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Irgendwie war es erleichternd, dass wir das geklärt hatten. Ich hatte wirklich gehofft, in ihr eine neue Liebe zu finden, und Angst gehabt sie zu enttäuschen wenn ich ihr sage, dass ich nichts fühle. Insofern bin ich Sophia sehr dankbar dafür, dass sie mir den Teil mit dem Reden abgenommen hat, und genauso empfindet wie ich. Sie schien nichtmal traurig zu sein.

Mittlerweile war schon Donnerstag. Heute war kein Training und ich war mal wieder mit Julian verabredet. Er wollte vorbeikommen, diesmal ohne vor Sarah und ihren Freundinnen zu flüchten. Spontan entschieden wir uns dazu irgendwo in der Stadt was essen zu gehen. Nach vielen Unstimmigkeiten, einigten wir uns schließlich auf Italienisch. Nach dem Essen beschlossen wir, ein bisschen durch die Innenstadt zu gehen. Julian wollte in ein paar Geschäfte, unter anderem um was für Sarah zu kaufen. Sie kann sich wirklich sehr glücklich schätzen ihn als Freund zu haben. Immer wenn er über sie redet, fängt er an zu strahlen und kommt gar nicht mehr aus dem schwärmen heraus. Wenn die beiden beieinander sind, ist es nicht zu übersehen, wie verliebt er in sie und sie in ihn ist. Sie ist ihm wirklich wichtig, und zusammen sind sie ein tolles Paar.

,,Warum brauchen Frauen immer so ewig lange beim Shoppen? Ich meine guck dir an wie lange wir jetzt gebraucht haben um einen neuen Anzug für mich zu finden.", begann Julian ein Gespräch. ,,Ich weiß es nicht Jule, du kannst die Frage ja mal auf deinen Blog stellen.", neckte ich ihn erneut. ,,Ey! Irgendwann finde ich einen Weg, um dich genauso zu nerven und werde mich rächen.", gab er gespielt angemerkt zurück. Ich konnte allerdings kontern. ,,Dich rächen wofür? Die Rache?" Ich fing an zu lachen. Julian stimmte mit ein überlegte aber genau wie er mir das irgendwann zurückgeben konnte. ,,Sag bloß, du hast die Barbie noch?", ich antwortete nicht, sondern warf ihm einen warnenden Blick zu mit dem ich ihm bedeutete leiser zu reden, da überall Leute waren, die nicht mitbekommen mussten, dass ich eine Barbie besaß. Er sah mich einen kurzen Moment ernst an, dann fingen wir beide wieder zu lachen an.

Zurück zuhause wärmte ich mir ein Abendessen auf. Zu meinem Essen schaute ich einen Film. Nach dem Film war ich echt müde, und beschloss schlafen zu gehen. Auf dem Weg nach oben, sah ich erneut die Kiste im Flur stehen. Ich hatte es wieder nicht geschafft, Natalie die Sachen vorbeizubringen. Morgen würde ich es wirklich machen, ich kann mich nicht für immer davor drücken. Morgen nach dem Training würde ich zu ihr fahren.

Das Training war heute später als sonst zuende. Ich verabschiede mich von allen, fuhr heim und ging Duschen. Ich hatte mich immer noch nicht an die leere zuhause gewöhnt. Vor allem im Bad war es ungewohnt, da sie tausende Kosmetikprodukte besaß und bei mir gelagert hatte. Ich zog mir was an und ging die Treppe herunter. Im Flur blieb ich stehen und sah auf das Bild an der Wand von uns. Es war ein Bild von uns beiden, wie wir am Strand standen. Ich wunderschönes Lächeln fesselte mich förmlich. Ich konnte nicht anders als das Bild anzustarren. Mir wurde erst jetzt wieder klar, wie sehr ich sie vermisste und bei mir brauchte. Mein Blick fixierte sich auf ihren Lippen, und ich erwischte meine Hand dabei, wie sie in Richtung des Bildes ging. Ich dachte an unseren letzten Kuss, schloss die Augen für einen Moment und schluckte schwer. In meinem Hals hatte sich ein Kloß gebildet. Ich wollte sie unbedingt sehen, aber irgendwie auch nicht. Wenn ich sie jetzt sehen würde, wüsste ich nicht wie ich mich verhalten soll. Am einfachsten würde es sein den Karton vor ihre Haustür zu stellen, und wieder heim zu fahren.

Da war ich nun, vor ihrem Haus. Das letzte mal als ich hier war, hatte ich ihr das Herz gebrochen. Ich blieb einen Moment in meinem Auto sitzen und dachte nach. Ich dachte darüber nach, wie es ihr jetzt wohl geht, was sie heute gemacht hat und ob sie glücklich ist oder mich auch vermisst. Sie schien Zuhause zu sein, in ihrer Küche brannte Licht, und ihr Auto stand wie immer in der Einfahrt. Ich griff ein letztes Mal in den Karton und nahm ein gerahmtes Bild in die Hand. Manche hatte ich abgehangen, manche hingen noch an meinen Wänden. Ich strich mit dem Finger über das Glas und sah es mir an. Das Bild stand immer auf der Kommode im Flur. Sie hatte es mir einst zu Weihnachten geschenkt. Es war ein Bild von ihr, mein Lieblingsbild von ihr. Ich hatte es gemacht, als wir zusammen essen waren. Auf dem Bild hat sie ein Lächeln, welches zu einhundert Prozent echt ist, Ihr Augen leuchten und ihre Wangen sind vom Rotwein leicht gerötet. Dieser Abend war eins unserer ersten Dates.

Jetzt stand ich also hier, vor ihrer Haustür, mit dem Karton in der Hand. Ich stellte ihn ab und überlegte kurz zu klingeln, ließ es dann aber doch. Ich wollte mich gerade umdrehen und wieder gehen, als auf einmal die Haustür geöffnet wurde. Natalie stand dort. Sie trug eine graue Jogginghose und ein weißes T-Shirt, ihre Haare zu einem lockerem Dutt gebunden. Sie trug dieses Outfit immer Abends, wenn sie am Chillen war. Sie sah mich einen Moment schweigend an, schaute dann zu dem Karton und wieder zu mir. Diese Begegnung wollte ich vermeiden. Ich versuchte zu erkennen wie es ihr geht, ob sie geweint hatte. In dem Licht konnte man aber nicht mehr als Schatten in ihrem schönen Gesicht sehen. ,,Roman.", war alles was sie leise sagte. ,,Natalie.", alles was ich noch leiser antworten konnte. Wir sahen uns weiter ausdruckslos an.

Keeper of my Heart //Roman BürkiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt