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Da ich den Großteil meiner Arbeits- und Freizeit hauptsächlich nur mit männlichen – oder zumindest annähernd männlichen – Wesen verbrachte, war so etwas wie ein Mädchenabend pures Neuland für mich. Und was tat man normalerweise, wenn man mit etwas Unbekannten konfrontiert wurde? Richtig, man tatstet sich langsam und vorsichtig vor, lernt das Terrain ein wenig kennen und erlaubt sich erst dann, das ganze gut oder schlecht zu finden.

So viel Mal zu Theorie.

In der Praxis sah das allerdings ganz anders aus. Denn von langsam und vorsichtig konnte wirklich keine Rede sein, als sich Tessa dazu entschlossen hatte, mich in die Welt der Mädchengespräche einzuführen.

In nicht einmal zwei Sekunden hatten wir Treff- und Zeitpunkt, sowie den Dresscode (ich wusste bis dahin nicht einmal, dass man so etwas brauchte) für den heutigen Abend ausgemacht. Und nun, nachdem ich all das befolgt hatte, saß ich um elf Uhr neben Tessa in einer Cocktailbar im Zentrum von London und wunderte mich über die komplexe Welt der Mädchenfreundschaften.

Versteht mich nicht falsch, ich hatte auch weibliche Freundinnen. Danielle und Eleanor zum Beispiel. Oder Perrie und Lou, aber wie euch vielleicht schon aufgefallen war, waren das alles Personen, die ich durch meine Arbeit oder durch die Jungs kennengelernt hatte. Die einzige Freundin, die ich außerhalb dieses kleinen Universums hatte, war Claire, doch die studierte mittlerweile in New York City, weshalb wir uns nur alle paar Wochen über Skype sahen. Und durch einen Bildschirm konnte man nun mal keinen Mädchenabend veranstalten. Zumindest vermutete ich das. Außerdem war Claire nicht wirklich der Typ für so etwas.

Nun ja und außer ihr und seit neuestem offensichtlich auch Tessa, hatte ich nur ein paar gute Bekannte. Doch mit denen traf ich mich so selten, dass ich sie nicht einmal als Freunde, sondern eben nur als Bekannte bezeichnen würde. Sie waren einfach nicht die Sorte von Menschen, mit denen ich so gut auskam, dass ich sie unbedingt sehr oft sehen musste. Außerdem fand ich männliche Freunde sowieso viel unkomplizierter und angenehmer. Die wollten wenigstens keine doofen Mädchengespräche führen.

„Ich liebe Cocktails!"

Tessas begeistertes Schlürfen riss mich aus meinen Überlegungen. Mit einem leicht skeptischen Blick, sah ich ihr dabei zu, wie sie genüsslich die Augen schloss und an ihrem bereits dritten Glas nippte. Nachdem sie das Getränk ausgiebig gewürdigt hatte, öffnete sie ihre Augen wieder und deutete mir mit einem Kopfnicken, das ich auch einmal von meinem eigenen Exemplar kosten sollte.

Die rötliche Flüssigkeit, die sich vor mir in dem Cocktailglas befand, nannte sich Watermelon Man und war, wie ich nach dem ersten Schluck feststellen musste, einfach nur köstlich. So köstlich, dass ich gleich noch ein paar Mal kräftig daran nippte. Als ich wieder zu Tessa sah, hatte sich ein belustigtes Lächeln auf ihrem Gesicht ausgebreitet.

„Was denn?"

„Nichts." Sie schüttelte schnell ihren Kopf. „Ich finde es nur erstaunlich, dass du das noch nie gemacht hast."

Verwirrt runzelte ich die Stirn. „Ich war schon öfters Cocktails trinken."

Tessa lachte kurz auf. „Ich meinte eigentlich einen Mädchenabend."

„Ach so... Ja, es hat sich eben nie so etwas ergeben", meinte ich und trank noch einen Schluck. „Deshalb musst du mir auch auf die Sprünge helfen. Was macht man bei so was eigentlich?"

„Im Grunde redet man einfach nur."

„Und über was?"

„Über so ziemlich alles. Zum Beispiel, was in letzter Zeit so passiert ist und lauter solche Sachen." Sie zuckte mit den Schultern. „Aber da das ganze ja noch neu für dich ist, schlage ich vor, dass wir erst einmal mit ein wenig Smalltalk anfangen. Einverstanden?"

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