Fünfundvierzig

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Jin

Humorlos lachte ich auf, als ich mal wieder auf dem Laufband stand und an den miesen kleinen Wichser dachte, der mich erst benutzt, und dann fast zu Tode gewürgt hatte. Auch wenn ich anfangs Sympathie für ihn verspürt hatte, die dann immer mehr in eine dumme Verliebtheit gewichen war, war von dem ganzen nicht mehr, als ein bitterer Nachgeschmack übriggeblieben. Wie konnte ich nur so dumm sein und denken, dass ich jemals mehr für irgendwen sein werde, als ein Haufen Dreck.

Ich konnte nicht verhindern, dass Tränen über meine makellose Haut kullerten und ich stellte aus Frust darüber mein Laufband fünf Stufen schneller. Jetzt weine ich auch noch wegen diesem Arschloch. Wie erbärmlich.

Ab heute würde ich ihm aus dem Weg gehen und ihn einfach komplett ignorieren.

Trotzig und fest entschlossen, joggte ich eine Stunde weiter. Überraschender Weise und auch ein wenig zu meinem Leidwesen brach ich nicht wieder zusammen, sondern stieg völlig erschöpft und von der Gleichmäßigen Laufbewegung auf der Stelle noch ziemlich aus dem Gleichgewicht gebracht vom Laufband. Wenn ich zusammengebrochen wäre, hätte ich wenigstens etwas Mitleid bekommen und vielleicht hätte Namjoon sich ja schlecht gefühlt...

Nein, ich brauchte kein Mitleid und schon gar nicht von ihm. Sollte er doch sein eigenes scheiß Leben leben. Aber was war mit der Narbe...?

Nein, das interessierte mich auch nicht mehr. Sicher nicht. Kein Stück.

Ich duschte mich und machte mich dann auf den Weg nach Hause, wo ich mich erst mal auf dem Sofa ausbreitete. Lange jedoch hielt ich es dort nicht aus. Die ganze Zeit spukte er in meinen Gedanken rum und das nervte mich ungemein. Ich wollte eine Entschuldigung. Für alles.

Seufzend stand ich auf und ging in sein Zimmer, welches sowieso einen Spalt offen war, doch stutzte ich, als ich im hintersten Bett zwei Gestalten ausmachen konnte. Was machte Hoseok mit Namjoon im Arm unter seiner Decke?

Ich konnte nicht verhindern, dass mein Herz einen schmerzvollen Sprung machte. Auch wenn ich mir es nicht eingestehen konnte; ich wollte das auch. Die beiden wirkten so friedlich und ich stellte mir vor, an Hoseoks Stelle zu sein.

Bevor ich aus Frust wieder anfing zu heulen, ging ich ein paar Schritte zurück. Ich sollte die beiden lieber schlafen lassen.

„Jin?" Eine verschlafene Stimme hielt mich davon ab, aus dem Raum zu gehen. „Warte kurz."

Ich beobachtete, wie Hoseok sich behutsam von Namjoon löste und ihn wieder richtig zu deckte, bevor er mich raus ins Wohnzimmer zog.

„Du bist hier der einzige außer mir, der weiß, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Bitte hilf mir ihn zu überreden, zu einem Arzt zu gehen..." Ich sah ihn fragend an. „Warum ein Arzt?"

Er seufzte. „Namjoon hat mir das mit dir erzählt... alles." Bedeutungsvoll sah er mich an und ich schluckte. „Auch das mit der Plantage?" fragte ich ihn und er nickte. „Auch das mit der Plantage." Sofort wurde ich rot und sah verlegen zur Seite.

„Bitte erzähl mir genau, was auf dem Korridor passiert ist..." Überrascht sah ich ihn an. „Warum das?" Er seufzte wieder. „Namjoon hat Blackouts... er kann sich nicht erinnern was passiert ist und wie er dort hingekommen ist."

Oh.

Also war ich mit meiner Vermutung, dass er sich nicht erinnern kann gar nicht falsch.

„Na gut..." sagte ich also und setzte mich mit ihm auf das alte Sofa.

Dannwollen wir mal.    

Heißhunger | Namjin✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt