Kapitel 11

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Nach dem ich gegessen hatte, beschloss ich damit anzufangen, die ersten Kartons auszupacken. Ich koppelte mein iPhone mit der Anlage und drehte die Musik auf. Laute Musik. Genau das richtige, um mich von meinen Gedanken abzulenken.

Singend und tanzend verstaute ich meine Sachen in den Schränken und Regale. Nach dem ich fertig war, stellte ich die Musik leiser. Als ich mich nach der nächsten Ablenkung umsah, hörte ich ein Klopfen. Kurz dachte ich, ich hätte es mir nur eingebildet. Doch dann hörte ich es wieder. Ein Klopfen an der Haustüre. Mich wundernd durchquerte ich die Wohnung, um die Türe zu öffnen.

Ein ziemlich genervter Neal stand vor mir, doch sein Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig, als er mich sah:" Heyho! Du musst nicht das ganze Gebäude mit deiner Musik beschallen, wenn du mich Wiedersehen willst. Ein einfacher Anruf hätte auch gereicht!", begrüßte er mich lachend. Ich verdrehte die Augen und lachte ebenfalls. "Sorry, ich hab nicht gemerkt, dass es so laut war.", erklärte ich.

Neal lächelte und fragte:" Und, welche Ausrede hast du heute, um mich los zu werden? Oder ist dein 'Freund' wieder da?" Ich blickte über die Schulter und antwortete:" Nein, ich bin alleine, aber dann kann gerne so bleiben." Damit schloss ich die Tür und lies einen lachenden Neal draußen stehen. Eins musste man ihm lassen, er hat echt Ausdauer.
Ich schaltete die Musik, diesmal etwas leiser, wieder ein und begann, das Material für die nächste Vorlesung vorzubereiten.

...

Unsere Wohnungstür fiel mit einem Knall zu und weckte mich. Verschlafen blickte ich von meinen Lernsachen auf und sah eine zufriedene Mia durch unsere Wohnung laufen.
Sie strahlte mich an und wartete nur darauf, dass ich fragte, wie es mit Mica gelaufen ist.
"Jetzt erzähl schon!", forderte ich sie auf und ihre Augen begannen vor Aufregung zu leuchten.

"Lexi, wenn du wüsstest. Dieser Kerl ist einfach unglaublich.", begann sie und es folgte ein ewiges Gespräch über ihre aktuelle Eroberung. Ein kurzes vibrieren neben mir signalisierte mir, dass ich eine neue Nachricht erhalten hatte. Mia war in ihrem Redefluss nicht zu bremsen und stand aktuell hinter der Küchenzeile, um sich etwas zu essen zu machen.

Ich riskierte einen Blick auf mein Smartphone und könnte mir ein grinsen nicht verkneifen. Becks hatte geschrieben. Sie erkundigte sich nach meinem ersten Tag und wollte wissen, ob ich mein Studienfach nicht doch noch wechseln wollte.

Ich antwortete und wir schrieben eine Weile, bis Mia plötzlich vor mir stand und fragte:" Hörst du mir überhaupt zu?" Schuldbewusst nickte ich. Mia schnaubte verächtlich und meinte:" Kommt aber nicht so rüber. Ich könnte hier von E.T. sprechen und du würdest es nicht mitbekommen. Wer fesselt deine Aufmerksamkeit so sehr, dass du es nicht für nötig hälst, deiner besten Freundin zu zuhören?" Ihre Miene erhellte sich. "Etwa der Kerl, der seine Nummer auf dem Blatt an unsere Tür hinterlassen hat?" Erschrocken sprang ich auf und riss unsere Türe auf. Dort klebte ein post-it von Neal.

Verärgert riss ich ich es ab und zerknüllte es. Langsam wurde der Kerl mir doch etwas zu aufdringlich.  "Also, wenn der Kerl nicht der Grund für dein Dauergrinsen und deine abwesenden Blicke war, welcher denn dann?" Sie sah mich durchdringend an. Ich versuchte ihrem Blick stand zu halten, schaute dann aber doch zu erst weg. Würde ich ihr sagen, dass es Becks war, mit der ich geschrieben habe, dann würde sie nur wieder mit ihren dämlichen Theorien anfangen. Mia kniff die Augen zusammen und kam auf mich zu.

Ich zuckte mit den Schultern, schnappte mir Schlüssel und Jacke und Verlies unsere Wohnung. Ich liebte Mia wirklich, aber manchmal ging sie mir einfach auf die Nerven. Und wenn sie sich erst mal was in den Kopf gesetzt hat, war sie fast schon besessen davon.

Ich beschloss, zum Uni-Laden zu gehen und die restlichen Bücher zu besorgen, die mir für die Vorlesungen noch fehlten. Was das anging war ich ziemlich altmodisch. Ich brauchte Bücher, um mich mit dem Inhalt auseinander zu setzen. Ich musste Tinte auf den Seiten spüren und mir das Wichtigste mit Markern und Klebezetteln markieren.

Während ich lief, schrieb ich wieder mir Becks.
Das schreiben mit ihr war nicht so gut, wie unsere Unterhaltungen, da ich sie dabei nicht beobachten konnte, doch es machte mich auf eine andere Art glücklich. Mir kam es so vor, als würden wir uns schon ewig kennen. Ein Thema ergab sich aus dem anderen und Sarkasmus und Ironie waren für sie nicht einfach nur irgendeine Begrifflichkeit.

"Bist du eigentlich noch zu haben?", fragte Becks mit ihrer nächsten Nachricht. Mein Herz setzte kurz aus und mit viel mein iPhone fast aus der Hand. Mein Herz raste und ich wusste nicht, was ich von der Frage halten sollte. Fragte sie aus eigenem Interesse? Hatte sie einen Freund, den sie gerne verkuppeln würde? Interessiert es sie einfach so, aus Höflichkeit?

Und wieso mach ich mir deshalb überhaupt so einen Kopf? Wir sind, auch wenn wir uns erst kurz kennen, Freunde geworden. Da ist Interesse am anderen doch normal? Über Mia's Liebesleben bin ich doch schließlich auch bestens informiert.  Ich begann meine Antwort zu tippen, als eine weitere Nachricht reinkam: "Sorry, falls ich zu neugierig war. Ich kann mir nur einfach nicht vorstellen, dass jemand wie du nicht vergeben ist... Du musst die Frage natürlich nicht beantworten, wenn du nicht möchtest. :)"

Ich wollte sie auf keinen Fall falsche Schlüsse ziehen lassen. Schnell schrieb ich:" Alles gut, du darfst jederzeit alles fragen, was du willst :D" Ich sendete die Nachricht ab und tippte erneut:" Ja, ich bin tatsächlich noch nicht vergeben. Bisher hab ich einfach noch nicht die richtige Person getroffen." Hoffentlich klang das jetzt nicht zu erbärmlich. Oder lies mich zu anspruchsvoll wirken.

"Also warst du noch nie in einer Beziehung?", kam eine weitere Frage. Ich erzählte ihr von meinem Ex-Freund aus der High School und auch, dass ich, obwohl wir mehrere Monate zusammen waren, noch nie verliebt gewesen war.

"Wie schaut es bei dir aus?", fragte ich sie am Ende meiner Erläuterung. Eine Weile kam nichts. Kurz bevor ich wieder zu hause ankam, hörte ich das verräterische Geräusch, das eine neue Nachricht ankündigte.

Ich traute mich nicht, die Nachricht zu lesen. Mia war nirgends zu sehen. Entweder schlief sie, oder sie war wieder unterwegs. Also ging ich in mein Zimmer, stellte die Tüten ab und schmiss mich selbst auf mein Bett.
Ich wusste nicht, wieso ich so nervös war. Wovor hatte ich Angst? Selbst wenn in Beck's Nachricht stehen würde, dass sie vergeben war, würde das ja nichts ändern. Schließlich sind wir zwei Frauen und einfach nur gute Freunde.

Ich nahm einen tiefen Atemzug um mich selbst zu beruhigen, bevor ich die Nachricht öffnende.

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