sonst vielleicht blind in eine Falle laufen.

Die Bewegungssensoren zeigten im Umkreis von 100 Metern mehr als 20 Kontakte an, aber nicht alle mussten zwangsläufig Feinde sein. Überall versteckten sich auch verängstigte Bürger, die einen ständigen Albtraum erlebten, während um sie herum ihre Heimatstadt quasi in Schutt verwandelt wurde. Die Terraner setzten zwar überwiegend Smartwaffen ein, aber ebenso orbitale Railguns, die ein fünfstöckiges Gebäude mit einem Schuss zertrümmern konnten.

Daniel feuerte mit seiner Magrifle auf die linke Straßenseite, wo ihm am meisten Gefahr drohte, und lief dann zur gegenüberliegenden Straßenseite, ohne unter Beschuss genommen zu werden. Davon ermutigt drang er in ein anscheinend verlassenes Haus ein - zumindest zeigten die Bewegungssensoren nichts an. Er ging in die Küche, suchte und fand etwas Wasser und trank erst einmal. Die Vorräte wurden immer knapper und die lokale Energie- und Wasserversorgung war bereits vor sechs Tagen ausgefallen. Bei dem schwül-warmen Wetter wurden selbst alltägliche Annehmlichkeiten zum puren Luxus.

Er überlegte noch, wohin er sich nun am besten begeben sollte, da die Reste der Commonwealthtruppen weiter östlich standen, als seine Sensoren anschlugen. Das Sensorfeld spielte vielmehr vollkommen verrückt und versank dann in Statik. Das konnte nur bedeuten, dass feindliche ECM-Systeme aktiviert worden waren - und das bedeutete Ärger für Daniel.

Fluchend hastete er in den Garten, dann weiter auf das Nachbargrundstück. Seine Bewegungs- und Wäremesensoren waren nun nutzlos, solange das Störfeld aktiv blieb. Aber etwa 300 Meter weiter nordwestlich konnte er ein hohes Gebäude ausmachen, das noch intakt war und wohl den besten Überblick bot.

Daniel hatte das Gebäude fast erreicht, als die Hölle hinter ihm losbrach. Lärm und Erschütterungen signalisierten ihm, dass Railgungeschosse hinter ihm eingeschlagen waren - tatsächlich fast 500 Meter hinter ihm, aber das war wenig tröstlich.Er fragte sich schon, warum die Terraner nun ganze Straßen einäscherten; bislang hatten sie Kollateralschäden weitgehend versucht zu vermeiden. Doch dann bemerkte er Bewegung aus dieser Richtung und ging neben einer Häuserwand in Deckung.

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