6. Kapitel

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Dracos Sicht:

Oh Mann! Das konnte doch nicht wahr sein. Hatte ich grade wirklich versucht Granger zu küssen? Ich meine, ja ich war immer schon ein sehr direkter Kerl gewesen, und ja, bei der Wette mit Blaise ging es um einen Kuss, aber irgendwie...

Und das schlimmste war: Ich hatte es genossen. Vielleicht nur ein bisschen, aber...
Himmel!

Schritte rissen mich aus meinen Gedanken und ich sah Granger um das Regal mit Schlangenhäuten auf mich zukommen. Als sie mich sah huschte kurz ein seltsamer Ausdruck über ihr Gesicht, doch dann setzte sie schnell wieder eine gleichgültige Miene auf.

»Ein Mondstein, zwei Blutegel, ein Werwolfhaar...« zählte Granger mit einem Blick auf eine Liste auf und fügte dann hinzu, »Hast du den Eisenhut?«

Ich nickte und hielt ihr ein Büschel lilafarbener Blumen hin.
Sie nahm es und machte sich auf den Weg zur Kasse. Ich folgte ihr.

Mister Dewton, ein in die Jahre gekommener, alter Mann mit wettergegerbtem Gesicht und einem langen Bart, nahm die Zutaten und mit einem Schwung seines Zauberstabes lag vor uns auf dem Tresen eine Liste mit allem Eingekauftem und darunter der Preis. 12 Galleonen und zwei Sickel. Granger gab ihm die Münzen und Mister Dewton sagte mit Märchenopastimme: »Es kommt nicht oft vor, dass sich jemand hier hin verirrt. Umso schöner ist es mal jemanden anzutreffen.« Er lächelte ein warmes väterliches Lächeln, bei dem man seine makellosen weißen Zähne sehen konnte.

Granger packte die Zutaten in eine kleine Perlenhandtasche und verabschiedete sich von Mister Dewton. Ich folgte ihr aus dem Laden.

Draußen war der Sturm noch lauter geworden. Der eisige Wind pfiff uns um die Ohren und die Schneeflocken wirbelten auf und nieder.

Von irgendwo aus der Ferne hörte ich Kirchenglocken. Es war fünf Uhr Nachmittags. Noch ein bisschen über eine Stunde also für einen Ausflug in die Drei Besen.

Granger war stehen geblieben. Schneeflocken hatten sich in ihren langen Haaren verfangen. Ihre Wangen vor Kälte gerötet und in ihren Augen glitzerten die goldenen Lichter Hogsmeades.

Weil die Straße auf einem kleinen Hügel lag, konnte man von hier fast das ganze Dorf überblicken.

Ich machte ein paar Schritte auf sie zu, so dass ich direkt neben ihr stand. Unsere Hände berührten sich.

In extrem beiläufigem Tonfall fragte ich: »Und Granger, was machst du jetzt noch so?«

Granger hob den Kopf und antwortete: »Ich weiß nicht. Eigentlich hatte ich vor in die Drei Besen zu gehen!«

»Da wollte ich auch grade hin.«
Sagte ich und blickte sie vorsichtig von der Seite an. Vielleicht...

Granger sah aus als wollte sie was erwidern, doch sie sagte nichts. Ich hielt ihr meinen Arm hin, beugte den Kopf in ihre Richtung und flüsterte dann in ihr Ohr: »Darf ich Sie zu einem Butterbier einladen, Miss Granger?« Granger wurde rot wie eine Tomate, öffnete den Mund, schloss ihn wieder, wurde noch röter. Doch dann fing sie sich und antwortete genauso spöttisch wie ich zuvor: »Aber natürlich, Mister Malfoy!«

Jetzt war es an mir zu erröten. Ich hatte nicht gedacht, dass sie wirklich einwilligen würde. Granger grinste mich überlegen an und hakte sich in meinem immer noch ausgestrecktem Arm ein. Etwas verwirrt ging ich vorwärts.

***

In den Drei Besen war es rappelvoll. Grade noch rechtzeitig ergatterte ich uns einen Platz in einer Nische am Fenster. Granger zog ihren Mantel aus, setzte sich und starrte durch die Fenstergläser ins Schneegestöber. Ich nahm neben ihr Platz und rieb mir nervös die Hände. Wie fing man so ein Gespräch an?

Eine Weile sagte keiner ein Wort. Madam Rosmerta kam und ich bestellte Granger und mir je ein Butterbier. Dann schwiegen wir wieder.

Schließlich räusperte ich mich. Granger drehte sich zu mir um und sah mich an als würde ihr jetzt erst klar werden, dass sie mit mir an einem Tisch saß. Sie sah sich zu allen Seiten um, wie um sich zu vergewissern dass sie niemand mit mir sah. Unwillkürlich musste ich grinsen: »Na Granger, Angst dass ich deinem Ruf schaden könnte?«

Mist ich musste wirklich damit aufhören so gemein zu ihr zu sein, so würde ich nie ihr Vertrauen gewinnen. Doch meine Gegenüber grinste nur zurück und ihre schokoladenbraunen blitzten mir frech entgegen. »Träum weiter, Malfoy.«

Das Butterbier kam und ich nahm einen Schluck. Ich fasste mich und fragte dann vorsichtig: »Granger?« Scheinbar verwirrt von meinem verändertem Tonfall blickte Granger mich an. »Ja?«

»Ich wollte dich etwas fragen...« begann ich, doch dann brach meine stimme. Nervös fuhr ich mir durch die Haare. »Also... ich..« Oh Mann, das durfte doch nicht wahr sein! Ich war ein Malfoy. Malfoys ließen sich durch nichts und niemanden aus dem Konzept bringen. Warum also schaffte ich es dann nicht in diesem Moment einen klaren Gedanken zu fassen? Ich nahm meinen Mut zusammen und fragte dann: »Willst du... würdest du... mit mir also... ich meine, willst du mich auf den Weihnachtsball begleiten?«

Ich atmete hörbar aus und hielt dann erwartungsvoll die Luft an. Erneut fuhr ich mit der Hand durch die Haare.

Granger sah mich etwas überrumpelt an und zu erst dachte ich sie hätte mich nicht verstanden, doch dann sog sie geräuschvoll die Luft und ein glückseliges Funkeln erschien in ihren Augen. Sie errötete.

»Ich? Mit dir?« hakte sich nach. Ich merkte, wie die Hitze in meine Wangen kroch. »Also nur... ähm, wenn du möchtest.« Himmel was war nur mit mir los? Ich konzentrierte mich und spürte wie mein Gesicht wieder eine normale Farbe annahm. »Aber, wenn du nicht willst.« sagte ich in gönnerhaftem Ton.

Auch Granger hatte sich gefasst, grinste und antwortete in festerem Ton als ich erwartet hätte: »Doch, ich will.«

Silbersturmgrau ~Zwischen Liebe und Hass~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt