~ Kapitel 14 ~

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Wie auch schon gestern, hat Lori mich heute zur Schule gefahren. Die Blicke ruhen - ebenfalls wie gestern - alle auf mir. Heute sind die Ersten jedoch nicht mehr neugierig, sondern feindselig.
Heute habe ich zu allererst Biologie bei einem Mr. Empol, da ich nicht weiss wie er drauf ist, versuche ich schon früh im Unterrichtsraum zu sein.
Ich setze mich auf einen Platz in der dritten Reihe, stöpsel meine Kopfhörer wieder rein und schliesse meine Augen. Ich geniesse die Musik in vollen Zügen und seufze entspannt auf.

I'll be your reason why
Hold on
You've got stars in your eyes
So lets paint the sky
Oh hold on, Oh hold on, Oh hold on

Ich öffne meine Augen wieder und bemerke, dass sich das Klassenzimmer schon ordentlich gefüllt hat. Neben mich hat sich ein Junge gesetzt, den ich noch nicht kenne. Eigentlich nicht weiter verwunderlich.. Schliesslich ist heute erst mein zweiter Tag an dieser Schule.
Kurz vor dem Klingeln stürmt noch Gaël in den Raum und ich halte die Luft an. Er sieht schrecklich aus. Er ist total blass im Gesicht, hat jedoch dunkle Augenringe und rot geschwollene Augen. Seine Haare stehen in alle Himmelsrichtungen auf und seine Kleidung passt nicht zusammen. Ein grünes Shirt zu einer blauen Skinnyjeans mit weissen Schuhen und ein roter Mantel. Hilflos schaut er im Raum umher und sein Blick bleibt an mir haften.
"Mr. Streiter! Schauen Sie nicht so blöd und setzen sie sich auf den freien Platz. Oder wollen Sie etwa am Boden sitzen heute?", der ältere Herr - bestimmt Mr. Empol - lächelt Gaël an. Jeder, der nicht blind ist, erkennt jedoch die Falschheit darin. Gaël scheint es jedoch nicht zu bemerken, oder ignoriert es absichtlich und dankt dem Lehrer. Schenkt ihm ein letztes müdes Lächeln.
"Morgen.", flüstert Gaël mir zu und ich erwidere. Der Junge links von mir, schiebt mir einen Zettel zu.

Hi,
Ich bin Severin &' du?

Eines muss man diesem Jungen lassen, er hat eine verdammt schöne Schrift! Grinsend kritzle ich unter seine Nachricht meinen Namen und direkt auch meine Handynummer. Gaël neben mir verkrampft sich, im Augenwinkel beobachte ich, wie er seine Hefte zwischen uns legt und so eine Grenze baut. Aus würde er sich symbolisch von mir distanzieren wollen. Ohne mir weiter darüber Gedanken zu machen, schiebe ich den Zettel zu Severin zurück. Er strahlt förmlich, als er meine Nummer sieht und macht sich unter dem Tisch direkt ans Eingeben.

Noë *~*

Süss, wie er mich mit diesem Smiley einspeichert, noch bevor wir uns kennen.

Ich schreib dir dann in der Pause auf WhatsApp, habe hier kein Netz. ;)

Ich greife in meine Hosentasche und schaue nach, tatsächlich, in diesem Raum hat man keinen Empfang. Ich schreibe ein 'Ich freu mich drauf' auf den Zettel und widme mich dann dem Unterricht.

Herr Empol erzählt gerade etwas über eine grosse Gruppenarbeit, welche wir bis zum Ende des Schuljahres erarbeiten sollten. Die Gruppen sollen wir selber bestimmen.
Von links und rechts kommt ein Zettel zu mir geschoben.
Zum Einen fragt Severin mit seiner eleganten Schrift, ob wir beide nicht zusammen am Projekt arbeiten möchten und dann zum Anderen fragt mich Gaël mit seiner Standardschrift dasselbe, nur ganz anders gefasst:

Bitte verzeih, dass ich gestern so scheisse war.. ich hoffe du bist mir nicht böse oder so..
Zumindest wollte ich wissen, ob du die Gruppenarbeit zusammen mit mir machen willst?
Ja - Lächeln
Nein - Rückwärtssalto

Unwillkürlich muss ich kichern, irgendwie mag ich die Art, wie Gaël sich entschuldigt.
Bei Severins Zettel schreibe ich ein 'Ich mach's mit Gaël.. Sorry..' hin und schiebe ihn zurück.
"Dann machst du es echt mit mir?", flüstert Gaël ungläubig. Ich lächle ihn an und antworte: "Klar doch, du kannst ja mit den Anderen schlecht zusammen arbeiten." Gaël wirkt auf eine Art und Weise - die mir überhaupt nicht gefällt - bedrückt. "Ich will dich nicht dazu Nötigen Noë.."
"Tust du nicht!", antworte ich, greife unter dem Tisch nach seine Hand und drücke sie sanft. Das Gefühl einer wohligen Wärme breitet sich von der Hand her aus, weil es einfach zu Beruhigend ist, lasse ich Gaël nicht mehr los.

Nach einer Weile entlässt Mr. Empol uns in die Pause. Gaël und ich haben Freistunde.
Wir packen unsere Sachen zusammen und ich ziehe ihn an der Hand raus. Durch die Schulflure irrend, halte ich Gaëls Hand weiter fest und er lässt mich gewähren.
"Noë..", verzeifelt drehe ich mich zu einem belustigten Gaël um. "Du hast dich verirrt, wo willst du eigentlich hin?"
"Ich.. also.. Bibliothek.." Beschämt schaue ich zu Boden, doch Gaël verschränkt unsere Finger nur ganz ineinander und zieht mich leicht mit sich. Mit sanfter Stimme sagt er: "Ich zeig dir, wo die ist."

Während wir den ganzen Weg zurück gehen kommen wir an etlichen Schülern vorbei, die uns alle schräg anschauen. Gaël lässt sich davon jedoch nicht beirren und hält meine Hand fest. Gaël und ich halten vor einer grossen Tür, an der ein Schild hängt mit diversen Öffnungszeiten.
Like a Gentleman hält er mir die Tür auf und löst seine Finger. "Hier ist die Bibliothek, soll ich dich dann später wieder abholen?" Bedrückt schaue ich zu Boden und schüttle den Kopf. Ein etwas verwirrter Blick von Gaël ruht auf mir. "Was denn dann? Findest du alleine wieder zurück?"
Wieder schüttel ich den Kopf, nehme meinen ganzen Mut zusammen, greife Nach Gaëls Hand und ziehe ihn zu mir. Sein kleiner, zierlicher Körper fällt gegen meine Brust als er leicht stolpert. "Lass uns die Freistunde bitte gemeinsam verbringen.", flüstere ich und er nickt nur, den Kopf an meiner Brust vergraben.

Und plötzlich ändert sich Alles..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt