Kapitel 17

35 4 2
                                    

Gaël steht einfach da. Schüchtern mit dem Blick zum Boden gerichtet. Auch ich erröte leicht.

„Jungs springt in den Wagen, ich kann das hier ja nicht aushalten mit euch beiden. Ist ja peinlich wie schnell ihr rot werdet." Lori kichert. Sie scheint das Ganze super witzig zu finden, während es mir total unangenehm ist.

Ich setze mich auf den Beifahrersitz und Gaël platziert sich hinter Lori. Im Rückspiegel kann ich diese Schönheit also weiter betrachten, während wir langsam losfahren.

„Worauf hast du Lust?" Gaëls Stimme durchbricht die peinliche Stille. Ich drehe mich fragend um, verstehe nicht was er meint.

„Na, Essen mein ich.", er errötet schon wieder. An was hat er jetzt gedacht??? „Obwohl, du hast ja gar nicht ja gesagt." 

Ich beginne stotternd: „Nein.. Also.. Ja.."

„Komm endlich zum Punkt Noë, du bist doch kein Kleinkind mehr." Lori scheint genervt zu sein. Ich schaue sie an, sehe dann aber das Schmunzeln auf ihren Lippen.

„Nein, ich habe nicht geantwortet.", beginne ich langsam. „Aber ja, ich würde gerne mit dir was essen gehen und Lust auf was bestimmtes hab ich nicht. Also wähle du."

Gaël dreht sein Gesicht wieder zu mir. Seine Wangen sind leicht gerötet vor Freude. „Ich.. wow also.. Wie wärs denn mit Pizza?"

Unglückliches Grunzen von Seiten meiner Trainerin, unserer Trainerin. „Nichts Fettiges am Abend Gaël, wie oft hab ich dir das schon gesagt?" Der angesprochene Junge lächelt verlegen. „Wie wärs dann mit Sushi?", fragt er zögerlich.

Ich schaue Lori an und sie nickt zufrieden. Aus meiner Sicht ist Sushi auf mehr als perfekt, zumindest mit Gaël, und so machen wir uns auf den Weg zum nächsten Sushi Restaurant.

Als wir auf dem Parkplatz ankommen, ist das Restaurant schon ziemlich voll. 

„Hoffen wir mal, dass die noch Platz für drei Personen hat.", kichert Lori. Wir steigen aus und gehen zum Restaurant. Gaël hält Lori und mir die Tür auf, während er mir ein warmes Lächeln schenkt. Unwillkürlich lächle ich zurück, mein Puls steigt in die Höhe und ich merke wie meine Hände leicht beginnen zu schwitzen. Ich werde immer nervös wenn er mich so anlächelt.

Kaum treten wir ein, kommt schon eine gehetze Kellnerin und weist und schnell einen der letzten leerstehenden Tische zu. Sie murmelt, dass gleich jemand komme um die Bestellung aufzunehmen und eilt zum nächsten Tisch, um dort die mittlerweile leeren Teller abzuräumen.

Uns wird die Karte gebracht und wir bestellen unsere Getränke. Gaël und ich nehmen je ein Zitronenwasser und Lori bestellt sich ein Glas Sake. Wir schauen sie schräg an und sie versucht unschuldig zu wirken.

„Na, ich muss morgen ja nicht zur Schule und ausserdem bin ich ja auch alt genug."

Ich schaue sie schockiert an. „Das mag schon sein, aber du musst noch fahren."

„Ach das klappt schon.", meint sie selbstsicher.

Gaël murmelt ein leises: „Na hoffen wir's." und wendet sich dann wieder seiner Karte zu.

„Euer Training heute ist sehr gut gewesen. Gaël, dein Agape ist eine Naturgewalt. Für wen oder was du auch immer laufst, festige die Bindung.", Lori strahlt, mehr als sie je gestrahlt hat, wenn ich gelaufen bin. Eigentlich sollte ich deswegen eifersüchtig auf Gaël werden, aber ich freue mich. Er scheint sich ebenfalls über das Kompliment zu freuen, denn er grinst wie ein Honigkuchenpferd.

„Und zu dir Noë.", richtet Lori das Wort nun an mich. Gaël und ich schauen sie gespannt an. „Dein neues Programm kann eine Legende werden, du musst deine wahre Motivation noch finden, aber auch du wirst unglaublich laufen. Noch unglaublich als jetzt schon. Deine Sprünge sind alle elegant und überaus hoch, ich überlege mir, dich an den Meisterschaften mit gehobenen Armen springen zu lassen." Sie macht eine kurze Pause. „Vorausgesetzt du stehst Neunzig Prozent davon im Training."

Ich halte die Luft an. Mit erhobenen Armen durfte ich noch nie springen in einem Wettkampf. Jeder meiner Trainder fand, dass ich mich auf die Performance konzentrieren soll und meine Kraft nicht in den Sprüngen verlieren. Gaël nickt mir anerkennend zu.

„Deine Sprünge mit gehobenen Armen sind wirklich anmutig. Du musst die unbedingt stehen im Training, dann bist du weit vorne mit dabei! Ich glaube an dich, wenn es jemand schafft, dann du."

Tränen sammeln sich in meinen Augen. So viel Zuspruch bin ich mich nicht gewohnt. Lori hält meine Hand fest und Gaël reicht mir ein Taschentuch. Ich tupfe die Augen ab und putze mir die Nase, bevor ich das vollgerotzte Taschentuch in meiner Tasche verschwinden lasse.

„Wenn das nicht die Eistuntenlauf Crew ist."

Nicht schon wieder. Quinn hat uns gerade noch gefehlt. Sie kommt zu mir und fährt mit ihrer Hand über meine Schulter, bevor ihre künstlichen Nägel anfangen sich einen Weg über meinen Oberkörper zu bahnen.

Lori schaut das Mädchen entsetzt an. Sie ist total überfordert und bringt kein Wort raus. Gaël hingegen springt auf und greift nach ihrem Handgelenk. Quinn zieht es jedoch schnell zurück, bevor sie mir beide Hände auf die Schultern legt.

„Och Gaël, hab dich doch nicht so.", sie lächelt ihn düster an und neigt ihren Kopf dann zu meinem Ohr. „Ich bin mir sicher, du hast deine Meinung noch geändert, lieber Noë." Wieder spielt sie mit meiner Kette und dieses Mal greife ich nach ihrer Hand.

„Du solltest endlich verstehen, dass ich nicht auf künstliche Tussen wie dich stehe. Ich stehe auf ehrliche und leidenschaftliche Typen. Du warst, bist und wirst also nie meine Aufmerksamkeit erregen."

„Typen?", Quinn lacht hysterisch. „Na dann passt es ja, dass du mit der Oberschwuchtel der Schule abhängst."

Ich merke wie sich Lori langsam wieder fasst. Langsam richtet sie sich auf und bedrohlich dreht sie sich zu Quinn um, deren Hände auf meinen Schultern ruhen.

Sie schaut Quinn an. Wütend und überaus streitlustig.

„Lass. Die. Finger. Von. Meinem. Neffen. Du. Widerliches. Miststück." Jedes Wort betont sie einzeln. Der Tonfall spitz und beängstigend. Quinn weicht nun etwas eingeschüchtert zurück und will langsam rückwärts abdampfen. Lori macht aber einen schnellen Schritt vor und packt Quinn am Kragen. Die Leute um uns herum schauen uns an. Entgeistert. Ein paar werfen uns auch mitleidige Blicke zu. Andere schauen Lori wütend an, weil sie ein junges Mädchen bedrohlich am Kragen hält.

„Noch ein einziges Mal höre ich von meinen beiden Jungs, dass du sie belästigst und dann erlebst du mich in Aktion. Ich dulde kein solches Fehlverhalten gegenüber meinem Neffen, oder meinem Schützling."

Sie drückt Quinn von sich und das Mädchen stolpert ein paar Schritte, bevor sie zurück schaut.

„Und sag das auch deinen Freunden. Vorallem Joel." Lori zeigt mit dem Finger bedrohlich auf die eben noch so selbstsichere Quinn. „Vergiss meine Warnung nicht."

Unsere Mitschülerin dampft ab und Lori setzt sich wieder zu uns. Schon fast angewidert putzt sie ihre Hände an der Serviette ab. Dann strahlt sie Gaël und mich an.

„Lasst uns essen Jungs, ich bin hungrig."


Und plötzlich ändert sich Alles..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt