65. Menschliche Blutlinien

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Neugierig betrachtete ich nun auch den Einband genauer. Er fühlte sich leicht spröde und uralt an. Der Einband war definitiv abgegriffen. So als hätte jemand es sehr oft in die Hand genommen und dann wieder abgelegt. Trotz des scheinbaren Alters des Buches wirkte es dennoch sehr gepflegt, auch wenn die Seiten ein wenig gelblich im Laufe der Zeit geworden waren, wobei die hintersten Seiten noch fast wie neu wirkten. Wurde das Buch vielleicht immer noch fortgeführt? Jedenfalls war das Buch außergewöhnlich dick und schwer, worauf ich vorhin als ich mir das Buch genommen hatte gar nicht geachtet hatte. Klar hatte ich das zusätzliche Gewicht des Buches in meiner Hand gespürt, aber die echte Dicke des Buches war mir entgangen.

Eigentlich war ich kein großer Leser. Ich kämpfte mich schon immer quälend durch Schullektüren. Deshalb stand ich wieder auf mit dem Vorhaben mir ein anderes dünneres Buch zu holen, jedoch hielt ich kurz darauf inne und betrachtete die roten Lettern der Überschrift. Irgendwie flüsterte mir die Überschrift zu, dass wichtige und interessante Dinge in dem Buch verborgen waren. Äußerst langsam ließ ich mich wieder auf den Stuhl fallen. Das könnte meine Gelegenheit sein etwas zu erfahren....Und wenn nicht dann eignete ich mir eben mal unnützes Wissen an.

Immer noch nicht ganz von meiner eigenen inneren Argumentation überzeugt, öffnete ich seufzend das Buch am Anfang und fand mich auf einer Seite mit schier unendlich vielen Namen wieder, welche durch rote Linien miteinander verbunden waren. Zumindest ging ich davon aus, dass es sich um Namen handelte. Ein paar der Wörter wirkten auf mich wie aus einer anderen Sprache, dann was bitte sollte "Xiang Ying" bedeuten. Aber Wörter wie "Angelina Merkel" ließen mich auf Namen schließen.

Es war verwirrend.
Oft standen zwei Namen nebeneinander als würden sie zusammengehören, jedoch entfalteten sich wie Blütenblätter weitere Linien von diesen Namen weg. Alles wirkte insgesamt wie ein riesiger Baum mit Tausenden von Verzweigungen.
Was bedeutete das nur?
Dieses Buch war offensichtlich nichts für mich. Es gab keine Texte und diese blöden Linien und Namen würden mir nichts verraten. Aus welchen Grund sollte man überhaupt einen Haufen von Namen aufschreiben? Wo lag da der Sinn? Jemand anderen wie Laura wäre der Sinn offentsichtlich, aber mir nicht.
Ich könnte sie zwar fragen, jedoch verwarf ich die Idee, da ein kurzer Blick genügte um festzustellen, dass Laura wieder einen Haufen Bücher durch die Gegend warf. Inzwischen waren neue Berge aus Büchern entstanden und man hörte sie laut fluchen.

Sachte fuhr ich nochmal über die Ränder des dicken Buches. Gerne hätte ich um seine Geheimnisse gewusst.
Plötzlich zuckte ein stechender Schmerz durch meinen Finger. Ich hatte mich geschnitten und bevor ich reagieren konnte, tropfte mein Blut auf die alten Seiten.
,,Mist", fauchte ich. Jetzt hatte ich sogar ein vermutlich sehr kostbares Buch befleckt.

Als hätte ich jedoch einen Schalter umgelegt, begann das Buch leise zu summen und eine der roten Linien zu leuchtete. Auf einmal flog das Buch aus meiner Hand, schwebte in der Luft und die Seiten blätterten wie der Wind. Genauso plötzlich lag das Buch wieder in meinen Händen, geöffnet auf einer der neueren noch weißen Seiten. Ein Name pulsierte auf der Seite. Ein Name der mir nun allzu bekannt war und wobei es sich doch um jemand anderen handeln musste.

Rot leuchtend stand dort "Nyota Crown" In der Nähe befand sich zudem der Name "Michael Crown" und ein Name der mir unbekannt war. "Paris Crown". Besonders den ersten und den letzten Namen konnte ich nicht anders als anstarren. Es zog an meinem Unterbewusstsein.
Ich fing an zu zittern. Es fröstelte mich, obwohl ich nicht wusste wieso.
Was hatten diese drei Namen zu bedeuten? Hieß ich....Nyota nicht mit Nachnamen Javre?
Zum Teufel damit!
So langsam fing das an zu einer richtigen Persönlichkeitsfrage zu werden.
Ja ich hatte keinen Plan wer ich früher gewesen sein mochte, aber jetzt war ich Felix Moon und als dieser war ich definitiv nicht bereit für das, was dieses Buch implizierte.
Ich konnte unmöglich Nyota Crown sein.

,,Du hast es gefunden und du sagst mir nichts?"
Laura pustete sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
,,Nun Euer Hoheit, da ihr es selbst herausgefunden habt, würde ich vorschlagen, dass ich mich nochmals vorstelle", meinte Laura und fiel in einen tiefen Knicks.
,,Laura Sternentänzer zu euren Diensten. Ich verspreche bei meiner Ehre nur die Wahrheit der Sterne weiterzugeben und nur die Wahrheit. Ich werde meine Weißheit mit euch teilen und dir bei dem Aufbau eines neuen Königreiches helfen, junger Prinz"

,,Laura....." Mir versagte die Stimme. Meine Kopf fühlte sich wie Watte an.
,,Ich kann unmöglich ein Prinz sein"
Nicht eine einzige meiner Erinnerungen hatte darauf einen Hinweis gegeben. Ich hatte in den Bergen, abgetrennt von der Gesellschaft gelebt. Nur meine Mutter, mein Bruder und ich.
So jemand war doch eher ein Ausgestoßener als ein Prinz.

,,Es stimmt. Ihr habt zwar im Moment erst nach Michael Crown einen Anspruch auf den Thron, aber dennoch stammt ihr von den Crowns ab", sagte Laura und erhob sich elegant.
,,Aber wie kann das sein?"
,,Die Welt glaubt Mauticius Crown hätte keine Nachkommen gehabt, nicht wahr? Nun er hatte welche und von diesen stammst du ab", erklärte Laura.

,,Mauticius...derjenige der....der dunkle Mann. Meinst du den?"
Von diesem Mann sollte ich abstammen? Über den Schauergeschichten nur geflüstert wurden?
,,Ja genau den und er war nicht so dunkel wie alle behaupten. Ich kann gar nicht fassen, dass dies erst knapp hundert Jahre her ist...."
,,Kanntest du ihn etwa?", murmelte ich während mir wieder einfiel das auch Timothy Mauticius gekannt und ihn uns gegenüber verteidigt hatte. Eigentlich wusste ich nichts über den Mann. Nur das was mir eingeredet worden war.

,,Ja ich kannte ihn sehr gut und ich weiß auch das James nicht der Held war für den ihn die Welt noch immer hält. Nichts ist perfekt in schwarz und weiß zu unterscheiden. Vor allem nicht die Taten dieser Brüder.", sagte sie mit einem seltsamen Ausdruck im Gesicht.
,,Die Welt war damals viel größer", fügte sie mit verträumter Stimme hinzu.
,,Die Menschen konnten fliegen. Sie waren frei"

Twin SoulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt