Damn it Cas!

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Nachdem der Impala wieder glänzte, wie der Goldschatz am Ende des Regenbogens, kehrten die Beiden in ihr Motel zurück. Jay erzählte, auf Deans Bitte hin, von ihren Urlauben an der europäischen Küsteund Dean redete über die wenigen schönen Momente, als er sich um Sam gekümmert hatte. Am meisten gefiel Jay die Geschichte vom improvisierten Weihnachten.
Im, zur Abwechslung mal ziemlich gemütlichen, Motelzimmer schmiss Jay sich auf ihr Bett, während Dean seine Hände im Küchenwaschbecken wusch. Dabei glitt sein Blick immer wieder verstohlen über dieSchulter, zu Jay. Sie verströmte eine Art ruhelose Energie, aß kaum und schlief nach Möglichkeit nur alle paar Tage, dennoch waren die letzten drei Wochen besser, als die letzten Jahre mit Sam. Komischerweise. Sie zog ihn an wie ein Magnet, wobei seine Standfestigkeit üblicherweise in einer Identitätskrise endete und schließlich fast vollkommen disappearte. Nur die Tatsache, dass er noch lange mit ihr unterwegs sein würde und es sich folglich nicht mit ihr verscherzen durfte, hielt ihn davon ab bestimmte Dinge zu versuchen. Naja... außerdem wollte er ihren 'leicht' derangierten Zustand nicht ausnutzen. So viel Anstand besaß er dann doch noch.

Schnaufend ließ Jay sich auf das frisch gemachte Bett fallen und starrte die helle Decke über sich an. Ihre Finger waren vom Waschwasser ganz feucht und hinterließen eine warme Spur, als sie sich über die müden Augen rieb. Seit Wochen schlief sie kaum, konnte nicht, wollte nicht. Das Gefängnis, in das sie ihre Erinnerungen, ihre Gefühle bisher zu verbannen versuchte, bröckelte. Schwankte. Drohte zusammenzubrechen. Immer wieder sah sie Mason und Jesse vor sich, wie sie zusammen lachten, Zeiten in denen die Welt in Ordnung war und genauso oft wechselte die Szenerie. Aus schönen Erinnerungen wurden grausame Albträume. Und sie endeten immer auf dieselbe Weise. IhreJungs, ihre wichtigste Familie seit sie denken konnte, verblutete oder wurde auf brutalste Weise zerfetzt und sie stand daneben, unfähig sich zu bewegen. Unfähig sie zu retten. Anfangs konnte Jay sich davor verstecken, der Horror begann erst in der Nacht, sobald sie die Augen schloss. Und wäre das nicht beschissen genug, bahnte sich auch etwas Neues den Weg an die Oberfläche. Hass. Hass auf sich selbst. Nicht weil sie ihre Freunde hat sterben lassen. Nein. Sie hasste sich für das was sie danach getan hatte. Normalerweise war es nichts ungewöhnliches einen Haufen Vampire umzunieten, nicht für einen Jäger. Aber die Art wie. Sie versuchte sich einzureden, dass es nötig war. Doch das war es nicht. Sie hatte es genossen. Hatte es genossen ihre Klinge durch ihre Kehlen stoßen zu können, ihnen die Köpfe abzuschlagen, wie das kalte Blut ihre Haut benetzt hatte. Es war kein Auftrag, es war keine Mission, es war nicht einmal Rache, es war ein Massaker und es war berauschend, auf eine schrecklich befriedigende Weise. Machte sie das zu einem Monster? In ihren Augen ja. Wer tut so etwas, außer ein Monster? Monster, die sie für Gewöhnlich jagte.
Erschrocken keuchte Jay auf. Plötzlich war sie wieder komplett da, ihr Körper arbeitete ohne zu denken. Keine zwei Sekunden später war sie auf den Beinen und zielte mit ihrer Clock, auf die Gestalt vor sich. Es war ein dunkelhaariger Mann. Er stand einfach wie aus dem Nichts im Raum, ohne auch nur das geringste Geräusch dabei zu machen. Was zur Hölle? „Du sollst das nicht tun...", murrte Dean, ohne vom Waschbecken aufzublicken. Okay, jetzt wurde es richtig gruselig.

„Hallo, Dean." Letztendlich drehte Dean sich doch um und musterte seinen alten Freund, der nur wenige Zentimeter vor ihm stand, Jay stand auf einmal hinter dem Engel und zielte mit einer dunklen Handfeuerwaffe auf ihn, doch die Verblüffung stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. „Wir haben doch darüber gesprochen, persönlicher Freiraum." Mit einer gemurmelten Entschuldigung trat er ein paar Schritte zurück. „Jay, das ist Castiel, ich habe dir vorhin von ihm erzählt. Der Engel. Cas, das ist Jay, sie gehört zu mir.", fügte er hinzu. Skeptisch ließ sie die Waffe sinken und ging mit unverhohlener Neugier auf ihn zu, um Cas' Gesicht zu mustern, als er sich, mit freundlichem Lächeln, zu ihr drehte. „Ich dachte immer Engel wären kleine Bubies mit goldenen Löckchen, Harfe und flauschigen Flügeln." Dean musste, angesichts ihrer typischen Direktheit, ein Lachen unterdrücken, doch Cas lächelte sie nur entschuldigend an. „Das ist nur eine Hülle.", erwiderte er und zupfte an seinem Trenchcoat. „Schade." „Was?" „Nichts.", winkte Jay ab und Dean konnte nicht umhin, zu bemerken wie sie den Mund spielerisch verzog. Er räusperte sich um die entstandene Stille zu überspielen und wandte sich wieder an seinen besten Freund. „Wie hast du mich überhaupt gefunden? Ich dachte, ich fliege unterhalb des Engelradars." „Engelradar?", unterbrach Jay ihn und zog fragend die Brauen hoch. Er antwortete ihr mit einem Blick, den sie hoffentlich als 'Erklär ich dir später' identifizierte. Tat sie. „Tust du auch. Bobby hat mir gesagt, wo du bist. Wo ist Sam? Und was macht sie hier?" Zum ersten Mal, schien Cas Jay richtig wahr zu nehmen, musterte sie eingehend und schien etwas sagen zu wollen, entschied sich dann aber doch dagegen. Zum Glück war sein Blick keines Wegs abwertend, sondern viel mehr...fasziniert. Jay, die ihre Fassung wieder vollkommen zurück erlangt hatte, schenkte ihm dieses wunderschöne Lächeln, eine Mischung aus Freundlichkeit und Verwegenheit. „Ich jage seit ein paar Wochen mit Dean." Stille. Stille, in der Cas' Blick nur zwischen Jay und Dean umher wanderte, sodass er sich plötzlich ertappt fühlte. „Sam und ich machen für eine Weile Urlaub von einander. Und? Hast du Gott schon gefunden?" Er bemerkte wie Jays Augenbraue langsam drohte im Haaransatz zu verschwinden, dennoch schwieg sie. „Und wo wir schon dabei sind, kann ich bitte mein Amulett zurück haben?"„Nein, ich habe ihn noch nicht gefunden. Ich bin hier weil ich deine Hilfe brauche." War das sein verdammter ernst? „Wobei? Einer Jagd nach Gott? Nein, Danke.", schnaubte er und konnte seinen spöttischen Unterton nicht vermeiden, er gab sich aber auch nicht wirklich Mühe, Cas wusste schließlich schon was er von dieser ganzen Gott-Scheiße hielt. Kopfschüttelnd ging er an seinem alten Freund vorbei, nur um dann sinnlos im Raum zu stehen. „Es ist nicht Gott. Es ist jemand anderes." Er wollte schon zu einer -zugegeben wohl eher unfreundlichen - Antwort ansetzen, doch Jay kam ihm zuvor. „Wer?" Im Gegensatz zu Dean schien sie alles andere, als desinteressiert. „Es ist ein Erzengel, der der mich getötet hat. Sein Name ist Raphael." „Wie bitte? Dich hat ein Teenage Mutant Ninja Engel fertig gemacht?" Seine Stimme triefte– dieses Mal unbeabsichtigt – vor Sarkasmus. „Ich habe Geflüster gehört. Er ist zurück auf der Erde. Das ist eine seltene Gelegenheit." Na super. Noch so ein geflügelter Bekloppter. Hört das denn nie auf? Natürlich dachte er das nur, lautsprach er aus. „Wofür? Rache?" „Informationen.", entgegnete Cas, dieses Mal etwas heftiger und Dean quittierte es wiederum mit einem noch lauteren Schnauben, Jay verschränkte nur die Arme und runzelte die Stirn. „Und du glaubst, wenn du ihn fängst, wird er dir einfach so Gottes Adresse verraten." Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, inzwischen kannte er Cas immerhin gut genug, um zu wissen, dass er nie halbe Sachen machte. „Ja. Weil wir ihn nämlich in eine Fallen locken und verhören werden. „Man kann Erzengel in eine Falle locken und kontrollieren?", fragteJay, für Deans Geschmack etwas zu begeistert. „Ja.", antwortete Cas mit Nachdruck und offensichtlich zu einhundert Prozent überzeugt, wie immer wenn es um seinen Daddy ging, so seltsam das auch klang. „Wow. Also suchen wir einen Erzengel, locken ihn in eine Falle und fragen nach Gott." Okay, jetzt reicht's! Das ist doch mal wieder so eine bekloppte Winchester-Engel-Scheiße!  „'Wir' machen gar nichts. Das letzte Mal hat Zachariah Sam und mich fast umgebracht und er hat es nur gelassen, weil sie uns brauchen. Nein. Wenn ich da mit mache und das ist ein verdammt großes wenn, dann mache ich das alleine, mit Cas!" Wut und ein kleiner Hauch Verzweiflung stiegen in ihm auf, er kannte Jay wenigstens insofern zu wissen, dass er mit Vernunft nicht weit kommen würde. Aber er musste es wenigstens versuchen. „Er würde dich einfach zerreißen. Ich will und werde nicht für deinen Tod verantwortlich sein!" Aufgebracht und eine winzige Spur flehend hielt er ihrem Blick stand, doch sie war einfach zu... naja, zu Jay. „Gut. Wirst du auch nicht, weil es meine Entscheidung ist. Ich brauche keinen Aufpasser." Eigentlich wollte er etwas erwidern, aber Jays typischer Blick – diese patentierte Mischung aus Sturheit und Herausforderung – machte ihm klar, dass er sie so oder so nicht davon würde abbringen können. Resigniert seufzte er auf und widerstand dem Drang, sich mit der flachen Hand auf die Stirn zuschlagen. Ihre Sturheit war echt legendär und manchmal einfach nur töricht. „Also, rasen wir einfach gemeinsam händchenhaltend in den Abgrund.... Wie immer. Wo ist er?" Castiels Gesicht hellte sich augenblicklich auf und auch Jay schien erleichtert, nicht weiter streiten zu müssen. „In Main. Lasst uns gehen."

Supernatural mal etwas andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt