Mom schaute vom Brief zu mir. "Der kam heute mit der Post, ich wollte ihn dir geben."
Ich nickte und öffnete langsam den Brief. Irgendwie sagte mir mein Gefühl, dass dieser Brief auf irgendeine Art und Weise besonders war. Ich zog das weiße Blatt Papier und ein Flugticket heraus. Es war ein ausgedruckter, mit Computer geschriebener Brief. Das Flugticket war für Mallorca...
Ich las stirnrunzelnd:Liebe Jacky,
hiermit laden wir dich herzlich ein, mit uns in den Urlaub zu fliegen. Wir fliegen am Sonntag nach Mallorca. Madison, Daniel und ich würden uns freuen, wenn du uns begleitest, da deine Mom meinte, du seist sonst den ganzen Sommer über in New York und hilfst ihr im Buchladen.
Ruf uns einfach an!
Viele Grüße
Die West'sDie West's? Ich blinzelte verwirrt. "Mom, wer genau sind die West's?"
"Die West's sind deine Cousine Madison, deine Tante Jessica und dein Onkel Daniel. Daniel ist mein Bruder und er und seine Familie wohnen ebenfalls in New York, in Manhattan. Allerdings haben sie immer so viel zu tun, das es uns noch nie gelungen ist, uns zu treffen..." Mom blickte fast sehnsüchtig in die Ferne.
"Aber ich kenne sie doch kaum!", protestierte ich. "Wie soll ich denn dann den ganzen Sommer über mit ihnen auf Mallorca verbringen?"
Mom legte mir beruhigend eine Hand auf den Unterarm. "Glaub mir, Jacky, sie sind sehr nett und freuen sich bestimmt schon wahnsinnig auf dich!"
Ich zog misstrauisch die Augenbrauen hoch. "Wäre ich bei diesem Familienurlaub nicht nur das fünfte Rad am Wagen?"
Mom schüttelte entschlossen den Kopf. "Nein, ich kenne meinen Bruder Daniel gut genug um zu wissen, dass er ein sehr fairer Mensch ist!"
Ich beobachte gespielt interessiert eine Fliege an der Wand und sagte schließlich: "Na, wenn du meinst..."
"Ich rufe sie mal an, in Ordnung?", fragte Mom lächelnd eine Minuten des Schweigens später.
"Was?!", rief ich. "Aber Mom, vielleicht mögen sie mich nicht oder ich störe nur..."
"Papperlapp!", unterbrach sie meine Aufzählung schlimmer Szenarien. "Kommt nicht in Frage! Du wirst das machen! So einen Urlaub könnte ich dir nicht einmal anbieten."
Ich nickte langsam. "Na gut..."Am Sonntagmorgen brachte Mom mich mit dem Auto zum Flughafen. Ich war schrecklich aufgeregt, da ich vorher noch nie geflogen war. Mom nahm meine Hand und drückte sie, während wir zur Anzeigetafel schlenderten, dem mit den West's vereinbarten Treffpunkt. "Du schaffst das! Glaub mir, du wirst viel Spaß haben." Sie zwinkerte mir aufmunternd zu, währenddessen ich nur noch dachte, warum machst du das??
Unter der Tafel standen bereits eine dreiköpfige Familie mit einem gleichaltrigen Mädchen und ziemlich vielen Koffern.
"Hi!", rief Mom schrill zu ihnen herüber.
"Mom!", zischte ich strafend. "Das ist peinlich!"
Mom verdrehte genervt die Augen, sagte aber nichts mehr, bis wir bei den dreien angekommen waren. Auf einmal fing ich an zu schwitzen. Diese Familie war ungefähr fünfmal, wenn nicht sogar mehr, reicher als wir! Das war eine komplett andere Klasse! Ich bekam Panik. Ich sollte fünf Wochen mit einer stinkreichen Familie auf Mallorca verbringen? Und das ganze auch noch Überleben? Unmöglich. Sie würden mich in den Infinity Pool stoßen, weil ich keine guten Tischmanieren hatte oder mich in ein Einzelzimmer am anderen Ende des Hotels stecken lassen, weil ich ihren guten Ruf vermasselte. Ich atmete tief durch. Okay, Jacky, sie sind deine Familie. Das würden sie nicht tun. (Hoffte ich doch mal!)
"Hi!", sagte die Frau und gab mir ihre mit Silberringen besetzte Hand. "Ich bin Jessica. Du erinnerst dich wahrscheinlich kaum noch an mich." Sie lächelte und zeigte mir ihre perfekten weißen Zähne. Ich schluckte. Äußerlich war sie das komplette Gegenteil zu Mom, mit ihren gemütlichen Jeans und der Kapuzenjacke. Jessica trug ein hellblaues Hemd, eine weiße Jeans und schwarze Lackschuhe. Ihre blonden Haare waren kunstvoll hochgesteckt und sie war recht stark geschminkt. Mom predigte mir immer wenig Make-up zu benutzten. Sie meinte, es sei gesünder und bringe meine natürliche Schönheit zur Geltung. Das schien meine Tante wohl in keinster Weise zu glauben.
Nun reichte mir ihr Mann die Hand. Er trug lediglich eine dunkelblaue Jeans und ein weißes enganliegendes Hemd, welches seine schlanke, muskulöse Figur betonte. "Ich bin Daniel, der Bruder deiner Mutter."
"Freut mich!", presste ich hervor. Mittlerweile war ich fast vollkommen durchgeschwitzt. Hätte Mom mir früher gesagt, was mich hier erwarten würde, hätte ich niemals Ja gesagt!
Als letztes gab mir das Mädchen die Hand. Dummerweise hatte ich vor Aufregung ihren Namen vergessen! Ich strich mir nervös eine lockere braune Haarsträhne aus der Stirn.
"Hallo, Jacky!", sagte sie. So hatte noch nie jemand meinen Namen ausgesprochen! Ich war baff. Sie sagte es so leicht, ruhig, vornehm, stark und wunderschön zugleich, dass ich ihre Hand einen Tucken zu lang festhielt.
"Hallo!", murmelte ich und ließ endlich ihre Hand los. Madison! Jetzt war es mir wieder ein gefallen! "Hey, Madison!", wiederholte ich die Begrüßung noch einmal schnell.
"Du kannst mich auch Maddie nennen.", sagte sie mit leicht eingebildetem Unterton.
Ich schluckte. Das würde ja was werden...Mom hatte sich währenddessen mit Jessica und Daniel unterhalten. "Also dann...", sagte sie gerade. "Wir telefonieren!" Dann wandte sie sich mir zu. "Tschüss, Schatz! Ich wünsche dir ganz viel Spaß!" Sie machte kehrt und drehte sich noch einmal um. Sie winkte lächelnd mir zu. Ich winkte schüchtern zurück.
"Also!", rief Jessica gutgelaunt. "Worauf warten wir noch? Auf nach Mallorca!"
"Mom!", sagte Madison. "Lass das!"
Ich zuckte zusammen, weil ich so etwas ähnliches vor einer Viertelstunde gesagt hatte. Waren wir uns so ähnlich?!Etwa zehn Stunden später kamen wir bei unserem Hotel an. Das Hotel war weniger ein riesiges Hochhaus, sondern mehr eine Ansammlung von kleineren Häuserblocks mit zwei Stockwerken und Balkons. Die Häuser waren, typisch für Mallorca, sonnengelb mit dunkelbraunen Dächern. Im hinteren Teil, der etwas abgelegen lag, befand sich unser Ferienhaus. Ja, es war eher ein Haus als ein Zimmer oder eine kleine Wohnung.
Daniel schloss die rustikale Holztür auf. Das Innere des Hauses war überwältigend. Es gab einen Pool nur für uns allein und drei Badezimmer, sowie eine riesige Küche mit Kochinsel, ein großes Wohnzimmer mit weißer Couch und vier Schlafzimmern. Ich blieb vor dem Pool stehen und starrte auf die türkis glitzernde Wasseroberfläche. Das war krass. Einfach nur krass. Nie in meinem Leben hätte ich daran gedacht, das einmal mein (fast schon) Zuhause zu nennen. Madison stand plötzlich neben mir, sie hatte sich wohl unauffällig von hinten genähert.
"Hi." Sie verschränkte die Arme vor der Brust und tunkte ihren Zeh ins kühle Nass.
"Hallo!", murmelte ich, etwas mitgenommen.
"Du bist so etwas nicht gewohnt, oder?" Sie musterte mich prüfend.
Ich schüttelte den Kopf. "Nein, in der Tat nicht."
Maddie grinste. "Glaub mir, wir werden 'ne Menge Spaß haben!" Wieso sagten das immer alle zu mir?! Sah ich so traurig aus?
Damit drehte sie sich um und ging wieder in Haus. Fröstelnd von der kühlen Nachtluft, schlang ich die Arme um meinen Oberkörper. Trotz dessen blieb ich noch lange draußen.
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Cool kids don't lie
ChickLitAls die siebzehnjährige Jacky sich im Urlaub in den beliebten Shane verliebt, ist es aus. Sie ist unbekannt und schüchtern, er ist beliebt und heiß. Was soll sie tun? Und wie schafft es ihre Cousine Maddie sich jeden Jungen zu angeln? Jacky will si...