22. Ich leuchte blau

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Ich war müde. Meine Beine schmerzten und ich wollte mich am liebsten zusammenrollen und einfach schlafen. Je länger Mo und ich dem Wesen folgten, desto mehr ergriff mich die Müdigkeit. Als ich gähnte, sah mich Mo besorgt an. ,,Was ist?"
,,Schlaf jetzt ja nicht ein",warnte er mich. ,,Ich weiß deine Seele ist müde, denn eigentlich sollte sie sich jetzt erholen und regenerieren, aber du darfst jetzt nicht schlafen!"
,,Schlafe ich nicht schon",fragte ich verwirrt.
,,Wie ich bereits sagte sind wir in Nefrit. Dein Körper schläft, deine Seele jedoch ist wach" ,erklärte Mo ungeduldig.

,,Und wieso darf meine Seele dann nicht einschlafen?"
Seufzend fuhr sich Mo durch seine ,wie ich jetzt erst bemerkte, rotbraunen Haare und blieb stehen um mich zu mustern. ,,Was lernt ihr Menschen eigentlich über die Welt in der ihr lebt?" Achselzuckend ließ ich ihn stehen. Was wussten wir Menschen schon? Der Großteil der Bevölkerung wusste ja nicht einmal das die Anderen existierten und wenn der Drache Elaramir Recht haben sollte, wussten wir noch viel mehr nicht. Vielleicht war sogar auch das was wir wussten falsch oder nur der sichtbare Teil eines Eisbergs, dessen riesige Masse sich noch unter dem Wasser verbarg.

,,Hey warte!",rief Mo und zwang mich zum Stehen bleiben,indem er mich an der Schulter festhielt.
,,Mo das Wesen wartet nicht", erinnerte ich ihn.
,,Müssen wir ihm denn so dringend folgen? Wir wissen doch nicht mal wo es uns hinführt!", zweifelte er.
,,Ja ich will dem Wesen folgen. Wenn dir das nicht passt, dann verschwinde.",fuhr ich ihn an. So langsam nervte es mich gewaltig wie er so tat, als wüsste er alles. Gut wahrscheinlich wusste er mehr als ich, aber mehr als ich zu wissen, war jetzt wirklich nicht schwer.
,,Ok beruhig dich, aber ich denke du ignorierst gerade gepflegt jeglichen gesunden Menschenverstand. Ein fremdes Wesen sagt "Kommt mit" und du folgst ihm einfach. Hat nur noch ein "Aber gern" von dir gefehlt",sagte er sarkastisch und ging schnaubend ein paar Schritte schneller.
,,Wolltest du mir nicht erklären, wieso ich nicht einschlafen sollte?",rief ich ihm hinterher.

Er erstarrte und drehte sich langsam wieder zu mir um. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete er mich und grummelte schließlich etwas so leise, dass ich es nicht verstand.
,,Hast du dich nie gefragt warum manche Menschen nie mehr aufwachen, obwohl sie nicht Tod sind?"
Ich hatte von diesen Menschen gehört, aber nie selbst jemanden gekannt, der wahrscheinlich  nie wieder aufwachen würde. Diesen Zustand stellte ich mir schlimmer als den Tod vor. Man war am Leben und doch war man es nicht wirklich.
,,Es liegt an Nefrit. Es ist sehr einfach sich in dieser Dunkelheit zu verlieren, sodass man nicht mehr die Kraft besitzt, Nefrit zu verlassen. Deshalb darfst du nicht einschlafen. Es würde  ein ewiger Schlaf auf dich warten" , sagte er düster.

,,Woher weißt du eigentlich soviel und wieso erzählst du mir das alles?",fragte ich nach einer Weile der Stille. ,,Weil ich will, dass du solche Dinge weißt",antwortete er zögernd, wobei er den ersten Teil meiner Frage einfach ignorierte. ,,Und du entscheidest wie es dir beliebt, was ich wissen sollte und was nicht oder wie? Denn wie es scheint so als beantwortest du nur Fragen, die dir passen",murrte ich, denn ich fühlte mich ein Tier, dem man immer wieder nur bestimmte Häppchen hinwarf und mit denen es sich begnügen sollte, obwohl es wusste das es noch so viel mehr gab.
,,Du bist echt anstrengend. Weißt du das? Erzählen muss ich dir trotzdem nicht alles",erwiderte er gelassen.

,,Norano rashet",sprach das Wesen melodiös und stupste mich sanft mit seiner Hundenase an. ,,Leider verstehe ich dich immer noch nicht",murmelte ich traurig und strich dem Wesen über die weichen glänzenden Schuppen. ,,Wir sein da. Urano johar ota melariene",sagte es ehrfürchtig  und schob mich vorsichtig mit seinen Klauen in eine bestimmte Richtung. ,,Hand strecken",forderte mich das Wesen auf. Verwirrt starrte ich auf die Leere vor mir. Wieso sollte ich meine Hand austrecken. Vor mir befand sich doch gar nichts außer Schwärze. Dennoch streckte ich meine Hand aus.

Zunächst glitt meine Hand durch die Schwärze, bis sie plötzlich über eine glatte kühle Oberfläche strich. Einem inneren Impuls folgend legte ich langsam meine ganze Hand auf die Oberfläche und als hätte ich einen Schalter umgelegt, begann meine Hand kaum wahrnehmbar in einen bläulichen Licht zu leuchten, was mich beinahe dazu veranlasst hätte, meine Hand erschrocken wegzuziehen. Mo jedoch hinderte mich daran und besaß einen ganz seltsamen Gesichtsausdruck, der mich leicht erschauern lies. Inzwischen leuchtete meine Hand in einem intensiven Blau, was mich ehrlich gesagt ein wenig nervös machte. Normalerweise wurden Körperteile nur blau vor Kälte, welche man durch die Kälte dann auch verlieren konnte und ich würde meine Hand gerne noch ein wenig länger behalten. Vor allem da es meine rechte Hand war und ohne sie wäre ich als Rechtshänder ziemlich aufgeschmissen. Doch im Gegensatz zur Kälte verspürte ich eine angenehme Wärme, die sich langsam in meinem ganzen Körper ausbreitete. Ich hoffte nur, das jetzt nicht mein ganzer Körper blau glühte, aber bei meinen Glück sah ich wahrscheinlich aus wie ein ungewöhnlich großes unförmiges Glühwürmchen.

,,Sag Name Nyota",sagte das Wesen erwartungsvoll. Wer auch immer dieser Nyota sein mochte. Entschuldige bitte, aber ich leihe mir eben mal deinen Namen aus. Ich weiß zwar nicht was hier gerade passiert und ob eigentlich du an meiner Stelle hier sein solltest, aber es fühlt sich richtig an, obwohl ich blau leuchte und alles.
,,Nyota",flüsterte ich und.......es passierte nichts. Es funktioniert nicht! Panisch sah ich auf meine Hand. Du bist ja auch nicht Nyota! Was hast du dir nur dabei gedacht?!
Jetzt frisst dich das Wesen bestimmt, weil du dich als jemand ausgegeben hast, der du nicht bist. Nein! Ich wollte noch nicht sterben. Wenn nur Nyota die Macht haben sollte in dieser Situation etwas auszurichten, dann würde ich eben Nyota sein müssen. Ich war Nyota!
,,Nyota",wiederholte ich klar und zuversichtlich und es war als würde mein Inneres unter diesem einem Wort zerbersten. Das ganze Licht strömte wie wildes Feuer aus meiner Hand heraus und breitete sich auf der Oberfläche aus. Es tanzte und zischelte über meine Hand, verbrannte mich aber nicht, bis es auf einmal erlosch und eine mit blauen Ornamenten verzierte Tür zurücklies.
,,Urano johar ota melariene",flüsterte das Wesen, öffnete die Tür unerwartet elegant mit seinen Krallen und schubste Mo und mich hindurch ins Licht.

Übersetzungen:
Norano rashet = Wir sind angekommen
Urano johar ota melariene = Deine Tür der Erinnerung
melariene = Erinnerung
Norano = Wir sind/Sind wir/ wir
johar = Tür

Wie fandet ihr das Kapitel? ^^
Ich persöhnlich fand es gar nicht so einfach dieses Kapitel zu schreiben.
Auch wenn es sich um eine Art Vorbereitungskapitel handelt für das Kapitel auf das ich schon eine Weile hinarbeite. Seid also gespannt. ;)
Was die Lesenacht betrifft, sieht die Situation gerade so aus als würde es auf eine Rpg hinauslaufen ^^
Alles Liebe
Eure Marienkaefer4

Twin SoulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt