~Kapitel 9~

67 11 7
                                    

Ausnahmsweise mal, beginne ich mit einem kurzen, persönlichen Teil von mir.
Ich wollte einfach mal DANKE sagen für die 232 Reads und 31 Votes..! Was sich für euch vielleicht nach wenig anhört, ist für mich die Welt und deswegen..: Danke, danke, danke und nochmals: DANKE!

-Noë's POV-

Gaël steht in der Mitte vom Eisfeld, die Musik beginnt zu spielen und man erkennt von Anfang an seine Liebe. Genauer gesagt, seine Wiedergefundene Liebe: Die Liebe zum Eiskunstlauf.
Doch was ist das? Es siehst fast so aus, als würde er Reue ausdrücken. Das passt doch nicht ins Programm von Agape?!
"Lori, was ist das?", flüstere ich und schaue meine Tante von der Seite her, kurz an. Sie lächelt und meint: "Er entschuldigt sich bei dir, Noë. Die Reue, die du siehst.. Sie gilt dir."
Man spürt Gaël's Schmerz heraus, gerade nach seiner Bielmann-Pirouette - bei den Verbindungselementen - wo er den Arm waagerecht um sich schwingt, sucht er Blickkontakt zu mir. Tränen haben sich in seinen Augen gesammelt und als ich ihn leicht anlächle, sehe ich leichte Verwunderung... Und  direkt darauf; unendliche Dankbarkeit. Jetzt kommen auch mir die Tränen endgültig, ich lasse Gaël's Agape auf mich wirken und ich schaue ihm weiter gebannt zu.
Nach seiner 4fach-3fach Kombination wird er langsam müde, doch er kämpft weiter und steht auch den nächsten 4fachen Sprung ohne Wackler. Jetzt kommt seine Schrittfolge und man merkt, die ganze Klasse ist ergriffen von der unschuldigen Anziehungskraft, welche Gaël ganz bewusst ausstrahlt. Mit einem - mir unbekannten - Verbindungselement geht er fliessend in die Sitzpirouette, kombiniert mit einer Waagepirouette und zum Abschluss vollendet er sein Agape stehend, mit den Armen flehend nach oben gestreckt und einer leichten Rücklage.
Alle sind total weggetreten, ich löse mich aus meiner Starre, stehe auf und beginne zu jubeln. Lori tut es mir gleich, ihre Augen glänzen und sie lächelt stolz.
Aus unserer Klasse applaudiert kaum jemand und wenn sie es tun, eher zögerlich. Joel jedoch starrt Gaël nur böse an und läuft weg.
"Was ist denn mit dem los?", frage ich Lori, doch sie schüttelt nur schweigend den Kopf. Ihr Blick hat sich verdüstert und sie geht zur Schranke, wo Gaël sich gerade seiner Schlittschuhe entledigt.
Er atmet immernoch schwer, als Herr Tobler auf ihn zu geht und ihm für die Vorstellung seines Kurzprogrammes dankt.
Er wendet sich an uns Schüler: "Okay, Jungs und Mädels? Ich möchte, dass ihr aufs Eis geht und noch ein paar Runden dreht. Mr. Streiter und Mr. Rich, Sie werden für heute aus dem Unterricht entlassen."
"Häääh warum denn das? Mr. Tobler das ist total unfair!", das Mädchen, welches das gesagt hat, steht trotzig auf, ich kann mir ein Lachen nur mühsam verkneifen. Sie benimmt sich wie im Kindergarten und denkt sie kommt damit durch.
"Nun, Mr. Streiter hat sich in diesen paar Minuten mehr verausgabt im Sport, als Sie in den letzten zwei Monaten. Mr. Rich ist aus dem Unterricht entlassen, um Basics zu machen, somit fällt sein Eiskunstlauftraining heute Abend etwas früher aus.
Entsetzt starrt das Gör Herr Tobler an und verschwindet dann mit einem genervten 'Sowas von unfair' aufs Eis.

Ich gehe in die Herrengarderobe, um mich umzuziehen. Mit normalen Kleidern gehen Dehnübungen eher schlecht als recht. Die Tür aufdrückend, betrete ich die Umkleide und bemerke sofort die hohe Luftfeuchtigkeit. Moment.. Gaël ist doch nicht schon... Meine Gedanken werden von einem nackten Gaël - der mit geschlossenen Augen aus dem Duschraum kommt - unterbrochen und ich quicke peinlich laut auf. Er erschrickt und zieht sein Handtuch, welches über seine Schultern hängt, vor sein bestes Stück und ich drehe mich währenddessen beschämt weg.
"Ich.. also.. es tut mir leid..", beginne ich zu stammeln. Gaël antwortet ebenso zurückhaltend: "Ich.. also.. schon okay.. war ja mein Fehler.." Ich höre, wie Stoff über Haut fährt und gleich darauf sagt Gaël, dass ich mich umdrehen könne.
Er trägt jetzt eine blaue Briefboxer mit pinken Flamingos und bei diesem Anblick muss ich lachen.
Klar, er sieht total heiss aus mit seiner zierlichen Figur, seinem leichten Sixpack und seinen schön geformten Beinen, aber trotzdem zerstört diese Boxer das gesamte Bild. Er wird wieder leicht rot und wirft sein Handtuch so nach mir, dass es meine Augen verdeckt.
"Wenn du es so lustig findest, kannst du auch von Anfang an weg schauen Noë!", seine Stimme ist eher quengelnd als wütend, was die Situation nicht besser macht. Weiterhin lachend nehme ich das Handtuch von meinen Augen und Gaël steht da immernoch in seiner Unterhose. Die Beine zusammengepresst und halb überkreuzt, seine Hände vor der Boxer zusammen gefaltet. Erst jetzt fällt mir auf, dass er im Gegensatz zu anderen Jungs in unserem Alter, keine Körperbehaarung hat, auch die Beine sind makellos von Haaren befreit. Ich schüttel meinen Kopf leicht, um die unanständigen Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen.
"Noë?", Gaël's Stimme ist so leise, dass ich ihn kaum höre. "Bitte verzeih, was ich dir vorhin an den Kopf geworfen habe. Ich.. Ich kenne das Gefühl einfach nicht, wenn jemand nett zu mir ist und das macht mir Angst.."
Nach diesem Satz sind auch die letzten 'bösen' Gedanken aus meinem Kopf verschwunden und ich gehe auf ihn zu. Er beginnt zu wimmern, krallt sich an mein Shirt und legt den Kopf auf meine Brust. Ich spüre etwas warmes, feuchtes an meinem Shirt und lege meine Arme um ihn.
"Pshh, Gaël. Es ist alles in Ordnung. Ich bin für dich da und werde es auch in Zukunft sein."
"Noë.", seine Stimme hört sich schmerzverzerrt an. Aus Angst, dass er irgendwie verletzt ist, löse ich meine Arme von ihm. Gaël zieht an meinem Shirt und wimmert an meine Brust. "Lass mich nicht los. Bitte.. Halte mich.. Rette mich.." Schnell lege ich meine Arme wieder um ihn und küsse seine Stirn, wieder und wieder.

-Gaël's POV-
Nachdem Herr Tobler Noë und mich entlassen hat, gehe ich direkt unter die Dusche. Das Programm hat mich alle Kraft gekostet, die ich habe und musste merken, dass dieses Jahr ohne Intensivtraining, meine Kondition leiden musste. Aus Gewohnheit lege ich nach dem Duschen das Handtuch über die Schultern und laufe mit geschlossenen Augen aus dem Duschraum. Plötzlich quickt etwas - oder jemand - und entsetzt reisse ich meine Augen auf. Vor mir steht Noë, er dreht sich peinlich berührt weg und ich versuche meinen 'Freund' da unten zu bedecken. Er entschuldigt sich und ich antworte: "Ich.. also.. schon okay.. war ja mein Fehler.." Ich fische nach der Briefboxer in meiner Tasche und ziehe die blaue, mit den pinken Flamingos raus.
Natürlich muss ich ausgerechnet heute diese peinliche Unterhose dabei haben. Widerwillig ziehe ich sie über und zerknülle das Tuch in meiner Hand. "Du kannst.. also.. dich.. wieder umdrehen." Er beginnt zu lachen. Warum beginnt er zu lachen? Als ich merke, dass er mich aufgrund meiner Unterwäsche auslacht, schmeisse ich mein Tuch so über seinen Kopf, dass es seine Augen verdeckt. Doch in seinem Blick war noch etwas anderes, er hat mich abgecheckt.. Von oben bis unten.
Mit geröteten Wangen schaue ich zu Boden und presse meine Beine verlegen zusammen.
"Wenn du es so lustig findest, kannst du auch von Anfang an weg schauen Noë!", jammere ich. Immernoch kichern nimmt er das Tuch von seinen Augen und da ist wieder dieser forsche Blick. Er betrachtet meinen ganzen Körper.. Ob er ihm gefällt? Ob er mir überhaupt verziehen hat, was ich gesagt habe? Klar, als ich auf dem Eis meine Reue ausgedrückt habe, hat er mich angelächelt.. Aber was wenn das nur oberflächlich war? Fakt ist, dass er mir das Gefühl gibt, für mich da zu sein & ich dieses Gefühl sonst nicht kenne. Es macht mir Angst. Die Vorstellung, mich auf jemand anderes zu verlassen, bereitet mir echte Panik. "Noë?", meine Stimme ist so leise, dass Noë mich bestimmt nicht gehört hat. "Bitte verzeih, was ich dir vorhin an den Kopf geworfen habe. Ich.. Ich kenne das Gefühl einfach nicht, wenn jemand nett zu mir ist und das macht mir Angst.." Jetzt ist es raus. Meine grösste Angst ist ausgesprochen.. Ich spüre wie sich die Tränen schon wieder nach vorne drücken. Ein Wimmern entflieht meinen Lippen und ich Kralle mich an Noë's Brust fest. Weine sein Shirt voll, während er seine Arme sanft um mich schliesst. Voller Herzensschmerz sage ich seinen Namen und er löst die Umarmung direkt. Er soll mich weiter festhalten, mich nie mehr loslassen. Wieder entwischt mir ein Wimmern und ich ziehe an seinem T-Shirt. Als würde er verstehen, schliesst er mich wieder in eine Umarmung.
"Lass mich nicht los. Bitte.. Halte mich.. Rette mich.." Ja.. Das ist mein innigster Wunsch an Noë, dass er mich rettet. Dass er mich für immer festhalten wird.

Und plötzlich ändert sich Alles..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt