Chapter 10

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Ich spürte eine Berührung an der Schulter. Im Halbschlaf hörte ich meinen Namen. Ich schlug die Augen auf. Und sah Shawn im Licht meiner Nachttischlampe. Was?? Ich war verwirrt. Nur langsam kehrte die Erinnerung zurück. Shawn sagte sanft, fast zärtlich: "Aufstehen." MOMENT! Ich überlegte und schließlich fiel mir der Grund dafür ein, weshalb Shawn mich geweckt hatte: Dieser seltsame Modelauftrag. Gott, ich könnte schon wieder kotzen.
"Morgen.", nuschelte ich Richtung Shawn und verschwand mit meinen Klamotten ins Bad.

Shawns Auto ist ein Traum von Auto. Oh mein Gott, so geil! Mit leuchtenden Augen strich ich über den glänzenden Lack. Autos sind der beste Luxus, den es gibt. Shawns Ford Mustang, oder was er hatte, war fast zu schön, um wahr zu sein. "Gefällt dir mein Auto?", fragte Shawn. Ich nickte, noch zu geflasht, um zu reden. Das hier war wahrscheinlich das einzigste Mal, dass ich in so einem teuren Auto saß, da musste ich jede Sekunde genießen.
Da fiel mir etwas ein. "Shawn, als wir einkaufen waren, da hattest du aber ein anderes Auto." Er schmunzelte. "Ja, das hier ist erst vor kurzem gekommen. Von zu Hause, verstehst du?" Ich nickte nur, was sollte ich sonst tun?

Ich döste vor mich hin, als Shawn an einer Autobahnraststätte hielt. "Ich hol Frühstück. Was willst du haben?" Ich zuckte mit den Schultern. "Kaffee wäre gut." Er nickte. "Okay, bis gleich." Und schon war er weg. Ich schaltete das Radio ein. Ich ließ mich von Adeles Hello berieseln und schloss die Augen. Gott, war ich müde! Es war auf jeden Fall nicht meine Schuld, wenn ich nachher mit richtig schlimmen Augenringen auftauchte.
Shawn schloss das Auto wieder auf und öffnete die Tür. Er balancierte zwei Coffee to go, Cookies, Erdnüsse, Donuts, Muffins, Schokolade, Bananen und zwei Flaschen Coke in seinen Händen. Himmel! Ich beeilte mich, ihm was abzunehmen.
Ich betrachtete die Berge von Essen. Gut, ich konnte viel essen, aber so viel? Zum Frühstück? Ich war geschockt. Ehrlich gesagt, hatte ich mit Kaffee und höchstens zwei Bagels gerechnet. Im Übrigen fragte ich mich, wie er überhaupt da drin was kaufen konnte, ohne erkannt zu werden.
Shawn steckte sich einen Cookie in den Mund, startete dann den Motor und fuhr wieder auf den Highway.
"Bist du sicher, dass wir hier essen sollen?", fragte ich skeptisch. Schließlich bekam mein Vater schon Schnappatmung, wenn ich nur einen Apfel in seinem BMW aß. Und dann machte es Shawn nichts aus, lauter krümelige Sachen in seinem Luxusauto zu essen? Okay, er hatte so viel Geld, da merkte er die Reinigung wahrscheinlich noch nicht mal. Aber trotzdem.
Shawn nickte ungerührt. "Klar, wieso nicht?" Meinetwegen, er konnte sich einen anderen Umgang mit Geld leisten. Also aß auch ich.

Endlich waren wir da. Andrew, Shawns Manager, erwartete uns bereits. "Perfekt, dann kann ich ja die Presse informieren, jetzt, wo ihr da seid.", meinte er und ging telefonieren oder machte sonst irgendwas am Smartphone.  "Sechster Stock.", rief er uns noch zu, dann war er in einem Nebenraum verschwunden. Aha. Ein vielbeschäftigter Mann also.

Im sechsten Stock angekommen, erwarteten uns eine Frau und ein Mann, beide Ende zwanzig, Anfang dreißig. Sie begrüßten uns, stellten sich als Dan und Sally vor und erzählten uns, der "Boss" würde gleich kommen.
Der Boss war dann ein Mann um die fünfzig, im gut geschnittenen Anzug, mit moderner Hornbrille und sauteurer Rolex am linken Handgelenk. Gut, dieses Modemagazin schien ziemlich gut zu verdienen. Ich war beeindruckt. Er reichte mir ein Dokument mit den Worten: "Das ist Ihr Vertrag, wir haben uns bemüht, ihn fair zu gestalten." Ein anderer Mann eilte herbei. "Miss, ich bin Shawn Mendes' Anwalt." Er reichte mir seine Hand. Ich sagte: "Guten Tag, Sir." Er deutete auf den Vertrag in meiner Hand. "Ich habe es mir erlaubt, den Vertrag bereits durchzusehen. Wir werden ihn jetzt gemeinsam durchgehen, in Ordnung?" Ich nickte.
Der Vertrag war echt nett. Ich bekam dieselbe Bezahlung wie das eigentliche Model, konnte aber zu nichts gezwungen werden (zum Beispiel mir die Haare abzuschneiden, was auch immer), da ich nur Ersatz war. Wir erhoben uns, er reichte mir wieder seine Hand. "Miss, das war es auch schon. Ich wünsche Ihnen viel Spaß heute." Ich erwiderte: "Vielen Dank für Ihre Hilfe. Es war mir eine Freude, mit Ihnen zusammenzuarbeiten." Er lächelte. "Die Freude war ganz meinerseits. Auf Wiedersehen." Auch ich verabschiedete mich. "Auf Wiedersehen, Sir."

Kaum war er weg, kam auch schon Sally. "Perfekt, dann können wir auch gleich anfangen.", strahlte sie und bedeutete mir, ihr zu folgen. Sie nahm alle möglichen Größen und Maße von mir und ich musste ein paar Klamotten anziehen. Sie war ganz begeistert von mir, keine Ahnung, warum, ich hatte eigentlich nichts gemacht, aber gut, ich genoss es, denn es waren selten Leute von mir begeistert. Die Maskenbildnerin (sie selber nannte sich The Make-up Artist) war mega gelangweilt von mir, weil ich "so eine Streberin" war. Die Friseurin (ja, auch ich war ganz erstaunt, dass es nur Frauen waren, aber ich freute mich) liebte meine Haare, fand mich aber sonst nicht so besonders. Waren Models immer besonders? Waren sie immer perfekt? Während ich frisiert und geschminkt wurde, setzte ich mich mit diesen Fragen auseinander. Ich kam zu der Antwort "Ja". Und begriff, warum ich kein Model sein konnte: Ich war nicht experimentierfreudig. Folglich war ich eine Langweilerin. Na ja, und ich war nicht hübsch und besonders. Zum Glück hatte ich es noch nie in Betracht gezogen, ein Model zu werden.
Sally gab mir Klamotten; ich zog sie an; wurde nochmal abgepudert oder gekämmt; der Fotograf sagte mir, was ich tun sollte; ich tat es, so gut es ging; meine Haare wurden gerichtet; das Licht wurde verändert; der Sitz der Kleidung wurde mit noch mehr Sicherheitsnadeln verbessert; es wurden noch mehr Fotos gemacht; ein Assistent stellte mich schließlich genau dahin, wo ich hinsollte, weil ich es von selbst nicht kapierte; und ich fragte mich allmählich, wie das irgendwer aushalten konnte. Was mich zu der Frage verleitete, warum bei Shawn immer alles perfekt war und bei mir nicht.
Endlich war Pause. Ich trank was und stöpselte dann meine Kopfhörer ein. Ich drehte die Musik auf und ließ mich zurückfallen. Mit Musik geht es einem immer besser.

'Cause this time next year
Imma walk down these halls
And show my face for the world to see
Gonna see me
And Imma call every girl that turned me down
And tell 'em now that
I'm just too busy
'Cause I don't have the time

And its funny how my so-called friends
Who've always left me alone
Are suddenly running into me
And blowin' up my phone

I'm kickin' in the door now
Better get out my way
Never really saw me comin'
You left with nothing to say
This' for everybody
Who've always put me down
I hope you open up your eyes
And take a good look at me now
Take a good look at me now
Take a good look at me now
Oh baby
Take a good look at me now
Take a good look at me now
Take a good look at me now

Jemand tippte mir auf die Schulter. Ich sah auf. Shawn. Er sagte: "Andrew meint, ich soll ein paar Insta Pics posten, weil die Leute da draußen wissen es ja schon."
"Mit mir?", fragte ich nach. Er nickte. "Okay. Gib mir dein Handy." Ich schoss viele Selfies, sehr viele Selfies. "Such dir eins aus.", meinte ich und ging zu Sally, die mich schon sehnsüchtig erwartete, um mir neue Klamotten zu geben. Die Pause war vorbei.

I hate you, I love you (Shawn Mendes FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt