Hier werden sie geholfen

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Ich sitze an meinem Rechner.

Seit Steven regelmäßig mit einem namibischen Prinzen chattet, haben alle Computer in der WG und Umgebung derbe Probleme. Ich würde da jetzt gerne einen Zusammenhang herstellen, aber ich möchte ungerne Stevens Euphorie so taktlos zertrampeln.

Als ehemaliger Informatik Student weiß ich zum Glück selbst wie man solche Probleme behebt.

Man ruft den IT-Support an.

„Schon mal mit ein- und ausschalten versucht?", begrüßt mich eine genervte Stimme am Telefon

„Ach, gut das sie's sagen, wär' ich jetzt sonst nicht drauf gekommen!", antworte ich.

„Echt jetz?"

„Nein. Natürlich hab' ich das Ding schon neugestartet."

„Naja, sie müssen wissen, in 90% der Fälle sitzt das Problem 20 cm vor dem Monitor. Außer bei Druckern, diese kleinen Mistviecher."
Der IT-Support lässt bewusst eine Pause entstehen in der ich wohl lachen soll.

„Aha.", ist meine genervte Antwort.

„Was ist denn ihr Problem?"

„Der Rechner arbeitet sehr langsam, Daten gehen verloren und generell ist das Ding in keinem guten Zustand."

„Schon einmal drüber nachgedacht sich einen neuen zu kaufen?"

Entweder ist der Mann am Telefon ein guter Freund von Steven oder inkompetent.
Da Steven keine Freunde hat, tippe ich auf letzteres.

„Halt' ich für ne blöde Idee. Allerdings könnte ich versuchen, die pragmatischen Terraflops so zu switchen, dass die Speichen am Ritzel den Startup weitestgehend vor einer Recovery schützen. Dummerweise könnte ich so eine Reboot-Schleife erzeugen, welche ich nur durch ein gezieltes einführen eines Capodasters beheben könnte."

„Sie scheinen sich tatsächlich auszukennen!", sagt die Stimme am Telefon mit überraschter Stimme.

Meine Studie hat ergeben: Der Mann ist tatsächlich inkompetent. Ich habe gerade nämlich absoluten Bullshit verzapft.

Ich lege also auf und hoffe, dass mein Rechner Selbstheilungskräfte entwickelt.




Ein paar Tage später ruft mich eine unterdrückte Nummer auf meinem Handy an. Ich nehme an.

„Guten Tag, Frau Paschinski mein Name, ich bin von der Teleda-Marktvorschungsabteilung und würde ihnen gerne ein paar Fragen stellen!"

Mist. Der IT-Mann hat meine streng geheime Handynummer weitergegeben. Es bleibt mir nur eine Möglichkeit, wieder auf die Schwarze Liste der Telefonterroristen gesetzt zu werden. Das Gegenskript. Die einzige Maßnahme, die hier noch hilft.

„Sorry, mit wem spreche ich, bitte?"

„Frau Paschinski von der Teleda-Marktvorschungsabteilung"

„Könnten sie mir das kurz buchstabieren?"

Die Frau buchstabiert. Ich lege das Telefon kurz zu Seite und schnappe mir eine Tüte Chips.

„Ah, danke. Frau Paschinski, könnten sie mir sagen, wo sie diese Nummer herhaben?"

„Die wurde vor ein paar Tagen in unsere Telefonliste eingetragen. Das müssten sie doch wissen!"

Der IT-Mann hat mich tatsächlich verpfiffen.

„Ach ja! Entschuldigung, so etwas vergesse ich manchmal. Ist dies eigentlich ihre Vollzeitbeschäftigung?"

Die Frau zögert, antwortet dann aber doch.

„Nein, ich bin hier nur Teilzeit angestellt."

„Ach, und was machen sie dann sonst so?"

„Ich studiere BWL."

Die Frau fängt an mir leid zu tun. Aber ich muss das Gegenskript durchziehen.

„Witzig! Genau wie mein Nachbar! Wohnen sie eigentlich auch in Köln?"

„Nein, unserer Unternehmen ist in Berlin ansässig"

„Das ist ja unglaublich! Und wie lange sind sie im Telemarketing Bereich schon tätig?"

„Etwa 3 Monate..."

„Das ist ja nicht sehr la.."

„Entschuldigen sie, aber warum stellen sie mir solche Fragen?"

„Ich würde einfach gerne mehr über meinen Gesprächspartner wissen. Wie gefällt ihnen ihr Job dort denn so?"

„Das kann ich so spontan nicht sagen.. es ist ganz okay hier."

„Ich glaube ich würde den Job gerne machen. Wie viel verdient man denn da so?"

„Ich weiß nicht ob ich das ihnen sagen möchte oder darf..."

„Ich kann ihre zurückhaltung Verstehen Frau Paschinken."

„Schinski."

„Gesundheit. Aber die Frage ist aus Gründen der Rücküberprüfung sehr wichtig für mich, und ich werde die Daten streng vertraulich behandeln. Wenn sie unter diesem Gesichtspunkt die Frage vielleicht doch beantworten könnten...?"

„hmm... ja dann... etwa 400€ im Monat."

„Mensch! Das klingt ja ziemlich gut! Bekommt man da auch frei um zum Zahnarzt zu gehen?"

„Meistens schon.. ja.."

„Das ist ja großartig! Ist es denn wichtig für den Beruf gute Zähne zu haben?"

Die Frau stammelt irgendetwas in ihren Hörer.

„Und welche Zahnpasta würden sie empfehlen?"

„Jetzt hören sie mal! Das wird mir hier zu albern. Verarschen kann ich mich selber."

„Haben sie etwa ein Problem damit, einem Unbekannten am Telefon Fragen zu beantworten, deren Zweck ihnen unklar ist?"

Die Frau legt sofort auf.

Ich glaube dieses Mal habe ich mir meinen Platz auf der Schwarzen Liste wirklich verdient.

Politsch 3-DimensionalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt