Am seidenen Faden

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Ich schloss die Augen und öffnete sie anschließend wieder. Nanu? Da ich keine Rolladen hatte, schien der Mond in mein Zimmer und gab den schwarzen Möbelstücken etwas Magisches. Zumindest war es so, als ich eingeschlafen war. Vor genau... Mein Blick fiel auf den Wecker. Es war kurz nach halb 10. 5 Minuten? Ich hatte nur kurz die Augen geschlossen doch meine Müdigkeit war wie verflogen. Ich fühlte mich seltsam.

Plötzlich fiel mir auf, warum ich mich fühlte, als müsste ich geich einen Regenbogen auskotzen. Alles war in rot getaucht, als würde man durch eine 3D-Brille sehen und dabei das rechte Auge schließen. Irritiert setzte ich mich auf. Meine Möbel, die Wände, sogar mein Körper selbst. Alles erschien mir so surreal, als würde ich nur einen Film sehen, aus der Persektive von...mir?

Ich sah auf meine Hände. Mit dem Finger fuhr ich über das glatte Holz meines Bettes. Nichts. Ich berührte es aber es fühte sich so an, als wäre eine Druckwelle dazwischen. Ich sah aus dem Fenster. Der Himmel, rot und alles andere seltsam verzerrt und schwarz. Draußen schien kein einziges bisschen Leben zu sein, alles wa totenstill. ,,Wie beunruhigend",murrmelte ich.

Mein Blick schweifte durch den Raum. Ich war unruhig, hatte das Gefühl, als würde ich gleich etwas verpassen, etwas Wichtiges. Am Boden blieb er stehen. Da war ein seidenes, weißes Faden, das einen seltsamen Kontrast zum Rot um mich herum gab. Ich folgte mit meinen Augen den Faden. Den Boden entlang, in meine Richtung, die Bettkante hoch, bis zu meinem Fuß, an dem er sorgfältig mit einer kleinen Schleife angebunden war. Ich runzelte die Stirn. ....Okey? Wer auch immer sich diesen Scherz erlaubt hatte, er war nicht witzig. 

Ich stand auf und verließ mein Zimmer. Der Faden verlief den Flur entlang. Wo er wohl endete? Vielleicht würde er mich ja zu den Übeltätern bringen. Also folgte ich der Spur. Sie war ziemlich lang. Ich musste zuerst den langen Flur des Mädchentraktes durchqueren, anschließend die breite Treppe hinauf, bis es nicht mehr ging. Der Faden verschwand hinter einer metallischen Tür, auf der ein Schild mit der Aufschrift Betreten verboten hang. Nicht gerade einladend. 

Ich zögerte. Ich war viele Stockwerke hinaufgekommen, wahrscheinlich war dies die Tür zum Dach des Mädchentraktes. Und es war verboten. Ich würde bestimmt nur verarscht. Wunderte mich nicht, ich war die Neue, also ein leichtes Opfer. Sobald ich die Tür öffnete, würde derjenige, der mich auch hier hochgeführt hatte, einen Lehrer rufen und ich wäre am Arsch. Es wäre Dumm, da raus zu gehen.

Ja, dumm. Sehr dumm. Könnte mir dann bitte jemand erklären, warum ich anschließend mit einem Ruck die Tür aufstieß und über die Türschwelle trat? Genau. Pure Neugier. Oder Leichtsinnigkeit. Oder Dummheit. Nennt es wie ihr wollt, ich habe es jedenfalls getan.

Ein Wind zog über mir und ließ das Nachthemd ( wobei es sich dabei wohl eher um ein hauchdünnes Kleid gehandelt hatte) flattern, sodass ich es nur mit Mühe unten halten konnte. Die Ohren und meine Löckchen flatterten ebenfalls was das Zeug hierlt. Es war sehr windig...aber nicht kalt. Auch hier draußen hatte alles diesen dummen Rotton angenommen. dass mich fast zum Kotzen brachte, so sehr beunruhigte es mich. Ich sah wieder auf den Boden und folgte den weißen Faden, welche nicht vom Wind bewegt wurde, als könnte man ihn sehen, er aber nicht wirklich da war.


Mein Blick wanderte den Boden entlang, bis an den Rand des Daches. Ich weitete die Augen. Da saß jemand. Die Person kehrte mir den Rücken zu und sah in den Himmel, an dem sich langsam ein Sturn zu brauen schien. Ich sah wieder die Person an. Der Faden führte genau zu ihr.

Sie schien die Beine am Rand baumeln zu lassen, als wären das keine knapp 4 Stockwerke nach unten oder so. Und dann auch noch der Sturm. Herrje, war sie lebensmüde?

,,Hey!",rief ich ihr zu. Keine Reaktion. Ignorierte sie mich oder wurde ich einfach nur nicht gehört. Ich zögerte, da ich nun wirklich nicht näher an den Rand gehen wollte. Wind hieß Sturm, Sturm hieß Regen, Regen war kalt und es war Frühling also tagsüber warm. Traf warme Luft auf Kalte gab es Blitze. Blitze und Sturm zusammen bildeten ein Gewitter. Und ich hatte höllische Angst vor Gewittern. Regen machte mich immer nervös und wenn es blitzte, war ich zu gar nichts mehr zu gebrauchen.

Am Liebsten wäre ich wieder rein gerannt, hätte Chitas Zimmer aufgesucht und bei ihr übernachtet. Hauptsache nicht alleine sein. Aber ich konnte ihn oder sie doch nicht einfach hier zurück lassen. Ich nahm also all meinen Mut zusammen und kämpfte mich durch den stärker gewordenen Wind einige Schritte in ihre Richtung. ,,Hey! Du Da! Du musst da weg, das ist zu gefährlich!" Wieder keine Reaktion.

Okey Aila. Er oder sie will offentsichtlich nicht hören. Du wirst jetzt einen Schritt nach dem anderen setzen,wieder rein gehen und dich vor dem Gewitter in deinem Kleiderschrank verstecken so wie du es immer tust.

Ich machte wie mein Unterbewusstsein es mir befahl, einen Schritt nach dem anderen. Aber nicht zurück. Ich ging weiter auf die Person zu und somit auch weiter auf den Rand zu. Gott, konnte ich nicht ein einziges Mal auf mich selbst hören? Immer dieses scheiss Moralempfinden!

,,Du musst hier weg!",schrie ich schon fast verzweifelt aber es hatte keinen Sinn. Ich sah in den Himmel. Der Sturm zog immer näher. Es war definitiv hoffnungslos und trotzdem zögerte ich. ,,Ach, scheisse!",fluchte ich, ,,sollten diese Intelligenzbestie und ich überleben, werde ich hier eigenhändig den Kopf abreissen." Mit schnellen Schritten trat ich voran.

Umso näher ich kam, umso mehr konnte ich erkennen. Zuerst registrierte ich ihre Kleidung. Weiss. Dann ihre kurzen Haare. Weiss. Breite Schultern, männlich. Aber....das konnte doch nicht sein, oder? Wenn das der ist von dem ich denke, dass er es ist, denke ich wohl, dass durch das was ich gedacht habe, man mich als unumkehrbar als klinisch hirntot und psychisch unfähig, sinnvolle Schlüsse zu ziehen, hätte einstufen können. Anders gesgat, ich fing an, verrückt zu werden. Aber hey! Mir waren Löffel und ein Schwanz, den ich zugegeben sogar echt süß fand, gewachsen. Was erwartet man da noch von mir?

Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter. Langsam drehte er sich um und sah mir direkt in die Augen. Blau. Blauer. Tobias Augen. Der erste Ausdruck in seinem Gesicht schien Perplexheit zu sein, als hätte er überhaupt nicht damit gerechnet, mich hier vorzufinden.

Eine Weile starrten wir uns einfach an. Ich blinzelte. Er blinzelte. Der Sturm schien vergessen, bis ein Blitz aufschlug. Und das nicht gerade weit weg. Ich zuckte Ruckartig zusammen und meine Beine fühlten sich plötzlich an, als wären sie aus Wackelpudding. Ich brach in hysterie aus. Ich hielt die Ohren und presste die Augen zu, schrie, als es noch ein zweites Mal Blitzte. Das war zu viel. Mir wurde schwindelig und meine Beine gaben nach. Und dann fiel ich. Auf den Boden. Der Boden befand sich 4 Stockwerke unter mir.

Mit letzter Kraft öffnete ich meine Augen einen Spalt, jedoch nur, um zusehen, wie Tobias mir beim Fallen zu sah und ein kleines Lächeln seine Mundwinkel umspielte.

Und dann?

Und dann wachte ich auf.

Renn, Häschen, RennWo Geschichten leben. Entdecke jetzt