Liebes Tagebuch,
Ich verzweifele langsam. Ein weiterer Tag ist vergangen und ich konnte es Mirray immer noch nicht sagen. Ich weiß, umso mehr ich es hinaus zögere, umso schlimmer wird sie am Ende reagieren und ich sollte es ihr selbst sagen. Ich wage es kaum, mir auszumalen, was wäre, wenn sie Tenshi und mich ertappt oder jemand uns verpetzt. Sie wird nie wieder ein Wort mit mir wechseln. Aber was sollte ich denn ohne sie machen? Sie bedeutet mir sehr viel und ohne sie, bin ich aufgeschmissen, alleine. Und Tenshi? Der macht es mir alles andere als leicht. Er scheint seit gestern noch süßer zu sein als sonst und versucht mich ständig zu küssen. Ich musste ihn einige Male von mir wegschieben und erklären, dass mir das in der Öffentlichkeit unangenehm sei, was wohl im absoluten Widerspruch zu dem steht, was ich wirklich will.
Horimya-sensei war heute wie sonst auch immer. Witzig, streng und beherrscht. Ich hatte ja gar keine Zeit, um mir Gedanken um ihn zu machen, dazu war ich viel zu sehr mit meinen Problemen beschäftigt. Ich kann die ganze Zeit nur noch an ihn denken.
Tenshi......Tenshi.....Tenshi......ich glaube, ich liebe ihn.
Verdammt! Ich wünschte er würde irgendetwas machen, damit ich ihn hasse. Irgendetwas, dass mir die ganze Sache leichter macht. Aber ich denke, er müsste Mirray vergewaltigen, damit ich das könnte. Und schon der Gedanke allein lässt mich würgen.
Ich muss und werde es Mirray sagen.....Morgen.
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,,Du hast WAS?",schrie Chita bevor sie mich hochkannt auslachte. Ich sah sie finster an und bereute es, ihr von der Sache mit Jacob erzählt zu haben. Ich hatte ihr alles erzählt und sie lacht mich einfach aus. Aber naja, es war Chita. Also was solls?
Sie kriegte sich wieder ein. ,,Entschuldige, aber das ist wirklich zum totlachen. Du hast dich zuerst behauptet und bist dann weggerannt? Was bist du, ein Hase oder ein Hasenfuß?" ,,Ich bin weder das eine noch das andere. Ich bin nur darauf bedacht das hier zu überleben und diesen ganzen scheiß hinter mich zu bringen.",zischte ich.
Bockig sah ich meine Kartoffelsuppe an. Sie war lecker, ohne zweifel, aber die von Kenji-tou schmeckte mit Abstand besser. Mann, wie ich meine Väter vermisste, und wie ich Nana vermisste. Ob es ihr überhaupt gut ging? Mir fiel ein, dass Lang etwas von Telefonräumen geredet hatte. Aber ich kannte Nanas Handynummer nicht und übers Haustelefon anzurufen würde nichts bringen, weil ihre Mutter es hasste, wenn Freundinnen von Nana oder Kei das machten. Und im Namen der nationalen Sicherheit, keiner sollte Nanas Mutter wütend machen.
Aber ich konnte Kenji-tou anrufen und ihm sagen, er soll sie nächsten Freitag mit zum Besuchstag nehmen. Ich musste sie sehen, ich brauchte sie. Wahrscheinlich waren die drei mein letzter Anker zur Normalität und ich wusste, sobald ich diesen Anker verlieren würde, würde ich entgültig durchdrehen. Was sich innerhalb diesen Mauern abspielte, war definitiv nicht normal.
Chita quetschte mich die ganze restliche Mittagspause über alles aus, und ich hatte keine andere Wahl als ihr alles zu erzählen, was am Vortag und heute Morgen geschehen war. Was Jacobs Verhalten anging, gab sie keinen Kommentar. Hin und wieder ließ ich meinen Blick durch den Saal schweifen, ohne genau zu wissen, wonach ich ausschau hielt. Vielleicht nach einem wütenen Jacob mit Killerblicken. Oder nach einer Kaoi, die sich mir gegenüber so verhielt, als wäre ich die jenige mit den Killerblicken. Aber ich fand niemanden von den beiden.
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Nach dem Unterricht schlich ich mich hinter das Hauptgebäude, wo sich das Versteck befand. Ich brauchte eine Weile, bis ich es fand. Es war ziemlich gut getarnt. Die Fläche hinter dem Schulgebäude schien schon so ziemlich vergessen worden zu sein. Der Rasen war dort inzwischen so hoch, dass teilweise Grashalme bis unter mein Rock glitten, was alles andere als angenehm war (besonders, weil dieses Ding an meinem Hintern empfindlicher war, als zuvor gedacht. Brrrrrr Gänsehaut.) und darauf hinwies, dass sich keiner mehr darum kümmerte.
Das kleine Loch in der Erde wurde vom hohan Gras komplett bedeckt, sodass es vom weitem überhaupt nicht und vom Nahen nur schwer zu sehen war. Wieder landete ich auf dem Schlafsack. Staub wirbelte herum, ich hustete und fächerte mit der Hand.
Alles war wie am Vortag. Der Tisch, Der Teppisch, der Schrank und die Bücher. Ich stand auf und setzte mich auf an den Tisch. Mein Blick schweifte durch den Raum. Hier hatte Tobias seine Nachmittage verbracht, wenn er gerade keine Lust darauf hatte, um sein Leben zu rennen. Mein Blick fiel auf die Bücherstapel. Einer Schulbücher, der andere Romane. Er hatte sich die Zeit also mit lernen oder lesen totgeschlagen.
Ich nahm mir eines der Romane und blätterte darin rum. Sofort wich mir die Farbe aus dem Gesicht und ich legte ihn wieder Ehrfürchtig weg. Tess. Wieso sollte ein Teenager Tess lesen? Das versteht doch kein Schwein. Ich hatte noch nicht einmal den Film verstanden.
Ich sah die Schulbücher an. Nein, danke. Diese Teufelsdinger fasse ich ganz bestimmt nicht an. Mein Blick wanderte weiter über den Tisch, bis er auf den Laptop stieß, der mir schon gestern aufgefallen war. Zögernd klappte ich ihn auf und fuhr ihn hoch. Konnte man die Privatsphäre eines Toten verletzen? Wenn ja, dann war das wohl genau das, was ich gerade tat.
Tobias hatte kein Passwort und sofort bot mir ein Hinblick auf sein Hintergrundbild. Es war ein Bild von Kaoi und ihm. Es schien ein Schnappschuss gewesen zu sein, da es etwas verschwamm. Kaoi, die wunderschön auf dem Bild aussah, hatte Farbe im Gesicht und ihre Augen strahlten wie flüssige Schokolade. Sie verschränkte die Arme, machte einen skeptischen Eindruck, der ihre Augen jedoch nicht erreichte. Tobias stand vor ihr, grinste sie entschuldigend an und hielt ihr einen Cupcake mit Kerze hin. Ein Geburtstagscupcake? Sah ganz danach aus.
Das Bild zu sehen, versetzte mir ein Stich ins Herz. Und er saß tief. Sehr tief. Der glückliche Ausdruck in ihren Augen war nicht zu übersehen. Sie waren glücklich gewesen und jetzt war er tot. Ich wusste nicht ob ich Kaoi bemitleiden sollte oder mich. Oder ob ich schadenfreude empfinden und sie hassen sollte, selbst wenn ich wusste, dass das alles andere als fair gewesen wäre. Jedoch, so wie ich mich fühlte, hätte es mir am Arsch vorbei gehen können, ob das fair oder nicht gewesen wäre. Ein Hoch auf mein inneres Miststück.
Ich klickte mich durch seine Galerie. Bilder. Viele Bilder. Manche von ihm und Jacob, von ihm und Freunden, aber viele, sehr viele von ihm und Kaoi. Viele Bilder und nur ein einziges Video. Ich klickte es an, obwohl ich wusste, was mich erwartete.
,,Was machst du da?" Ich fuhr herum und mein Herz fiel mir in die Hose als ich da nur Chita vorfand. ,,Nichts",sagte ich und klappte den PC zu. Sie sah mich skeptisch an, ließ es aber dann doch und warf mir etwas zu. Aus Reflex fing ich es auf und sah irritiert in meine Handfläche. Ein Stick. Stirnrunzelnd sah ich meine Freundin an. ,,Wir sollen in Englisch einen Vortrag über irgendso nen Typen halten. Ist 'ne Teamarbeit. Da du in Englisch aber offentsichtlich besser bist als ich, würde ich sagen, ich Team, du Arbeit."
Ich brauchte eine Weile bis ich den Witz verstanden hatte. Dann stöhnte ich auf, da Chita mir soeben die Arbeit zugeschoben hatte.
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Renn, Häschen, Renn
FantasíaIn der Wildnis heißt es fressen oder gefressen werden. Für die 16 jährige Aila heißt es zu ihrem riesen Pech jedoch ,,Wegrennen oder gefressen werden". Seit dem sie durch einen Zufall zum weissen Häschen der Yakaziwa Mori (auch YzM) wird, geht für s...