17. Herr Thompkins

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Wer konnte zu solch einem Lächeln schon Nein sagen? Ich jedenfalls konnte das nicht. Aber wo sollte ich anfangen? Was ich gerne machte? Was ich mochte oder sollte ich etwas über meine Familie erzählen. „Meine Lieblingsfarbe ist Karamell", brach es dann auf einmal aus mir heraus. Warte Karamell? Seit wann? Meine Lieblingsfarbe war doch grün! „Ist es Karamell oder grün?"

"Karamell!", sagte ich ohne Nachzudenken. Ok, mein Kopf schien sich dabei sehr sicher zu sein, hatte es aber anscheinend vergessen mir das auch mitzuteilen. „Wie kann dein Kopf dir etwas nicht mitteilen? ", fragte Michael sichtlich verwirrt und runzelte die sonst so glatte Stirn. „Du musst mir echt mal beibringen wie Ben das macht. Manche Gedanken sind nicht unbedingt dazu gedacht, von jedem gehört zu werden", sagte ich anstatt auf seine Frage einzugehen.

Plötzlich zog er eine Grimasse und es sah so aus, als müsste er ein lautes Lachen unterdrücken. Was war denn so lustig? „Überleg doch mal, was du gesagt hast wenn du das "von jedem gehört" weglässt und aus dem dazu ein "da um" machst", sagte er lachend.

Was meinte er? War doch ein ganz normaler Satz. Manche Gedanken sind nicht da um gedacht zu werden? Ok, haha. War das ein Wink mit dem Zaunpfahl? Was für ein mieser Konter.

Einfach meine Worte in einen anderen Kontext zu stellen. Ein warmes Funkeln trat in seine Augen und er begann leise zu lachen, welches aber immer lauter wurde. „Psst!", flüsterte ich, hielt ihm schnell den Mund zu und zeigte auf Leon, der in seinem Schlaf unruhig wurde. „I...ha...rsta....n", brummte Michael an meiner Hand. „Was?"
„Ich habe verstanden", sagte er meine Hand wegnehmend. „Also was ist deine Lieblingsfarbe"
„Schokoladenbraun" , sagte er verträumt und wirkte auf einmal sehr weit weg.
„Wer ist es?"Bei solch einem Gesichtsausdruck musste er an jemanden denken, der ihn sehr wichtig war. Überrascht sah er mich an. „Konnte man das so leicht sehen?"
„Ja es ist nicht schwer, es zu erkennen"
Verlegen sah er mich von der Seite an und seine Wangen erröteten leicht.

,, Ich habe an Freya gedacht."
„Verrätst du mir auch wer sie ist und woher du sie kennst?"
„Ah, ich kenne sie nicht wirklich...."
„Aber du weist wie sie heißt und wie sie aussieht?"
„Ja", murmelte er und spielte mit seinen Händen.
„Dann stalkst du sie?"
„NEIN, natürlich nicht", rief er erschrocken aus.
„Was dann?" Musste ich ihm alles aus der Nase ziehen?
„Sie ist die Prinzessin von Nylare", gab er schließlich preis. Das war also die Begehrte? Langes dunkelschwarzes Haar, mit violetten Haarspitzen. Eine dunkle exotische Hautfarbe. Neugierige strahlende schokobraune Augen. Ein einnehmendes Lächeln und.........verlobt mit Prinz Zester von Avis.

„Verstehst du jetzt? Sie ist außer Reichweite für mich. Wir haben nie mehr als Höflichkeiten ausgetauscht, trotzdem geht mir ihr Lächeln nicht aus dem Kopf. Aber selbst wenn ich ihr näherkommen könnte, könnte ich nichts gegen die Verlobung machen.", schloss er traurig.
„Wieso nicht?"
„Überleg doch mal. Die drei Königreiche Avis, Nylare und Lotha waren nicht immer friedlich. Um ehrlich zu sein, ist der jetzige Frieden sehr zerbrechlich. Ich kann einen neuen Krieg nicht riskieren. Der letzte Krieg ist noch nicht mal 20 Jahre her...."
Ich wusste zwar nicht viel in Geschichte, aber die Folgen des großen Krieges der Königreiche konnte man nicht übersehen. Noch immer gab es völlig zerstörte Städte, denen man sich nicht nähern durfte. Man hörte unendlich viele Geschichten darüber, doch niemand konnte genau sagen, warum der Krieg ausgebrochen war.
„Wie kompliziert", murmelte ich. Was für ein Glück, dass ich kein Prinz war und darauf achten musste dass meine Taten das Leben anderer beeinflusste. Und nach dem Gesichtsausdruck von Michael, war klar wie sehr es ihn erwischt hatte. Prinzessin Freya hatte ihm ganz schön den Kopf verdreht.

„Lass uns über etwas anderes sprechen, zum Beispiel das unerklärliche Verschwinden meiner Gedanken!", sagte ich, obwohl ich nicht wirklich darüber sprechen wollte, weil es das einzige war, was mir einfiel, um ihn auf andere Gedanken zu bringen, was scheinbar funktionierte.
„Ja das würde mich sehr interessieren. Sowas ist mir wirklich noch nie untergekommen." Interessiert musterte er mich. „Ich kann es dir nicht erklären, aber ich kann dir beschreiben wie es sich für mich anfühlt..." Abwartend sah er mich an. „Es ist wie eine Mauer. Ich spüre sie kaum und sie engt mich auch nicht ein. Sie war einfach da und schirmte mich ab. "
„Die Frage ist woher sie kommt und wieso sie das macht", rätselte Michael.
„Woher weiß ich nicht. Was deine zweite Frage betrifft, hatten wir die Antwort heute vielleicht schon. Manche Gedanken sind nicht da um gedacht zu werden. Zumindest noch  nicht von jedem."
Ok kurze Gedankensammelpause. Wie war ich bitte darauf gekommen. Das war ja vollkommen abgedreht. Nicht alle Gedanken sind dazu gedacht von jedem gedacht zu werden? Von dem ganzen Denken, bekam ich noch Kopfschmerzen.

„Habe ich verschlafen?!", hallte Leons aufgeschreckte Stimme zu uns herüber. Erstarrt saß er in seinem Bett und hatte seine grünen Augen weit aufgerissen. Sein aschblondes Haar klebte ihm an der Stirn als hätte er schlecht geträumt. „Nein, jedes Team hat seinen eigenen Lehrer, der es zum Essen holen wird und da dieser noch nicht hier ist...."
„Wenn wer noch nicht hier ist?" Erschrocken fuhren wir herum und fanden einen alten Mann direkt vor uns stehend.

„Sie!", rief ich aus. Das war der Mann, der uns zur Kantine geführt hatte. „Ich bevorzuge es, wenn sie mich Herr Thompkins nennen", sagte er strikt. „Außerdem schätze ich es nicht, wenn man mich zu lange warten lässt. Beeilen sie sich also bitte, meine Herren. Ich werde vor dem Geheimgang warten." Mit einer für einen so alten Mann sehr schnellen Geschwindigkeit, verließ er dann auch den Raum.

In meinem Kopf zerbrach das Bild das ich von ihm in Kopf gehabt hatte. Gestern war er mir wie ein netter alter Mann erschienen, der zwar sehr agil und fit war, aber mit dem man trotzdem gut Kekse essen und sich Geschichten aus der Vergangenheit anhören könnte.
Neben mir war Michael sehr blass um die Nase geworden. Hätte nicht gedacht, dass das bei seiner hellen Haut möglich wäre.
„Herr Thompkins?", hauchte er schaudernd.
„Was ist mit ihm?"
„Er hast schon ewig niemanden ausgebildet, galt aber als einer der besten Lehrer seiner Zeit"
Ok, dann war er eben einer der Besten. Wäre das nicht sogar vorteilhaft?
„Es stimmt, diejenigen die es schaffen sind die am besten Ausgebildeten. Aber er ist auch einer der strengsten Lehrer der Welt und noch nie hat es ein Team vollständig durch seine Ausbildung geschafft"
„Wie meinst du das", fragte Leon der sich in Rekordzeit angezogen hatte und dem Gespräch zugehört hatte.
,, Es gab immer einen Toten...."

Damdamdamdam.... Wir nehmen wieder an Spannung zu😄😄
Aber viel wichtiger! Ein riesengroßes Dankeschön das ihr meine Geschichte lest.

Und als Autorin habe ich mich jetzt mal gefragt: Was denken eigentlich meine Leser darüber, wie die Story wohl weitergehen wird?
Ich bin gespannt auf eure Meinung.

Alles Liebe
Eure Marienkaefer4

Twin SoulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt