07-"Er"

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In diesem Schwarz war etwas. Es war ebenfalls schwarz aber man konnte die Konturen eines haarigen Körpers erkennen. Es besaß einen Kopf und zwei Vorderbeine, der hintere Teil des Körpers ging in das schwarz des Hintergrunds über. Georgia war sich sicher, dass das keine optische Täuschung war und das der Körper dort einfach aufhörte und sich in eine Art Schatten verwandelte, der sich noch einige Meter weiterzog und sie ein bisschen an den Flaschengeist aus Aladin erinnerte, jedoch war ihr hier nicht zum Lachen zumute. Das Gesicht des Ungeheuers besaß ein schrecklich breites Grinsen, welches bis zu seinen geschwungenen Hörnern reichte. Spitze Zähne wurden entblößt und mit ihnen auch das Blut, welches aus dem Mund floss und bestimmt nicht ihm sondern seinen Opfern gehörte, denn man konnte ihm jederzeit die Schuld an grausamen Morden zumuten. Die Pupillen der Augen waren rot und dramatisch wie das ganze Auftreten von ihm. Georgia stand im nichts und schaute das Monster an, welches sie anscheinend noch nicht bemerkt hatte. Bei Horrorfilmen machte sie keinen Aufstand, aber wie in ihren Träumen stand sie wirklich dort und schaute dieses Ding an, sie spürte es. Irgendetwas sagte ihr, dass sie wirklich hier steht und dass dieses Monster wirklich existiert.  Aber wie soll man beweisen, ob eine Sache wirklich existiert oder ob überhaupt irgendwas existiert?

Georgia wollte nur kurz ein paar Schritte zur Seite machen, damit dass Monster sie auch gleich nicht bemerkte und sie es ein bisschen näher betrachten konnte, da reagierte es auch schon. Es scheint ziemlich gut zu hören oder, da hier nichts auch nur irgendein Geräusch macht, zu spüren. In Georgia machte sich Panik breit denn der Kopf drehte sich in ihre Richtung und sie wusste nicht wie dieses Tier reagieren würde, wenn man ihm unangekündigte Gesellschaft leistete. Als seine Augen Georgias Augen trafen, ging ein stechender Schmerz in Verbindung mit Kälte durch ihren Körper. Ein schrecklich lautes Piepen in ihrem Kopf lies sie ihre Augen zukneifen. Sie spürte wie sich ihre Muskeln zusammenkrampften und sie ihren Körper vor Schmerz krümmte. Alles passierte in Sekunden aber diese fühlten sich unerträglich lang und schmerzhaft an, sodass sie nur hoffen konnte dass es jeden Moment endete. Sie schrie. Dadurch veränderte sich die Szenerie und sie fühlte wieder Gras unter sich, genauso wie warme Sonne auf ihrer Haut. Sie war wieder auf der Wiese bei Alice und Taro. Erleichterung machte sich in ihr breit und sie konnte ihre Muskeln wieder einigermaßen entspannen.

Schnell rappelte sie sie wieder auf. "Was ist?", fragte Georgias Mutter. Sie hat nichts gemerkt?? Das war doch bestimmt eine halbe Minute die ich da auf dem Boden lag, oder zumindest eine halbe Minute in diesem Traum. "Ich hab einen Stromschlag bekommen. Passt schon.", antwortete Georgia, bemüht normal zu klingen und ihre Mutter keinen Verdacht schöpfen zu lassen. Sie versuchte auch, die Schmerzen zu ignorieren, die noch immer durch ihren Körper glitten und nur langsam abklungen, die aber lange nicht so schlimm waren wie vor ein paar Sekunden, und cremte ihre Mutter weiter ein. Zu ihrem Glück bekam sie keinen weiteren Stromschlag als sie ihre Mutter berührte. Jetzt hatte sie etwas Zeit um nachzudenken. Was war das?? Ich hab das wieder geträumt! Komisch dass Mama kein bisschen davon bemerkt hat...Aber das ist gut! Denn sie würde mich für verrückt erklären.. Dass in dieser Welt anscheinend keine einzige Sekunde vergangen ist, ist aber unheimlich.
Damit Alice wirklich nichts von dem Vorfall bemerkte, konzentrierte Georgia sich voll und ganz auf das Picknick und beschloss heute Abend mehr darüber zu spekulieren.

Die Drei aßen das mitgebrachte Essen und gingen alle zusammen ins Wasser: Georgia tauchte nach schön aussehenden Steinen, Taro versuchte sie nachzuahmen und Alice ließ die Beine im Wasser baumeln, nachdem sie sich erst über die Temperatur beschwert hatte. Sie fanden 2 Steine, die eine außergewöhnliche Form und Farbe hatten. Der eine war grau mit gelben Farbstreifen und er hatte ansatzweise die Form eines Sterns. Den anderen Stein hatte Taro im Mund nachdem er wie Georgia zum Grund getaucht war. Dieser war schwarz schimmernd und kreisförmig mit einer zackigen Oberfläche. "Bravo Taro!", lobte sie ihn. Es war bewundernswert wie schlau ihr Hund war, kaum zu glauben dass Taro es schaffte unter Wasser nicht sofort zu ersticken und dann noch einen schönen Stein zu finden. Schon in der Hundeschule hat Taro alles schnell verstanden, wo hingegen die anderen Hunde etwas mehr Zeit benötigten. Da Georgias Fingerspitzen schon schrumpelig waren, entschied sie sich dazu mit Taro aus dem Wasser zu gehen. Georgia legte die beiden Steine in ihre Tasche und trocknete sich und Taro ab. Danach zog sie sich an und kramte ihre Kamera heraus. Damit ging sie zu ihrer Mutter und fotografierte sie von hinten. Alice saß auf einem großen Stein, einer Art Treppe, am Wasser und sah sich die Pflanzen an. Georgia wusste das Orchideen ihre Lieblingsblumen waren, aber die wuchsen hier in England nicht. Alice hat auf ihrem Fensterbrett in der Küche eine vielseitige Auswahl von Orchideen gehabt. Georgia hatte Alice ihr fünftes Exemplar zum Geburtstag geschenkt.
Alice hörte den Auslöser der Kamera und rief "Hey! Bitte nicht mich!". Ihre Tochter wollte nicht zu fies sein und fotografierte deswegen einige Blumen die am Rande des Flusses zusammen mit ein paar Bäumen wuchsen: Butterblumen, Taubnesseln, Veilchen, Mohn und Kornblumen. Oft drängte sich Taro mit ins Bild, sodass Georgia es aufgab und ihren Hund fotografierte. Taro hatte rotbraunes Fell, welches in der Sonne glitzerte. Auf Georgias Kommando setzte er sich hin oder machte eine Rolle, dieses Kunststück haben sie erst vor kurzem gelernt. So entstanden einige schöne Bilder von ihm, unter anderem als er Gänseblümchen aß. Als Georgia über ihre gemeinsame Vergangenheit nachdachte, setzte sich ihr Hund vor sie hin und schaute sie mit großen Augen an. Georgia hat Taro an Weihnachten bekommen als sie 11 war, er hatte, wie es in Filmen typisch ist, in einer Kiste gelegen und als Georgia diese aufgemacht hatte, hat sie vor Freude geweint. Sie bekam Taro, da sie ihre Eltern oft damit genervt hatte, dass sie einen Hund haben wollte, vor allem nachdem sie eingesehen hatte, kein Geschwisterkind mehr zu bekommen. Georgia stellt sich gern vor, wie es wäre eine Schwester zu haben. Oder einen Bruder. Jedoch hat Celia einen Bruder und ist trotzdem unglücklich. Celia hätte lieber gerne eine Schwester gehabt. Mit der hätte man über Mädchenthemen sprechen können, mit David nicht. Georgia fiel auf, dass man es niemanden recht machen konnte: Sie hatte keine Geschwister und wollte welche und Celia hätte lieber gerne eine Schwester als einen Bruder. Menschen mit glatten Haaren wollten Locken und Menschen mit Locken wollten glatte Haare. Aber ihnen konnte man mit Glätteisen oder Lockenstäben helfen, Geschwister kann man nicht so einfach auswechseln. Ihren Hund wollte sie auch niemals austauschen, ganz im Gegenteil, wenn er nicht mehr da wäre, wäre das Leben die Hölle für Georgia. Vor allem, weil Georgia durch ihn geschafft hat von dem Tod von ihrem Vater loszukommen und wieder die guten Seiten des Lebens zu betrachten. Georgia liebte ihrem Hund über alles.

Ab fünf Uhr verschwand die Sonne hinter den Wolken und es wurde zunehmend kälter, also packten Alice und Georgia die Picknicksachen wieder in ihre Taschen, leinten Taro an und fuhren nach Hause.

Liebes Tagebuch,
ich weiß nicht was ich machen soll. Normale Alpträume kommen über weites nicht an diese Träume ran. Sie machen mich...wahnsinnig. Ja das ist ein passendes Wort.  Aber heute war es anders, ich musste nicht schlafen um diese Art Traum (wenn man es dann überhaupt so nennen darf) zu haben und ich habe dort etwas gesehen. Eine Art...Monster, auch wenn ich dieses Wort unpassend finde, weil es an schlechte Horrorfilme erinnert, passt es, denn anders kann ich es nicht beschreiben, irgendwie habe ich ihn auch schon mal gesehen, aber ich kann mich nicht erinnern. Es ist wie eine Art Déjà-vu. Ich kann das nicht mehr lange durchhalten. Wenn ich schlafe kommen die Träume wieder und dann kommt "er" sicherlich auch wieder, ich spüre es. Ich darf es niemandem erzählen, ich darf nicht schlafen.

Bloody NightmareWo Geschichten leben. Entdecke jetzt