An den Klippen

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„Sei wie ein Diamant, strahle für jeden, aber gehöre nur einem."


„Emily, du bist wirklich eine Göttin, was Kochen und Backen betrifft.", lobte ich sie und schnappte mir ein weiteres Stück von ihrem russischen Zupfkuchen. Die anderen stimmten mir augenblicklich zu. Emily errötete etwas und schenkte uns ein schüchternes Lächeln.

Auch wenn Emily noch so taff war, mit Komplimenten konnte sie einfach nicht umgehen. Vor allem nicht, wenn sie nicht von Sam kamen. Bei ihm kicherte sie immer wie ein pubertierender Teenager.

„Ach was.", sagte sie verlegen, fing sich aber langsam wieder. Schnell warf sie ein anderes Thema in die Runde und lenkte so von sich ab. Außer mir fiel dies natürlich niemandem auf. Jungs waren einfach blind, wenn es um unsere Ausweichmanöver geht, das war schon immer so und wird auch immer so bleiben.

Was die Jungs, Sam ausgenommen, auch noch nicht bemerkt hatten, war die Beziehung zwischen Paul und mir. Unser Kuss war nun schon einige Tage her und wir hatten sogar noch geklärt, was das zwischen uns beiden ist. Sobald wir allein waren, wurde ich nervös und wusste nicht recht, wie ich mich verhalten sollte. Aber glücklicherweise übernahm er die Führung. Natürlich blieb alles ziemlich keusch, außer manche Küsse, die etwas außer Kontrolle geraten waren. Aber wir sind nie weiter gegangen und das fand ich auch gut so, denn ich war noch nicht bereit mehr Nähe zuzulassen als ich es jetzt tat.

„Und was habt ihr heute so vor?", fragte Sam und riss mich aus meinen Gedanken. Auch wenn die anderen dachten, es wäre eine allgemeine Frage, wusste ich doch, dass sie an Paul und mich gerichtet war. Sam hatte einen starken Beschützerinstinkt entwickelt und kontrollierte gern mal, ob Paul mich auch nicht drängte.

„Ich wollte nachher spazieren gehen. Es ist heute so schönes Wetter, das sollte man nutzen.", erklärte ich ruhig. Paul spannte kaum merklich seine Muskeln an.

„Dann begleite ich dich. Wir haben den Vampir von neulich noch nicht zu fassen bekommen, also wirst du nicht alleine irgendwohin gehen.", beschloss Paul und sah mich ernst an. Ich nickte lächelnd. Ich hätte ihn sowieso gefragt, immerhin fürchtete ich mich nach wie vor etwas.

„Wie langweilig! Ich gehe nachher mit Kim ins Kino.", schwärmte Jared auf einmal. Alle mussten anfangen zu lachen, was er mit einem Schmollmund quittierte.

„Und inwiefern ist das interessanter als Mikas Pläne?", fragte Jacob, während er immer noch breit grinste.

„Interessanter als deine Patrouille mit Sam und ein öder Spaziergang ist es allemal.", konterte Jared, wobei er völlig außer Acht ließ, dass Sam gerade neben ihm saß und ihm sogleich eine verpasste.

Zwischen Jared und Jacob beginnt daraufhin dennoch eine hitzige Unterhaltung oder eher Diskussion. Daran hatte ich allerdings kein Interesse, also ging ich in mein Zimmer und zog mich um.

Fertig angezogen, ging ich nach draußen. Sofort stieg mir der frische Waldgeruch in die Nase. Ich hörte das leise Zwitschern der Vögel und den Wind, der durch die Blätter säuselte. Leider lag kein Schnee mehr. Wir hatten zwar gerade mal Ende Januar, aber alles war getaut. Und das schöne Schneewetter war wieder zu dem bedrückenden Regenwetter gewandelt.

„Bereit?", fragte Paul, welcher gerade hinter mir aus der Tür trat. Ich nickte und setzte mich dann in Bewegung. Anfangs behielten wir noch einen gewissen Sicherheitsabstand zwischen uns aufrecht, aber sobald wir im Schutz der vielen Bäume außer Sichtweite waren, griff Paul nach meiner Hand. Sofort durchströmte mich seine Wärme und verursachte eine angenehme Gänsehaut, die sich langsam auf meinem Rücken ausbreitete.

ungewolltes MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt