Namjoon
Wütend lief ich auf die Gestalt zu, die sich an meinen Platz gesetzt und meine Kopfhörer auf hatte. Ich riss sie ihm unsanft vom Kopf und wollte anfangen, meine Wut an ihm auszulassen, doch die Augen meines Gegenübers ließen mich innehalten. Sie waren glasig und von tiefer Trauer erfüllt.
„Was ist?" fragte ich Jin und legte die Kopfhörer auf den Tisch. Er schüttelte den Kopf und wollte sich schnell an mir vorbeidrücken, doch ich hielt ihn am Arm fest, sodass er keine andere Wahl hatte, als mir zu antworten. Ich konnte locker mit einer Hand um seinen Oberarm greifen und machte mir insgeheim sorgen um ihn. „Was ist?" fragte ich nochmal und festigte meinen Griff. „Der Text." sagte er und sah mich ängstlich aus geröteten Augen an. „Was ist damit?"
„Er ist schön."
Verwirrt sah ich ihn an. Schön? Mein Text? Fast hätte ich laut aufgelacht. Er war der erste und einzige, der meine Texte jemals schön gefunden hatte. Sie seien verstörend, sagten die meisten. Sie seien traurig, viel zu depressiv. Nun gut, ich hatte meine Texte in meinem Leben nur zwei Leuten gezeigt. Beide Male hatte ich später zu tiefst bereut.
„Was ist in deinem Leben passiert, dass du so etwas schreibst?" fragte er mich und warf mich völlig aus der Bahn. Einen Moment lang wägte ich ab es ihm zu erzählen, doch ich schlug mir diesen Gedanken so schnell wie er gekommen war wieder aus dem Kopf und ließ seinen Arm los.
„Geh." murmelte ich, ohne ihn anzusehen. Ich fühlte mich nackt und gedemütigt. Meine Songs waren wie ein Teil von mir. Er war viel zu weit in meine Privatsphäre eingedrungen.
Ungeschickt wollte er sich an mir vorbei quetschen, doch er stolperte über meine Füße und fiel auf den Boden. Beim Versuch sich an der Tischkante festzuhalten, stieß er meine noch fast volle Kaffeetasse um, deren Inhalt sich nun über den ganzen Tisch ergoss. Geschockt musste ich dabei zu sehen, wie mein Laptop, den ich über alles liebte, blau auf flimmerte und dann für immer den Geist aufgab.
„Nein." hauchte ich und versuchte ihn anzuschalten. „Nein. Nein, nein, nein nein!" Verzweifelt drückte ich mehrmals auf jede Taste, nahm den Akku heraus und steckte ihn wieder rein, nur um verbittert fest zu stellen, dass nur noch ein Wunder meinen Laptop retten konnte.
„Verdammt!" rief ich aufgebracht und raufte mir die Haare.
„Ich kauf dir einen neuen." Stutzig sah ich zu Jin, der die ganze Zeit still daneben gestanden hatte. Jetzt sah er mich entschlossen an und hielt mir eine Hand hin. Zögernd nahm ich sie an und schüttelte sie kurz, dann drehte er sich um und ging ohne ein weiteres Wort zu sagen raus in die Kälte.
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Heißhunger | Namjin✔
Fanfiction„Du bist also genauso verkorkst wie ich." Disclaimer: Wer sensibel bei Themen wie Selbstverletzung und Gewalt reagiert, sollte diese Story nicht lesen.