Selbsthilfegruppe

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"Ich verstehe nicht warum ich hier sitze.", sagte Harry, als er an der Reihe war. Er war der vierte gewesen. Ein Tom, ein Lewis, ein Miles und jetzt er.
Die Selbsthilfegruppe. Niemand hasste sie so sehr wie Harry. Der Leiter, Philipp, seufzte. "Du bist hier, um über deine Probleme zu reden. Versuch es doch wenigstens einmal, okay?", versuchte er Harry zu überreden.

"Ich mag es mehr, den anderen bei ihren tragischen Erlebnissen zuzuhören.", antwortete dieser leicht gereizt. Doch er sah diesen strengen Blick von Philipp und so entschied er sich, es wenigstens einmal zu versuchen.

"Ich bin Harry, 16 Jahre alt und ich habe keine Ahnung was ich hier genau mache. Mir geht es gut! Nur weil mein Onkel meint, ich wäre krank heißt es nicht, dass ich es bin." Philipp unterbrach ihn. "Nein, du bist hier, weil du Depressionen hast."

"Ach ja, sind sie sich das wirklich sicher? Denn schauen sie sich um, jeder ist hier unterschiedlich, dieses eine rothaarige Mädchen kichert pausenlos und scheint trotzdem Depressionen zu haben. Nur weil es in meinem Leben nichts zu lachen gibt heißt es nicht, dass ich Depressionen hab!", schrie Harry.

Aus der hintersten Ecke klatschte jemand. "Wuh, und ich dachte schon, es würde langweilig werden.", sagte ein Junge mit wasserstoffblondem Haar. "Und wer bist du?", fragte Philipp gereizt. Diese Gruppe war wirklich schrecklich.

"Ich bin Draco, 16 Jahre alt und vollkommen seiner Meinung." Harry drehte sich zu ihm um. "Scheinst mir auch nicht wirklich das Problemkind zu sein.", murmelte er, als er den Blonden begutachtete. Verdammt, dieser war wirklich unsagbar gutaussehend.

"Nein, das stimmt. Ich bin nicht das Problem. Meine Eltern sind es." "Willst du uns da vielleicht erklären, Draco? Und komm', setz dich nach vorne." Draco stand auf und schlenderte seelenruhig an all den leeren Sitzbänken vorbei und setzte sich elegant neben Harry.

"Meine Eltern wollen mich anders als ich bin." Philipp verdrehte die Augen. "Muss man dir alles aus der Nase ziehen?"

Verdattert blickte Draco Philipp an, faste aber sich schnell wieder. "Das ist doch eine Selbsthilfegruppe, oder? Dann mach' mal keine scheiß Kommentare sondern gib' mir Zeit, klar?" Als Philipp nickte, klingelte Harrys Handy. Entschuldigend ging Harry nach draußen in den Flur. Und trotz der geschlossenen Tür konnte man die Stimme Harrys hören.

"Ja? ... Nein, ich bin bei dieser beschissenen Selbsthilfegruppe. ... Tante Petunia ihr habt mich hier doch hingeschickt! ... Natürlich kann mir hier niemand helfen, weil ich keine Hilfe brauche! ... Das ist mir egal! ... Das war ein einziges Mal. ... Tschüss!"

Und als Harry den Raum wieder betrat wirkte er aufgelöst und verzweifelt. Mürrisch setzte er sich auf seinen Platz. Alle Augen waren auf ihn gerichtet. "Und was wollt ihr Arschlöcher jetzt noch von mir?" Geschockt blickten alle in verschiedene Richtungen, außer Draco. Dieser hatte sein Blick nicht von Harry abgewandt und strich ihm leicht über den Arm.

Und da viel Philipp auf, dass die beiden wirklich keine Depressionen haben. Sie haben einfach nur kein einfaches Leben. Brauchen vielleicht nur jemanden, der für sie da ist, egal warum. Und vielleicht würden gegenseitig für sich da sein. Draco drehte sich wieder nach vorne, doch hielt weiterhin Harrys Arm fest.

"Meine Eltern gehören einer geheimen Aktion an. Eigentlich sollte ich sowas nicht verraten, wahrscheinlich würden mich Prügel Zuhause erwarten, wenn sie erfahren würden, dass ich das jetzt einfach so Preisgebe.

Und natürlich wollen sie, dass ich auch in diese... Sekte gehe. Doch das will ich nicht, natürlich nicht. Doch mein Vater versteht das nicht, also habe ich sozusagen keine Chance. Ich werde gezwungen, wenn ich mich weigere, werde ich geschlagen oder.. Na ja, aufjedenfall habe ich keine Depressionen, nur scheiß Eltern."

"Wenigstens hast du welche.", murmelte Harry leise. "Was hast du gesagt?", fragte Draco skeptisch. "Ich sagte: Wenigstens hast du welche. Ich lebe bei meinem Onkel und meiner Tante. Muss die durch getragenen Sachen meines Cousins tragen und bin deren Dienstmädchen. Ich habe das kleinste Zimmer im ganzen Haus und keinen einzigen Freund. Nur diese komische Eule die einfach richtig penetrant oft an meinem Fenster sitzt und rein will."

Lange blickten sich die beiden an. Auch wenn Draco bei jedem anderem sauer wäre und diesen fragen würde, ob er nicht verstanden hätte wie scheußlich seine Familie ist, so ist er es bei ihm nicht. Er spürte eine angenehme Frische in Harry und wollte diesen am liebsten nie wieder gehen lassen. "Ja", meldete sich Philipp zu Wort. "Ich denke, ihr habt Recht. Ihr habt keine Depressionen. Ihr seid einfach nur.. einsam. Ja, ganz einfach. Ich würde gerne die Sitzung für heute beenden. Schön, dass ihr alle gekommen seid. Tschüss. Tschüss Amanda."

Und als Harry aufstehen wollte und weg gehen wollte, hielt Draco ihn auf. "Ich denke, ich mag dich." Harry lächelte, wurde etwas rot. "Freut mich zu hören, Draco."

drarry os Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt