5.Hat wer Popcorn?

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Kennt ihr dieses Gefühl, wenn man sich nicht sicher war, ob man geträumt hatte oder alles in Wirklichkeit passiert war? Eine Frage. Hatte mich Ruby eben noch umarmt oder nicht? Gerade sah alles danach aus , als hätte ich mir alles eingebildet. Fröhlich redete Ruby mit Thomas am Steuer und schenkte mir keinen zweiten Blick. Und ich fühlte dieses miese stechende Gefühl in mir. Ich war doch nicht eifersüchtig, oder?! Nein, das kann gar nicht sein, beruhigte ich mich und gesellte mich zu Leon.

Wenn ich ehrlich bin, hatte ich nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet er den Mut aufbringen würde um hierzubleiben. Doch das er, der sich vor von der Statur deutlich leichteren Typen einschüchtern und hänseln ließ, sich aber dem Monster stellte, zeigte mal wieder das man ein Buch nicht nach dem Cover berurteilen sollte. Als er bemerkte, dass ich auf ihn zukam, stand er gehetzt von seinem Sitzplatz auf und spielte nervös mit seinen Händen. Welchen Grund hatte er um nervös zu sein? Lag es an mir? Sah ich so furchteinflößend oder Respekt einfordernd aus, dass er meinte man müsste für mich aufstehen?
Eigentlich hielt ich mich für eine Person mit welcher man gut auskam, aber vielleicht konnte ich auch einschüchternd wirken?
Außerdem wer weiß wie ich gerade aussehen mochte. So voller Blut und was weiß ich sonst noch. Eins war sicher, meine Frisur war schon seit ich das erste Mal fast aus dem Sitz gefallen war, hinüber. Und was für einen irren Gesichtausdruck ich gerade besaß, wollte ich lieber nicht wissen. Gut möglich, dass ich wie ein Psychopath aussah.

Unschlüssig blieb ich vor ihm stehen. Ich wusste nicht so recht, was ich zu ihm sagen sollte. Wir hatten uns noch nie richtig miteinander unterhalten und die kurzen Gespräche wegen Hausaufgaben oder sonstigen Schulzeug zählten nicht. Nicht wirklich.
Er hatte mich auch noch nie sehr interessiert. Immer war er nur der Junge gewesen mit dem man mal ein paar Sätze austauschte, die Hausaufgaben teilte und bei Fehltagen um den nachzuholenddn Stoff bat. Ansonsten hatte ich mich immer aus seinen Angelegenheiten herausgehalten. Ich hatte genug eigene....wem machte ich was vor? Ich hatte ihn für einen seltsamen Kerl gehalten, der trotz seiner Größe und Schwere es nicht schaffte sich zu wehren. Er könnte gut und gerne das dreifache an Gewichten heben als ich.
Doch vielleicht hatte ich ihn falsch eingeschätzt? Vielleicht hätte ich ihm von Anfang an mehr Aufmerksamkeit schenken sollen? Ein wenig mehr hätte sicher nicht geschadet. Zumindest wäre ich dann nicht in dieser unangenehmen Situation.

,,Alles in Ordnung?",fragte ich schließlich um das Eis zu brechen. Kurz sah er zu mir auf, bevor er schnell seine grünen Augen wieder niederschlug. Ok, da stimmte doch etwas nicht. Machte ich ihm etwa wirklich Angst? Das verstand ich nicht. Ich war kein Freund, aber noch lange nicht gemein zu ihm gewesen. Eher sehr neutral.
,,Äh...ähm ja, mir geht's gut",stammelte er und zerquetschte dabei fast seine Hände. ,,Bist du sicher?",forschte ich nach. Diesmal nickte er so heftig mit seinem Kopf, sodass ich Angst bekam, er würde ihm gleich abfallen. Er war eben doch ein seltsamer Kerl.

Immer noch nicht ganz überzeugt, rieb ich mir den Kopf, da ich von seinem Verhalten Kopfschmerzen bekam. Wenn ich ihn nicht darauf ansprach, würde er wohl nie mit der Wahrheit herausrücken, oder? Innerlich seufzte ich. Also gut.
,,Sag mal hast du Angst vor mir?", fragte ich.
Sofort blickte Leon mich mit geweiteten Augen an und schüttelte den Kopf, mit noch mehr Intensität als vorher. Was hatte der Junge nur für einen beweglichen Kopf? Tat das nicht weh? Das war doch nicht normal. ,,Hey ok ich verstehe. Du hast keine Angst",hielt ich ihn davon ab endgültig seinen Kopf zu verlieren.

Und selber, Felix? Hast du nicht auch schon längst den Verstand verloren? Du starrst doch immer wieder heimlich in Richtung Ruby . Und das war defintiv auch nicht normal für mich. Ich musste mir meinen Kopf echt hart angeschlagen haben. Außerdem konnte ich dieses Gefühl echt nicht leiden. Wieso musste sich Thomas nur so nah an sie heranlehnen? Er berührte sie ja fast! Merkte sie das gar nicht? Sie ließ sich jedenfalls nichts anmerken. Lehnte sich vielleicht selber noch ein bisschen zu ihm?!

,,Felix?" ,ertönte Leon's Stimme und holte mich aus meinen Gedankengang. ,,Hmm, ja?",murmelte ich noch immer ein wenig abgelenkt. Jetzt legte Ruby sogar ihre Hand auf seine Schulter!
Ähm und was interessiert dich das? Nichts , absolut gar nichts! Was war nur heute los mit mir? Schnell drehte ich mich so, dass ich Ruby nicht mehr sehen konnte und sah stattdessen Leon aufmerksam an, welcher mich wiederum wissend ansah, aber nichts sagte. Gut für ihn. Ich war ihm dafür ziemlich dankbar, aber ich wüsste nicht was gemacht hätte wenn er jetzt etwas gesagt hätte. Ich meine ich wusste nicht mal selbst so genau, was das alles zu bedeuten hatte. Ich wollte mir darüber erstmal selbst richtig klar werden.

,,Ich sagte, dass ich wirklich keine Angst vor dir habe. Aber ich hätte nie erwartet, dass du dich zu mir gesellen würdest..."Das letzte hatte er fast nur noch geflüstert und ich musste mich echt anstrengen um ihn zu verstehen. ,,Warum sollte ich das nicht tun?",fragte ich ihn leicht verwirrt. Klar, mir war bewusst, dass ich bisher nie sehr warmherzig zu ihm gewesen war. Wie gesagt ich hatte eher eine neutrale Einstellung zu ihm. Des bedeutete jedoch nicht, dass sich das nicht ändern konnte.... 

,,Ah kein bestimmter Grund",sagte er ausweichend mit einem leichten Lächeln im Gesicht. Dennoch sah er so aus, als hätte man ihm eine tonnenschwere Last von den Schultern genommen. Gerne hätte ich über seine Reaktion weiter nachgedacht, jedoch hatte ich keine Zeit weiter darüber zu grübeln, da ich glaubte das hässliche Wiehern des Einhorns gehört zu haben. Und tatsächlich, kurze Zeit später tauchte es am Horizont auf. Noch wirkte es nur schemenhaft und ich konnte nicht erkennen, ob es auf uns zurannte, um uns alle zu fressen oder ob es gerade noch damit beschäftigt war, andere Menschen zu fressen. Beide Optionen klangen meiner Meinung nach nicht besonders vielversprechend.

Inzwischen hatten Thomas und Ruby, Plätze gwechselt, sodass jetzt Ruby fuhr, was Sinn ergab, da nur ich und sie das Einhorn sehen konnten. Um besser sehen zu können, stellte ich mich zu Ruby und Thomas, wobei mir Leon hinterkam. So standen wir alle vier herorisch nebeneinander und starrten in die Richtung des Einhorns. Obwohl, Ruby und ich starrten, die anderen blickten sich verzweifelt und ein wenig überfordert in der Gegend um. Und ja, herorisch stimmte leider auch nicht. Leon sah aus, als würde er jeden Moment umkippen und Thomas schien sich zu überlegen, wie er am besten uns allen vor die Füße kotzen sollte. Hoffentlich tat keiner von beiden das, wonach er aussah.

Was uns schließlich erwartete, traf mich völlig unerwartet. Erstens das Einhorn hatte ganz andere Probleme, als Menschen zu fressen. Zweitens, da waren lauter Mdnschen, die das Einhorn mit coolen Moves bekämpften.
Beinahe wie in einem Tanz bewegten sich diese Menschen und wichen gekonnt den Angriffen des Einhorns aus. Schwerter blitzten und hinterließen Wunden in seinem struppigen Fell. Alles wirkte koordiniert. Jede Bewegung des Einhorns schien vorhergesehen.
Das Ganze wirkte wie aus einem Kinofilm.
Jetzt fehlte eigentlich nur noch Popcorn.

,,Hat wer Popcorn?",erkundigte ich mich bei den anderen. Stirnrunzenld drehten sich drei Köpfe gleichzeitig zu mir und tauschten Blicke untereinander aus. Jap, die hielten mich endgültig alle für verrückt. Ich konnte nicht anders und brach in schallendes Gelächter aus. ,,Nein, Leute, mir geht es gut. Ruby, du müsstest mich doch verstehen",japste ich und zeigte mit meinen Finger auf die Szene die sich vor unseren Augen abspielte.

Es sah so aus als wäre das Einhorn eine Ballerina, die ihren Tanz vergessen hatte. Aus diesem Grund verkreutzten sich andauernd seine Beine und dann stand es auch noch auf einem Bein.
Zuerst versuchte Ruby noch ernst zu bleiben und schmunzelte nur leicht, schaffte das aber nicht lange und fiel dann in mein Gelächter ein. Nur Thomas und Leon hatten noch immer richtig fette Fragezeichen im Gesicht, was unseren Lachkrampf nicht gerade half. Es fehlte nicht viel und Ruby und ich wären auf dem Boden rumgekugelt vor Lachen.

Oh man. Wieso musste ich an diesem Tag nur soviel lachen? Denn eigentlich sollte man doch meinen, das einem ein Killereinhorn, mit rotglühenden Augen, die das Feuer der Hölle zu beinhalten schienen und aussah wie ein wiederbelebtes Skelett, im Nacken die ganze Laune verdirbt. Ich war jedoch gerade einfach so erleichtert. Der Albtraum vom gemeinen Einhorn schien endlich zu enden und ich war froh. Froh, dass diese Menschen da waren. Froh, darüber das ich lachte. Lebte.

Erst als das Einhorn zu einem Nebel aus glitzernden Staub zerfallen war, schafften es Ruby und ich mit dem Lachen aufzuhören. Vor allem deshalb weil wir seltsam angestarrt wurden und ich das Gefühl hatte, man würde über uns reden. Und mein Gefühl sagte mir, dass das nichts Gutes war.

Twin SoulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt