Kapitel 25

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Ich versuche mich, ohne wirklich etwas zu sehen, im Zimmer heranzutasten.
Ich brauche irgendein scharfen Gegenstand.
Der Schmerz der in mir herrscht ist unerträglich. Ich halte das nicht aus.
Ich brauche ein Gegenmittel.
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Ich kann vor lauter Tränen immer noch nichts sehen.
Verdammt nochmal!
Liegt hier denn nirgends ein scharfer Gegenstand?!
In den Keller und in die Küche schaffe ich es nicht ohne erwischt zu werden.

Ich lehne mich gegen das Bett und fühle mich als würde ich fallen.
Als würden alle meine Gedanken und Gefühle einfach weg sein.
Wie ein Vogel, der glücklich durch die Luft schwebt.
Ich spüre nichts.

Als ich meine Augen öffne, ist die Sicht schon besser geworden.
Ich gucke im Nachtschränkchen nach, im Kleiderschrank, sogar unterm Bett.
Es ist nichts zu finden.
Also beschließe ich auf den Flur zu gehen und dort nach zu gucken.
Dafür muss ich zwar für eine kurze Zeit mein Schluchzen einstellen, aber das lässt sich schon irgendwie machen.

Ich schaue wie ein Geheimagent mit verquollenen Augen aus der Tür raus.
Unten ist nichts zu hören.
Sind sie tot?
Haben sie sich tot geprügelt?
Ich hoffe mal nicht.

Als ich auf dem Schränkchen im Flur auch nichts finde, kommt mir die grandiose Idee.
Das Badezimmer.
Er wird doch wohl eine Nagelschere haben oder sonst was in der Art.
Da ich wieder im Zimmer hinter verschlossenen Türen bin, kann ich meine Schluchzer auch wieder zur Welt rauslassen. Der letzte Schluchzer ist so heftig, dass ich am ganzen Körper durchgeschüttelt werde.
Aber er tat gut.

Ich kann im Badezimmer ein kleines Täschchen unter dem Waschbecken entdecken und sehe dort eine Nagelschere.... mit Blümchen drauf?
Ich schaue erstmal komisch und muss beinahe lachen, kann mich aber noch zurückhalten.
Ich gehe wieder zurück ins Schlafzimmer und frage mich, soll ich es wirklich wagen?
Ich schwanke gerade dazwischen, ob ich's mir überhaupt zutraue.
Es ist schon schwierig sich selbst weh zu tun. Das ist eine andere Liga im Gegensatz dazu, wenn dir jemand wehtut.

Ich fange an, indem ich mich erstmal mit der Spitze der Schere selber pikse.
Autsch.
Jetzt ist da ein roter Punkt.
Toll.
Ist die Schere eigentlich scharf genug um sich selbst weh zu tun?
Ach, mit ein wenig Druck und Mut schaff ich das schon!

Paul's PoV:
"Hast du Taschentücher?"

"Wozu?"

"Für meine blutige Lippe."

"Ich hab dich dort gar nicht geschlagen, wie kommt's dass du dort blutest?", fragt mich Mason scheinheilig.

"Keine Ahnung, ich hab mich garantiert nicht selbst geschlagen. Also?"

"In der Küche ist Küchenrolle. Reiß dir davon was ab."

"Alles klar, danke."

Ich wandere in die Küche und versuche irgendwelche Geräusche von oben zu deuten.
Ich höre nur irgendein komisches Rauschen, was mich ziemlich stutzig macht.
Sollte ich Mason Bescheid sagen?
Ich glaube, das ist das Beste.
Ich tupfe noch ein bisschen an meiner Lippe und weiß selber, dass die morgen noch dick sein wird.
Dankeschön Mason.

"Ey, von oben kommt irgendein Rauschen. Sollten wir mal nachschauen?", spreche ich Mason darauf an.

"Du willst doch bloß Madison sehen."

Entführt - Seelisch verletztWo Geschichten leben. Entdecke jetzt