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-eine Woche später-

Ich stellte die leere Kaffeetasse in die Spülmaschine und setzte mich auf die Couch. Die letzte Woche war mehr als anstrengend. Sie war die Hölle. Ich hatte eigentlich nicht viel gemacht, und außer um zum Training zu gehen, hab ich das Haus gar nicht verlassen. Marco war ein paar mal hier um zu schauen wie es mir geht, hatte aber leider nie wirklich viel Zeit. Ich dachte jede Sekunde an Natalie. Ich fragte mich was sie machte und wie es ihr ging. Ich war stolz auf mich, ich hatte sie nicht einmal angerufen geschweige denn, ihr eine Nachricht geschrieben. So schwer es mir auch fiel, sie wollte Freiraum. Diesen versuchte ich ihr zu geben.

Ich habe mich in den letzten Tagen viel zu oft gefragt, wie es mit Natalie und mir weitergehen soll. Ich starrte auf das Foto, welches an der Wand neben dem Fernseher hing. Ich brachte es noch nicht übers Herz die Bilder von uns abzuhängen, da ein kleines Stück von mir hoffte, dass sie mir eine zweite Chance gibt. Ich blieb noch eine ganze Weile so sitzen, starrte dieses Foto an und ärgerte mich über mich selber. Es ist eine starke Untertreibung. Je länger ich dieses Bild anstarrte, desto mehr stieg meine Wut auf mich selber. Wie konnte ich ihr das nur antuen? Dieses Mädchen hat es nicht verdient verletzt zu werden, ich bin so ein Idiot. Ich ging in meinen Fitnessraum um ein bisschen Dampf abzulassen, sonst würde ich noch verrückt werden.

Der Blick in den Kühlschrank war mehr als enttäuschend, ich war nicht Einkaufen gewesen. Der Hunger siegte über die Faulheit. Ich zog mir Schuhe und Jacke an, nahm meine Schlüssel und fuhr zum Supermarkt. Ich schmeiße willkürlich Sachen in den Einkaufswagen und denke nicht darüber nach, was ich davon denn nun brauche und was nicht. Auf dem Weg zur Kasse bemerke ich in der Menge der Leute eine Person. Nicht eine Person, Natalie. Ich hasse das Schicksal, ich bin noch nicht bereit sie zu sehen. So sehr ich ihre Nähe in den letzten Tagen vermisst habe, ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Ich fühle mich auf einmal hilflos, noch nie habe ich mich so gefühlt. Ich hoffte insgeheim, dass sie mich nicht sieht.

Sie drehte sich um und unsere Blicke trafen sich. Es war wie in einem schlechten Film. Sie hatte tiefe dunkle Ringe unter den Augen und sah schwach aus. Ihr Haar glänzte nicht wie sonst, und ihre Augen waren glasig. Alles wegen mir. Sie schaute mich weiter ausdruckslos an, bis sie langsam auf mich zu kam. Ich war unsicher, was jetzt passieren würde, ich konnte die Situation nicht einschätzen. ,,Roman", sagte sie leise mit zittriger Stimme. ,,Natalie", kam es von mir ebenso. Ihr Blick war weiterhin auf mich fixiert. ,,Wir müssen reden!", versuchte sie nun etwas selbstsicherer zu sagen, was jedoch nicht klappte, da ihre Stimme brach.

Schweigend saßen wir also in dem viel zu kleinem Café. Es war um die Mittagszeit gut besucht. Ich räusperte mich und überlegte, wie ich das Gespräch am besten beginnen konnte. Ich versuchte an ihrem Ausdruck zu erkennen was sie dachte, jedoch sie hatte eine Fassade errichtet, durch die ich nicht durchblicken konnte. ,,Ich habe nachgedacht." Setze sie an. Ihre dünnen Finger umgriffen die Kaffeetasse etwas fester. Ich sagte nichts und beschloss ihr das Wort zu lassen. ,,Ich denke nicht, dass Gefühle für eine Person einfach so verschwinden können.", sie unterbrach sich selbst durch ein schweres Schlucken, fasste sich kurz und fuhr fort:,,Ich Liebe dich Roman, aber ich kann das nicht. Ich denke es ist besser, wenn wir getrennte Wege gehen." Sie verlor den Kampf mit den Tränen. Ich wusste nicht was ich tun sollte, was ich sagen sollte. Will sie in diesem Moment von mir getröstet werden? ,,Nat, ich respektiere deine Entscheidung." Ich musterte sie vorsichtig und fuhr dann fort:,,Ich Liebe dich auch, bist du dir ganz sicher?". Ich legte vorsichtig meine Hand auf ihre. Sie zog diese schnell weg. Sie wischte mit ihren Fingern die Tränen weg und stand auf.,,Es tut mir leid Roman." Bevor ich etwas antworten konnte war sie verschwunden. Ich war enttäuscht, ich hatte mich die ganze Zeit an diese kleine Hoffnung geklammert, welche nun komplett zerstört wurde. Ich muss es akzeptieren. Ich bin schließlich Schuld daran.

Die Kellnerin die uns schon die ganze Zeit neugierig beobachtet hatte gab mir einen mitleidigen Blick. Ohne weiter darauf einzugehen, legte ich einen Zehner auf den Tisch um den Kaffee zu bezahlen und ging.
Ich schlug im Auto wie an jenem Abend auf mein Lenkrad und verlor wie Natalie den Kampf mit den Tränen. Ja ich weinte, wie schon viel zu oft in den letzten Tagen. Es war untypisch für mich, meinen Emotionen freien Lauf zu lassen, jedoch hatte ich keine Kraft diese zu unterdrücken. Es tat gut. Es tat verdammt gut alles herauszulassen. Ich saß eine ganze Weile so da und ließ einige Tränen laufen, bis ich mich einigermaßen beruhigt hatte, und schliesslich losfuhr. Ich fuhr nachhause und fiel förmlich in mein Bett. Dort verspürte ich eine ungewohnte leere. Ich fühlte mich komplett leer und ausgelaugt, keine Emotionen, keine Gefühle. Ich hatte dieses Gefühl noch nie zuvor, es machte mir Angst. Aber es war besser als den Schmerz zu spüren. Den Schmerz der Wut auf mich, den Schmerz der nun wirklichen Trennung. Ich schloss meine Augen in der Hoffnung einfach einzuschlafen, was auch gut funktionierte. Mir war es egal, dass es gerade mal 16:00h war. Ich war zu erschöpft. Die letzten Tage haben mir meine gesamte Kraft geraubt.

Keeper of my Heart //Roman BürkiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt