John Glenn Transferstation, Pacifica, Terranische Hegemonie (Allied Commonwealth), 19. Juli 2678
Die terranischen Kreuzer Vanguard, Dauntless und Europa dockten am späten Abend Weltstandardzeit an der Transferstation an, die sich im geosynchronen Orbit von Pacifica befand.
Die Untersuchungsoffiziere des Office of Naval Intelligence begannen nun mit umfassenden Verhören - und Aris wusste, dass ONI diese Dinge gründlich handhabte. Nur zwei Stunden nach Ankunft der Vanguard hatte Admiral Kain den Kampfverband um das gewaltige Schlachtschiff Alexander und den Kommandoträger Reliant genommen und sich ins Edensystem begeben, um dort endlich eine Entscheidung herbeizuführen. Ebenso hatten 60 Kreuzer und Zerstörer als Begleitschutz den Admiral begleitet, so dass zur Sicherung Pacificas noch Vizeadmiral Reyes mit seinem Schlachtschiff Leviathan und 50 Begleitschiffe zurückblieben.
Aris konnte seine Gefühle dennoch nur mühsam unter Kontrolle halten, als er sich den Fragen der ONI-Offiziere mehr als fünf Stunden ausgesetzt sah. Sie befanden sich in einem engen Büroraum auf der Station John Glenn. Aris saß mit Handschellen an einem Metalltisch gekettet, Sensoren waren an seinem Kopf befestigt und er erhielt eine Transfusion eines ihm unbekannten Serums, das ihn leicht schläfrig machte, während die beiden namenlosen ONI-Agenten (eine attraktive junge Frau mit kurzem braunem Haar und ein etwa 50 Jahre alter Mann, dessen schwarzes Haar weitgehend ergraut war) ihn immer weiter mit Fragen bombardierten.
Der Mann schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. "Noch einmal, Commander. Ihre Vorgehen während des Gefechts erscheint uns sehr improvisiert. Wieso haben sie nicht sofort Kurs auf den Feindverband genommen und ihn mit ihrer überlegenen Feuerkraft auf mittlerer Distanz ausgeschaltet?"
Aris schüttelte den Kopf. "Sie verstehen nicht viel von Weltraumkriegsführung, oder? Wie ich schon zu Beginn sagte, ich hatte keine Wahl. Wir befanden uns mehr als 150.000 Klicks voneinander entfernt. Meine Kreuzer hätten maximal mit 600 Klicks pro Sekunde anfliegen können, aber die Lenkwaffen erreichen ohne Schwierigkeit 30g. Ich musste sie erst ihrer Langstreckenfeuerkraft berauben, aber da sie diese Drecksfregatten hatten, die über mehr als das vierfache der üblichen Abfangraketen verfügten, ging der Plan nicht auf. Also entschloss ich mich, dass meine Zerstörer, die wesentlich schneller sind, die Fregatten ausschalten sollten, so dass ich mit den Kreuzern nachsetzen konnte. Das hätte auch funktioniert, wenn der Gegner nicht im richtigen Moment gesprungen wäre."
Die ONI-Agentin lehnte sich gegen die Wand und betrachtete Aris abschätzig. "Hätte, wäre, könnte. Sie agieren sehr viel mit dem Konjunktiv, aber Fakt ist, dass sie drei Kreuzer im Gefecht verloren haben - und noch dazu ihren eigenen Captain. Das wirft eine Menge Fragen auf."
Aris blickte sie wütend an und musste sich beherrschen, nicht etwas dummes zu tun. "Sie scheinen zu übersehen, dass zwei der Kreuzer durch Sabotage verlorengingen und der Captain von einem Attentäter ermordet wurde. Wer ist noch einmal für Gegenspionage in der Flotte zuständig?" Er fletschte die Zähne und zeigte ihr ein Haifischlächeln. "Ach richtig, das ist ja ONI. Na, da wurde ja wirklich hervorragende Arbeit von euch geleistet."
Die Frau erstarrte kurz und ballte die Hände zu Fäusten, doch der männliche Agent hob die rechte Hand und behielt Aris im Blick. "Nur die Ruhe, er will doch nur provozieren. Aber ja, Commander, es sind offenbar Lücken in unserer Abwehrarbeit, doch das spielt hier und jetzt keine Rolle. Es geht um ihr Verhalten." Er rief auf einem Datenpad eine Datei auf und zeigte sie Aris. "Sie stammen vom äußeren Rand. Die überwiegende Mehrheit dort war dankbar, als die Hegemonie die verschiedenen Welten dort von der Herrschaft der Warlords befreite und Ordnung und Sicherheit wiederherstellte. Aber es gibt immer einige Unzufriedene. Wer weiß? Vielleicht sahen sie den Feldzug gegen das Commonwealth als Fehler an und empfanden Sympathie für die Commies?"
DU LIEST GERADE
Schöne neue Welten
Science FictionPacifica ist eine paradiesisch anmutende wohlhabende Welt fast 1000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Seit Jahrzehnten genießt man die Unabhängigkeit von der korrupt gewordenen Erdföderation und ist zusammen mit anderen ehemaligen Kolonialwelten im...