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Das erste, das ich am nächsten Morgen fühlte war Nähe. Unerwartete und absolut berauschende menschliche Nähe. Das zweite, das ich wahrnahm, war ein Arm. Ein Arm, der über meiner Taille lag und mich festhielt. So fest, als würde ich jeden Moment verschwinden können. Mit diesen ungewöhnlichen Eindrücken überfordert, durchsuchte ich mein Gehirn nach den letzten Geschehnissen der vergangenen Nacht. Als ich es schaffte, mein müdes Gehirn zurück zu dem Zeitpunkt zu bringen, an dem ich Niall in das Taxi befördert hatte, stahl sich ein leichtes Lächeln auf mein Gesicht und die übrigen Erinnerungen bahnten sich ihren Weg in mein Gedächtnis.

Erinnerungen davon, wie ich ihn in zu seiner Wohnung geschleppt und ihm den Haustürschlüssel aus der Hosentasche gefischt hatte. Erinnerungen davon, wie ich ihn in sein Schlafzimmer befördert und ins Bett gelegt hatte. Und vor allem davon, wie er mich plötzlich zu sich auf die Matratze gezogen und seinen Arm um mich geschlungen hatte. Davon, wie er mich immer näher zu sich gezogen hatte, nur damit ich nicht nach Hause ging. All diese Erinnerungen prasselten plötzlich so schnell auf mich ein, dass ich sie nicht richtig verarbeiten konnte. Alles, was ich wusste, war, dass dieses Gefühl in meinem Bauch nicht gut war. Und, dass es sich offenbar um Nialls Arm handeln musste, der gerade den Druck auf meiner Taille leicht erhöhte.

Mein Verdacht wurde augenblicklich bestätigt, als ich meine müden Augen aufschlug und direkt in das schlafende Gesicht meines besten Freundes blickte. Langsam ließ ich meine blauen Augen über sein Gesicht gleiten und beobachtete ihn dabei, wie er immer wieder leicht mit den Mundwinkeln zuckte, sodass es beinahe so wirkte als wäre er wach und müsste sich angesichts meines Blickes ein Lächeln verkneifen. Doch er schlief. Das wusste ich mit absoluter Sicherheit. Für einen Moment war ich versucht, die Strähne seines blonden Haares, die ihm ins Gesicht hing, nach hinten zu streichen. Doch ich ließ es und lauschte wieder seinem Atem, der mich auf eine seltsame Art und Weise zu hypnotisieren schien und mich erneut dazu brachte, in seinen Armen einzuschlafen.

Als ich das nächste Mal aufwachte, hatte ich das Gefühl, einen Blick auf mir spüren zu können. Sofort schlug ich meine Augen auf und sah direkt in Nialls. Während sich meine vor Überraschung weiteten, sah er mich mit einem solchen Ausdruck im Gesicht an, dass ich mich tatsächlich fragte, wie lange er seinen Blick schon auf mich gerichtet hatte. Von meinen eigenen Gedanken peinlich berührt, brach ich sofort den Augenkontakt ab und rutschte ein wenig von ihm weg.

„Morgen", nuschelte ich und fuhr mir durch mein Haar.

„Morgen." Sein Gesichtsausdruck hatte sich nicht verändert. „Hast du gut geschlafen?"

Die Wahrheit? Ich hatte so gut wie schon lange nicht mehr geschlafen. Doch das konnte ich ihm unmöglich sagen. „Ja. Und du?"

Niall nickte und löste seinen Arm von meiner Taille, um sich damit durch sein zerzaustes Haar zu fahren. „Ugh!"

Schmunzelnd fragte ich: „Na, hat da jemand Kopfschmerzen?"

Er warf mir einen vernichtenden Blick zu. „Ja und das ist nur deine Schuld!"

Entrüstet rief ich: „Meine Schuld?!"

„Ugh, nicht so laut, Em." Nialls Gesicht verzog sich zu einer leidenden Grimasse. „Ja, deine Schuld. Wenn du einfach ein paar Tequila Shots mehr getrunken hättest, anstatt dich mit Hazza auf die Tanzfläche zu verziehen, hätte ich jetzt keinen Kater."

„Natürlich." Ich schlug die Decke zurück und setzte mich ein wenig auf. „Nur zu deiner Information, du hättest auch mit tanzen gehen können, anstatt dich mit Louis volllaufen zu lassen."

Niall verdrehte die Augen und äffte mich tonlos nach, was ihm das Aussehen eines Kleinkindes verlieh. Mit einem amüsierten Grinsen im Gesicht piekste ich ihm als Strafe mit dem Zeigefinger in die Wange. „Au! Warum tust du mir in letzter Zeit immer weh?"

With A Little Help From My FriendsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt